Kind des Bösen: Psychothriller (German Edition)
Kleidungsstücken, die Kramer bei sich trug. Wir gehen jedoch davon aus – auch wenn dies noch bestätigt werden muss –, dass das Blut von einem oder mehreren der anderen Opfer stammt. Wir nehmen an, dass der Killer seine Waffe nach den Morden mit diesen Kleidern gereinigt hat.«
Der Officer hakte noch einmal nach: »Sie sagen, er hat nicht in die Tüte hineingesehen. Also kein Raubüberfall?«
»Genau. Einen Raub scheint er nicht einmal in Erwägung gezogen zu haben. Bisher ist von keinem der Tatorte etwas entwendet worden. Außer den Waffen haben wir übrigens noch Wertgegenstände gefunden, von denen wir glauben, dass sie John Kramer gehören.«
»Gibt es überhaupt ein Motiv?«
Eine Polizistin hatte sich gemeldet.
»Noch nicht. Detective Hicks kann Ihnen dazu mehr sagen, aber bis jetzt können wir keine eindeutige Verbindung zwischen den Opfern ausmachen. Ihre Profile weisen keine Ähnlichkeiten auf. Am wichtigsten sind die Orte, an denen die Morde verübt wurden.«
Laura erklärte unsere vorläufige Theorie, dass dem Täter abgelegene Orte wichtiger waren als ein bestimmtes Opfer. Was das bedeutete, musste sie nicht erläutern – nämlich dass unser Mann es nicht auf jemand Bestimmtes abgesehen hatte, sondern einfach nur töten wollte, und dass ihm egal war, wen es traf.
Und was soll das nun bringen?, fragte ich mich.
Laura fuhr fort: »Für diejenigen, die den Garth-Komplex nicht kennen: Er liegt im Nordwesten der Stadt, etwa acht Meilen vom Quadrateviertel entfernt, dort, wo der erste Mord geschehen ist. Hier.«
Sie deutete auf den großen Stadtplan, der an einem anderen Whiteboard hing. Einige Stellen hatten wir mit Pins markiert, aber die drei roten Markierungen über den Stellen, wo wir die Ermordeten gefunden hatten, stachen deutlich ins Auge.
»Normalerweise hätten wir bei fünf Opfern fünf große rote Kreuze gemacht und das Gebiet genauer eingrenzen können, in dem der Killer operierte. Stattdessen aber haben wir drei Punkte, von denen zwei eng beieinanderliegen. Und das ist alles andere als hilfreich.«
Eine ziemliche Untertreibung, und die Anwesenden im Raum wussten das. Unser Killer hatte Männer und Frauen umgebracht, kein bestimmtes Alter, keine bestimmte soziale Schicht. An drei unterschiedlichen Orten. Da zwischen den Opfern keine Verbindung herzustellen war, musste der Ort der Schlüssel sein – und dennoch gab der Blick auf die Karte nicht den leisesten Hinweis darauf, wo er als Nächstes zuschlagen könnte.
Wir wussten nur, dass er es mit ziemlicher Sicherheit tun würde.
Laura blickte zu mir herüber, was ich als Aufforderung ansah. Ich rutschte von dem Schreibtisch herunter, auf dem ich gesessen hatte, und wandte mich an die Anwesenden.
»Okay, wir haben es also mit einem Serienkiller zu tun. Damit nicht genug, scheint es sich auch noch um einen Massenmörder zu handeln. Sie alle kennen den Unterschied, ja?«
Einige nickten. Der Unterschied war nicht groß, aber entscheidend. Serienkiller greifen sich in der Regel einzelne Opfer – allenfalls Familien –, und das im Verlauf voneinander unabhängiger Ereignisse. Massenmörder hingegen bringen mehrere Menschen gleichzeitig um. Das ist entscheidend, denn die Psychologie dahinter ist jeweils völlig unterschiedlich. Serienmörder haben meistens ein sexuelles Motiv, und in der Regel töten sie immer wieder, werden immer gewalttätiger, bis sie schließlich geschnappt werden oder ihr Leben auf andere Weise eine Wendung nimmt. Massenmörder, diese Amokläufer an Schulen zum Beispiel, treten nur einmal in Aktion und nehmen sich oft auch selbst das Leben, um sich der unvermeidlichen Festnahme zu entziehen.
Serienkiller sind unterschiedlich geprägt. In den meisten Fällen ist es das Opfer, das die Tat für den Mörder bedeutungsvoll macht. Mehrfachmörder eröffnen willkürlich das Feuer und machen weniger Anstalten zu flüchten. Der eine gleicht einem Schwelbrand, der andere ist ein loderndes Flammenmeer.
»Wir scheinen es hier mit jemandem zu tun zu haben, der Elemente von beiden Typen in sich trägt. Solche Fälle hat es gegeben, Amokläufer gewissermaßen, aber von einem, der so etwas tut, habe ich noch nie gehört. Unser Täter legt ein pathologisches gewalttätiges Verhalten an den Tag, das eigentlich nur zur kranken Psyche eines Serientäters passt. Und trotzdem bringt er auf einen Schlag Menschen um, die scheinbar nichts miteinander zu tun haben.«
Ich ließ den Anwesenden Zeit, meine Ausführungen zu verdauen. Den
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