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Kind des Bösen: Psychothriller (German Edition)

Kind des Bösen: Psychothriller (German Edition)

Titel: Kind des Bösen: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Mosby
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Strebe. Die meisten der Gräber in diesem Abschnitt sahen so aus. Hier wurden die Armen und die Obdachlosen begraben, die Alten ohne Familie und die mit Familie, von der sich aber niemand kümmerte. Allein Evans’ letzte Ruhestätte hob sich von den anderen ab, weil ihr das hier zugefügt worden war.
    Ich suchte nach einem Zeitfenster.
    »Ich darf kurz zusammenfassen. Mr. Henderson, sind Sie sicher, dass das Grab gestern Abend noch unberührt war?«
    »Ja, ganz sicher. Es war vollkommen in Ordnung, als ich meine Runde machte.«
    Anders warf mir einen Blick zu, als wäre er wenig überzeugt davon und als sollte auch ich Zweifel an dieser Aussage hegen. Bisher hatte er mir nicht den Eindruck vermittelt, dass er zu den Menschen gehörte, die von ihren Beschäftigten eine hohe Meinung haben. Aber vielleicht war er auch einfach nur ungehalten darüber, dass Henderson mich geholt hatte, ohne zuvor ihn über die Grabschändung zu informieren.
    »Ja, ich bin mir absolut sicher«, bekräftigte Henderson, dem die Verstimmung seines Chefs vermutlich nicht entgangen war. »Wie ich schon sagte, weil Sie doch davon gesprochen hatten. Da habe ich besonders darauf geachtet und die Augen offen gehalten. Gestern Abend war hier alles in Ordnung. Und heute früh habe ich auf meiner Runde dann das hier entdeckt.« Er schniefte und spuckte aus. »Dabei war ich für diesen Abschnitt nicht einmal zuständig. Hab mich aber trotzdem umgesehen.«
    »Ich glaube Ihnen. Sie haben das sehr gut gemacht.« Ich wandte mich Anders zu. »Gibt es hier irgendwelche Sicherheitsvorkehrungen?«
    Er war leicht gereizt: »Das ist ein Friedhof, Detective Hicks. Nicht Fort Knox.«
    »Ich weiß. Also, gibt es hier irgendwelche Sicherheitsvorkehrungen?«
    »Der Haupteingang ist zwischen sechs Uhr abends und acht Uhr am nächsten Morgen geschlossen. Aber das ist ja keine Sicherheitsmaßnahme in dem Sinne.« Er machte eine raumgreifende Geste. »Sehen Sie selbst. Das Gelände ist riesig. An manchen Stellen sind die Mauern ziemlich niedrig. Wenn jemand rein will, kommt er rein.«
    »Haben Sie einen Wachmann?«
    Er schüttelte den Kopf. »Ab und zu. Eigentlich nur, wenn’s Probleme gibt. Meistens sind es betrunkene Jugendliche. Religiöse Probleme schon mal. Aber das passiert nicht oft – zu teuer, lohnt sich nicht.«
    »Im Moment also nicht?«
    »Nein.«
    Ich ließ den Blick über das Areal schweifen und versuchte, mir eine Vorstellung von der Größe der Fläche zu verschaffen. Tatsächlich wäre es ein Alptraum, das ganze Terrain überwachen zu müssen, aber das wäre auch gar nicht erforderlich. Wir müssten nur ein paar Gräber bewachen, auch wenn ich überzeugt war, dass der Mann nicht wiederkommen würde. Er hatte seinen Job erledigt und wusste, dass wir unseren Part noch zu absolvieren hatten.
    Er spielt mit uns.
    »Gibt es eine Videoüberwachung?«
    »Nur am Haupteingang. Ob es sie davor auf der Straße gibt, weiß ich nicht. Ich hab ja gesagt, dass wir so etwas normalerweise nicht brauchen. Und für … so was hier schon gar nicht.«
    Er deutete auf Evans’ Grab.
    Ich nickte.
    Das Kreuz war aus dem Boden gerissen, in zwei Teile zerbrochen und dort wieder in den Boden gerammt worden, wo der Tote liegen musste. Als wäre unser Mörder, mittlerweile zur Anwendung eines Schraubenziehers an seinen Opfern avanciert, verstimmt darüber, dass man ihm die Gelegenheit genommen hatte, das auch an Evans zu praktizieren, bevor er starb, so dass er jetzt nachholte, was ihm noch möglich war.
    Dabei war das nicht einmal das Schlimmste. Das Schlimmste war nicht, dass er Vorhandenes beschädigt hatte, sondern das, was er obendrein noch hinterlassen hatte.
    »Ist das von einem Menschen«, fragte Henderson, »oder von einem Tier?«
    Anders verzog das Gesicht.
    Ich sah auf den kleinen Haufen Exkrement hinab, der genau an der Stelle platziert worden war, an der das Kreuz gestanden hatte. Mensch oder Tier? Natürlich konnte man es nicht mit Sicherheit sagen, wenngleich ich sehr wohl wusste, worauf ich wetten würde. Mir fiel auf, dass unser Killer, genau wie in seinem Brief, keinen Hehl daraus machte, was er über die Opfer dachte. Wie wenig sie ihm bedeuteten.
    »Ich weiß es nicht«, sagte ich.
    Mensch oder Tier?, überlegte ich.
    Das zu beurteilen fiel mir immer schwerer.

    Nachdem ich veranlasst hatte, dass die Spurensicherung zum Friedhof geschickt wurde und einige zuverlässige Beamte die Vorgänge dort überwachten, machte ich mich auf den Weg zur Mittagsbesprechung

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