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Kind des Glücks

Kind des Glücks

Titel: Kind des Glücks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norman Spinrad
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daß er sich an einen Ort wagen konnte, an den zu folgen ich mich fürchtete.
    Sobald wir unsere Konzentratpäckchen aufgebrochen hatten, vergaß ich deshalb völlig die Standpauke, die ich während der heißblütigen Reise des Nachmittags geprobt hatte, und wollte lieber die Neugierde befriedigen, die durch die meine Seele erregenden Farben des Sonnenuntergangs im Bloomenveldt noch verstärkt worden war.
    Doch es war schwer, Guy von seinem Aussichtspunkt mitten in den Geruchsempfindungen der Blumen herunterzubringen und zu bewegen, in der Sprache seiner armen Bodenkontrolleurin von ihnen zu berichten.
    »Es war als ob… es schien als…« Er zuckte die Achseln, biß vom Konzentrat ab und kaute bedächtig, ehe er es noch einmal versuchte – als wollte er einen verständlichen Wortbrei daraus gewinnen. »Löse die Rückstände von vielen schwachen, ausgefallenen Psychotropika in ein oder zwei Litern Weißwein auf und nippe ständig daran, während du frei im Paradiesgarten herumtollst…«, erklärte er großartig.
    »Das mag ein gutes Rezept sein, um eine Simulation der Erfahrung zu erleben, doch die Beschreibung ist nicht sehr bildhaft«, beschwerte ich mich.
    Guy warf mir einen seltsamen irgendwie traurigen Blick zu, den Blick von jemandem, der versucht, die verblassende Erinnerung an einen Augenblick satorischer Erleuchtung festzuhalten.
    »Man kann es nicht mit Bildern beschreiben, gleichgültig, wie stark sie sind«, sagte er. »Vraiment, es scheint, daß die Erinnerung daran, wie es war, nicht einmal den Versuch machen kann, sich im Reich der Maja auszudrücken, denn jetzt wirkt alles wie ein wundervoller Traum, der auf einer Bewußtseinsebene existiert, an die man sich hier unten beim Fußvolk nicht mehr ganz erinnern kann…«
    »Beim Fußvolk?« rief ich. »Welches Fußvolk meinst du? Hier gibt’s nur Guy Vlad Boca und Sunshine Shasta Leonardo – ganz allein im Wald.«
    Um die Wahrheit zu sagen, ich war ziemlich verärgert; zuerst über seine arroganten Erklärungen über seine visionäre Überlegenheit, dann, was noch schlimmer war, über die Genauigkeit, mit der seine Charakterisierung meiner Rolle als Bodenkontrolle die Wahrheit traf.
    »Ist das die mystische Libertinistin?« spottete Guy herausfordernd. »Ist das der Geist des wahren Kindes des Glücks? Wirst du mich morgen als Psychonautin ablösen?«
    »Certainement!« erklärte ich, ohne nachzudenken; doch als ich die Worte ausgesprochen hatte, fragte ich mich, ob ich im Geiste des Arkie-Funkens handelte oder ob ich nur so dumm war, auf eine rücksichtslose männliche Herausforderung zu reagieren.
    Wie dem auch sei, am Morgen, nachdem wir rasch gefrühstückt und uns mit dem Morgentau gewaschen hatten, der in einem Blatt in der Nähe zusammengeflossen war, legte Guy die Maske der Bodenkontrolle an und lud mich mit einer eleganten kleinen Verbeugung ein, die Führung zu übernehmen; ohne ihn eines weiteres Blickes zu würdigen, lief ich los.
    Wie immer hatten wir unser Nachtlager auf einem Blatt aufgeschlagen, das weit genug von allen starken Einflüssen der Blumen entfernt war. Als ich nun auf der Suche nach einem Orientierungspunkt tief einatmete, spürte ich wenig mehr als den reichen Duft der grünen Fülle, den Morgengeschmack von Nebel, der im warmen Sonnenlicht verdunstete, und vage, komplexe Untertöne dieser Mischung, die jedoch unterhalb der Schwelle bewußter Wahrnehmung lagen.
    Weil ich auf Anhieb keinen besonders anziehenden Duft fand, kehrte ich der aufgehenden Sonne den Rücken, stellte den Schwebegürtel auf 0.1 g ein und sprang in einem schwebenden Satz nach Westen davon.
    Als ich aufstieg, fiel der schwere Geruch des Grüns zurück wie die Schutzmäntel der unteren Atmosphäreschichten, und ich erschnüffelte vereinzelte Ionen der Psychostratosphäre. In Wirklichkeit waren die Moleküle hier droben so verstreut, daß mir die Luft auf dem Gipfelpunkt meines Sprungs im Gegensatz zum Blätterduft des Bloomen veldts fast geruchlos schien.
    Doch andererseits schien hier oben jede Blume einen Teil ihres Parfüms zu einem unglaublich komplexen, sehr schwachen Gebräu beigetragen zu haben, in welchem kein bestimmter Reiz die Oberhand gewinnen konnte. Diese Mischung aus Phantomgerüchen erreichte anscheinend die Gehirnzentren, wo sie sich als schwacher psychischer Duft manifestierte – der Atem des ganzen Bloomenveldts, wie das Flüstern einer Million ferner Stimmen.
    Vraiment, es war wie ein Schluck von einem gut gemischten psychotropen

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