Kind des Glücks
Sie schien mit jedem edlen Wesen im Raum intim vertraut zu sein.
»Ah, Kort, ca va? Dies ist Sunshine Shasta Leonardo, die das Bloomenveldt mit nicht mehr als einer Geschichte bewaffnet durchquerte. Kort Jaime Mustapha, Liebes, ist ein Dichter wie unser Omar; manche, er selbst eingeschlossen, sagen sogar, er sei besser, nicht wahr, Kort?«
»Dame der Bloomenkinder, aha? Enchanté, muchacha, man trifft nicht oft die mythischen Helden einer Ode, außer natürlich die der autobiographischen Spielart, der viele von uns leider verfallen sind.«
»Sunshine Shasta Leonardo, ich möchte dich mit der Domo unserer Feier bekannt machen«, erklärte Wendi, indem sie auf eine kleine, dunkle Frau in einem seltsam geschnittenen Anzug zusteuerte; das Gewand schien aus irisierenden roten Wolken Tausender von Insekten zu bestehen.
»Wie ich hörte, wurden Sie durch die Einladung geehrt, sich in der Matrix zu verewigen«, sagte Su Jon Donova. »Please, wie empfindet eine so ehrwürdige Person meine armselige Kunst, wenn ich so kühn sein darf zu fragen?«
»Ohne Zaudern und Zögern kann ich aufrichtig erklären, daß ich mich in all meiner Erfahrung an kein Grand Palais erinnern kann, das mir besser gefallen hätte«, dehnte ich.
Wendi versteckte ihr Gesicht hinter vorgehaltener Hand, um ein Grinsen zu verbergen, das sie mir zeigte, sobald wir weitergingen. »Gut gesprochen, Geschichtenerzählerin«, flüsterte sie mir ins Ohr. »Certainement, du hast die richtigen Instinkte, um in diesem Wasser zu schwimmen, Liebes!«
Vielleicht war es so; auf jeden Fall aber schien die Kosmokultur, von innen besehen und wenn man die richtige Eintrittskarte besaß, sehr elegant und gar nicht mehr ehrfurchtgebietend, und ihre Regeln schienen einfach genug, wenn man sie beispielsweise mit dem Leben der Edojin verglich, deren Umgangsformen und Komplexität ich bis auf den heutigen Tag nicht ergründen kann.
So erlaubte Wendi sich milde Späße auf Kosten ihrer Gesprächspartner, mußte aber andererseits die passenden Antworten gutmütig ertragen und ihre Rede von Zeit zu Zeit mit gleichermaßen trivialen Scherzen an ihre eigene Adresse würzen. Jüngere und unreifere Fische wie ich jedoch mußten sich an die respektvollere Umgangsweise halten, die sich für meinen Status geziemte – etwas schmeicheln, doch nicht kriecherisch werden, um dafür als Gegenleistung eine gewisse förmliche Höflichkeit zu erwarten, mit der die Älteren sich revanchierten.
»Dies ist mein protégée, Sunshine Leonarda Shasta. Sunshine, dies ist Dalta Evan Evangeline, literarische Archäologin, die uns bei der bildhaften Formulierung deiner Matrixeingabe helfen wird; denn es gibt wenige in den Menschenwelten, die besser als sie geeignet sind, sich durch den Müllhaufen alter mythischer Knochen zu wühlen.«
»Wirklich? Ich brenne darauf, mit Ihnen ausführlich über dieses Thema zu sprechen; denn ich bin Geschichtenerzählerin mit, wie ich hoffe, etwas Talent, doch wenig Erfahrung, wenn es um das uralte Wissen des Gewerbes geht…«
»Au contraire, um offen zu sein bin ich es, die Erleuchtung von Ihnen wünscht, denn während ich vielleicht in der Kunde der Kunst der Geschichtenerzähler bewandert bin, sind doch die Schöpfer derselben die wahren Meister, ob vollkommen oder nicht, wogegen ich leider nur analysieren kann wie ein gelehrter Eunuche, der versucht, die Geheimnisse der tantrischen Kunst zu begreifen…«
And so on.
Des Pudels Kern, wie ich in reiferen Jahren lernen sollte, war hier wie bei solchen Dingen allgemein die Tatsache, daß das Ansehen in einer beliebigen sozialen Umgebung hauptsächlich das Produkt der eigenen Wahrnehmung dieses Ansehens ist. Als Parvenü in der Unicom Garden, als meine einzige Zutrittsberechtigung meine durch Guy Vlad Bocas Großzügigkeit erkaufte physische Gegenwart war, betrachtete ich die Kosmokultur mit überheblicher Geringschätzung, die vortrefflich die nörgelnd-leidende Haltung spiegelte, die ich eingenommen hatte. Doch nun, als protégée von Wendi Sha Rumi und als Persönlichkeit, deren Taten und Ruf respektvoll betrachtet wurde, fand ich naturellement, daß die Geehrten Passagiere nicht ganz so leer und abstoßend arrogant waren, wie ich einst angenommen hatte.
Anders gesagt, als ich, erschöpft und leicht berauscht von den Erfrischungen und der Gesellschaft, bereit war, die Feier zu verlassen und ins Bett zu gehen, war ich eher geneigt, mich als Prinzessin der Kosmokultur zu betrachten denn als Eindringling in
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