Kind des Glücks
bevölkert war, die aus keinem anderen Grund dort herumhingen, als einen Blick auf den einzigartigen Pater Pan zu erhaschen oder wenigstens auf Mitglieder seiner Begleitung. Während ich mich dort vier Tage herumtrieb und auf sein Erscheinen wartete – mit einer Ungeduld, die sich langsam in einen völlig unberechtigten Groll auf ihn verwandelte –, begegnete mir niemand, der eine auch nur entfernt an die verlangte Eintrittsgebühr heranreichende Summe besaß, und ich erfuhr, wie ich es nicht anders erwartet hatte, daß die Aufnahme eines Sterblichen aus unseren Reihen so selten geschah, daß jeder derartige Vorfall die Aura einer Legende annahm.
Dennoch, während Geduld nie meine Stärke war, so beherrschte ich doch eine Kunst, die ich in Nouvelle Orlean erlernt hatte: Ich konnte lange im Hinterhalt liegen, bis die männliche Beute, auf die meine Wahl gefallen war, scheinbar zufällig meinen Weg kreuzte. So hielt ich meine Wacht aufrecht.
Schließlich näherte sich meine Beute unausweichlich dem Wasserloch; wie üblich – ich sollte erfahren, daß dies seine Gewohnheit war – begleitet von einigen weiblichen Mitgliedern seines Rudels, bekleidet mit dem Vielfarbigem Tuch und unter sehnsüchtigen Blicken, die ständig in seine Richtung wanderten.
Diese vergleichsweise triste Begleitung erregte jedoch kaum meine Aufmerksamkeit, denn Pater Pan selbst erstrahlte an meinem Himmel, sobald mein Blick auf ihn fiel – ein Phänomen, das, wie ich erkennen sollte, unter den Schwestern meines Geschlechts nicht gerade unbekannt war und gegen das er keinerlei Einwände hatte.
Seltsam angesichts der Umstände, doch zuerst wurde meine Aufmerksamkeit durch seine Kleidung geweckt, denn Pater Pan trug ein Kostüm, das selbst auf Edoku erstaunte Blicke hervorrufen mußte und das bei einem weniger beeindruckenden Menschen nur lächerlich gewirkt hätte.
Dies war der Traje de Luces der Erzählungen in den öffentlichen Bedürfnisanstalten, und als ich ihn nun mit eigenen Augen am Leib dieses edlen Wesens sah, konnte ich verstehen, warum die Wirkung mit Worten nicht angemessen beschrieben werden konnte. Pater Pan trug eine weite Bluse aus dem Vielfarbigen Tuch wie einen langärmligen Mantel mit übertrieben hohem Kragen, der an der nackten Brust offen war; ein Kleidungsstück, aus Hunderten ausgesuchter Kleiderflicken zusammengestellt, das am Körper dieses würdevollen Mannes eher wie eine Königsrobe denn wie die Lumpentracht eines Strolchs wirkte. Gleiches galt für die engen Hosen, die maßgeschneidert schienen, um jede Kurve und jede Schwellung seiner unteren Körperteile zu umschmeicheln.
Naturellement, nur ein edles und beeindruckendes Gesicht konnte verhindern, daß eine solche Aufmachung nicht zur Farce geriet; dieser Pater Pan besaß es, und genauso sicher wußte er es auch. Sein Haar war goldgelb und fiel offen als sauber gekämmte, schulterlange Mähne herab, und sein Bart war von derselben Farbe und im gleichen Stil gestutzt, um die Ausstrahlung zu verstärken. Alles, was von seinem Gesicht sichtbar blieb, war eine Adlernase, volle, sinnliche Lippen, eine hohe Stirn, edle Brauen und durchdringende und doch fröhliche blaue Augen; kunstvoll umrahmt von der goldenen Mähne und teilweise vom Bart verborgen, wirkte sein Gesicht zugleich jugendlich und uralt, in Wirklichkeit jedoch alterslos.
Er war vollkommen, eine Person, die sich selbst erschaffen hatte, um die stolze Perfektion seines männlichen Geistes zur Schau zu stellen; und jeder Schritt und jede Geste verkündete, daß dieses Kunstwerk seine höchste Zuneigung genoß!
Tatsächlich war es diese selbstsichere, narzißtische Haltung, die mir gleichermaßen die Knie zittern ließ und verhinderte, daß ich betäubt gaffte; er war wunderschön, er war der König dieser kleinen Welt, und ich wollte ihn. Außerdem schien er auch ein Vorbild an Ego zu sein, eine Herausforderung für jede Frau im Bann seiner Ausstrahlung. Dieser Bursche wußte natürlich, wie er wirkte, und deshalb mußte ich mich selbst auf die Probe stellen und ihn besitzen.
Erst später erfuhr ich, daß die Projektion genau dieser Gedanken bei allen meinen Geschlechtsgenossinnen sein stärkstes erotisches Mittel war.
Wie auch immer, während alle anderen Frauen in der Anstalt so dumm waren, sich darauf zu beschränken, diesen strahlenden, räderschlagenden Pfau anzustarren, wahrte Moussa Shasta Leonardo ihr kühles Köpfchen und überlegte sich eine Strategie.
Dabei half mir die Erfahrung in der
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