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Kind des Grals

Kind des Grals

Titel: Kind des Grals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
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oft sie es wollten.
    »Verdammt! Wir schlagen die Scheibe ein!« David war nicht mehr zu stoppen.
    Rahel erhob keine Einwände. Es war vollkommen gleichgültig, ob sie den Laden verwüsteten oder nicht. Es waren nur Sachen, die hier zu Bruch gingen. Glas. Das Holzbord, das David bereits aus den Wandhalterungen riß, um damit wuchtig auf das linksseitige Schaufenster einzuschlagen.
    Rahels Augen folgten dem Hieb, in den David all seine Kraft legte, als fürchtete er, keine zweite Chance zu erhalten.
    Seine Schwester meinte bereit das Krachen zu hören, mit dem die Scheibe sich in tausend Scherben auflöste. Doch außer einem dumpfen Ton, der sich anhörte, als hätte David mit der Faust in einen Sandsack geboxt, blieb es still. Das Bord wurde ihm wie von einem übermächtigen Rückschlag aus den Händen gerissen und zersplitterte am Boden zwischen zwei Verkaufsregalen.
    David schrie gequält auf. Sein Blick suchte Rahel. Doch noch ehe er sie fand, zuckte er in die Richtung, aus der er mit seiner Schwester gekommen war. Zur Verbindungstür, die auf den Gang im Erdgeschoß führte.
    Und von wo aus eine Stimme sagte: »Sinnlos. Kehrt um. Ihr vergeudet nur Kraft. Anum traf Vorsorge, daß niemand von hier entkommt.«
    Auch Rahel drehte sich zu der Frau um, die ihnen gefolgt war. Für einen Moment hatte das Mädchen den Eindruck, noch Reste des purpurfarben flirrenden Gespinstes zu bemerken, das Lilith umgarnt hatte. Doch wahrscheinlich spielte hier die Einbildung Rahel einen Streich.
    »Du bist so verlogen wie er!« hörte sie ihren Bruder schreien. Seine Enttäuschung suchte ein Ventil. »Wolltest du uns nicht helfen zu entkommen?«
    Rahel suchte nach Anzeichen, daß der Appell ihres Bruders fruchtete. Vergebens.
    Statt dessen sagte Lilith deprimierend gefühllos: »Ich habe mich überzeugen lassen. Er hatte recht. Es gibt einen Weg, die Sperre des Lilienkelchs zu überlisten. Ich habe es ebenso wie Anum gefühlt, wie nahe ich dem Kelch stehe. Er - hat mich akzeptiert. Etwas in ihm hat mich erkannt. Ich bin vollkommen sicher ...«
    »Sie ist vollkommen übergeschnappt!« rief David seiner Schwester zu. »Hilf mir!«
    Er sah sich nach einem anderen Gegenstand um, den er gegen die Scheibe schmettern konnte.
    Da tat Lilith etwas, womit sie auch noch den letzten Rest Vertrauen und Hoffnung, den die Geschwister in sie gesetzt hatten, verspielte.
    »Gib auf!« stoppte sie Davids Bemühen mit sanfter, einschmeichelnder Stimme. »Kehr um!«
    Rahel fiel der glasige Blick ihres Bruders erst auf, als dieser sich bereits mit herabgesunkenen Schultern gehorsam in Bewegung gesetzt hatte .
    *
    Inzwischen ...
    Das Dorf döste in der Mittagshitze. Nur von seinem Rand her, wo die Schmiede lag, tönten metallene Schläge. Weit hallend wie eine Glocke sang das Eisen, das auf dem Amboß geformt wurde. Dazwischen mischte sich von Zeit zu Zeit das grelle Wiehern eines störrischen Mulis, dessen Hufe der Schmied und sein Geselle neu beschlugen.
    »Ich gehe noch ein bißchen zu Herrn Hoo«, sagte der Lahme zu seiner Mutter. Er hieß Sung und träumte davon, selbst ein Schmied zu sein. Die stiebenden Funken, wenn der Hammerkopf auf rote Glut traf, hatten es ihm angetan. Manchmal ver jagte Herr Hoo seinen ungebetenen Zuschauer, aber an anderen Tagen hatte Sung ihm schon zur Hand gehen dürfen, dann, wenn der eigentliche Gehilfe wieder einmal krank und zu Hause geblieben war.
    Han war ein fauler Geselle, der seinen Meister nicht achtete, sonst hätte er seine Arbeit ernster genommen.
    Der lahme Sung hingegen war ein Tagträumer, der dennoch zupacken konnte und wollte. In Nächten, wenn er wach in seinem Bett lag, weil das linke Bein wieder schmerzte, das er sich bei einem Sturz in der Kindheit mehrfach gebrochen hatte und das danach nicht wieder richtig zusammengewachsen war, stellte er sich vor, Herr Hoo würde eines Tages zu ihm sagen: »Sung, mein Junge, ich bin alt und werde mich zur Ruhe setzen. Wenn du willst, kannst du die Schmiede übernehmen. Du hast geschickte Hände. Darauf allein kommt es bei unserer Kunst an - ob dein Bein lahmt, ist völlig egal!«
    Sung lächelte.
    »Hast du die Arbeiten, die dir aufgetragen wurden, gewissenhaft verrichtet?« riß ihn die strenge Stimme seiner Mutter aus der Welt, in die niemand außer ihm selbst Zutritt hatte. Auch das krumme Weib nicht, das ihn und seine anderen Geschwister mit ihrer Hände Arbeit ernährte, seit der Vater von einer Fahrt in die nächste Stadt nicht mehr zurückgekommen war. Die

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