Kinder der Apokalypse
Belloruus’ Stelle, damit er ihn besser verstehen konnte. Aber dabei versagte er nur, und er konnte nicht rechtfertigen, was er nicht glaubte. Er überzeugte sich nur weiter, dass etwas nicht stimmte und richtiggestellt werden musste.
Er dachte öfter, als er zählen konnte, daran, mit seinen Eltern zu sprechen, konnte sich dann aber doch nicht dazu durchringen. Er wusste, wenn er ihnen von seinen Sorgen erzählte, würden sie ebenso auf ihre Gefühle hören, wie er es getan hatte, und die Angelegenheit direkt vor den König bringen. Das würde zu einer Katastrophe führen, für die Kirisin nicht verantwortlich sein wollte. Seine Eltern waren ohnehin schon auffällig geworden, weil sie eine Kolonie von Elfen nach Paradise bringen wollten. Der König würde für diese neuerlichen Eskapaden kein Verständnis haben, besonders, wenn er etwas zu verbergen hatte. Seine Eltern herauszuhalten war das Beste, was Kirisin in dieser Situation für sie tun konnte.
Er hoffte, Simralin würde nach Hause kommen. Er könnte seiner Schwester sagen, was geschehen war, und wusste, dass sie eine durchdachte Antwort geben würde. So war sie nun einmal; sie neigte nicht dazu, die Dinge zu überstürzen und Gefühlsausbrüche zu haben wie der Rest seiner Familie. Simralin überlegte sich immer erst alles genau und wusste dann, was zu tun war. Aber die Tage vergingen, und Simralin kam nicht nach Hause, der König rief ihn nicht zu sich, die Ellcrys sagte nichts mehr, und seine Gedanken wurden immer finsterer und verzweifelter, während er seinen Pflichten als Auserwählter auf mechanische Weise nachging und vergeblich darauf wartete, dass etwas geschah.
»Du scheinst in letzter Zeit abgelenkt zu sein«, sagte Biat eines Tages und hockte sich neben ihn, als er an den Blumenbeeten arbeitete. »Beschäftigt dich diese Sache mit der Ellcrys immer noch?«
Über ihren Köpfen stand die Sonne hoch am Himmel, eine glühende Kugel, die auf die Cintra niederbrannte. Es hatte seit Wochen nicht mehr geregnet. Alles vertrocknet, dachte Kirisin, seine geheimen Hoffnungen eingeschlossen.
»Ich frage mich nur, wie es Simralin geht«, erwiderte er.
»Besser als den meisten.« Biat lächelte boshaft. »Sie ist die beste Fährtenleserin. Klug, schön, begabt – alles, was du nicht bist. Wirklich schade für dich.«
Wirklich schade, dachte Kirisin, als sein Freund davonschlenderte.
Einige Zeit ging er nicht mehr abends alleine zum Baum, wie er es so lange getan hatte. Ein Teil von ihm wollte es, aber ein Teil von ihm hatte auch Angst, ihm gegenüberzustehen. Er wusste nicht, welche Aussicht schlimmer war – dass die Ellcrys nie wieder zu ihm sprach oder dass sie zu ihm sprach, und es war niemand da, um es zu sehen oder zu glauben. Schließlich konnte er es nicht mehr aushalten. Nach sechs Tagen fruchtloser Wache, als er sicher war, dass die anderen schliefen, ging er und suchte sie auf. Es war eine mondhelle Nacht, und er fand seinen Weg problemlos und stand vor ihr wie ein Bittsteller vor einem Schrein. Er starrte sie ehrfürchtig an, versuchte, sich etwas einfallen zu lassen, was er tun konnte. Er wusste, dass er etwas unternehmen musste. Wusste, dass er nicht mehr auf den König oder andere warten konnte.
Schließlich ging er näher zu ihr und legte die Fingerspitzen an ihren glatten Stamm. Sprich mit mir, dachte er. Sag mir, was ich tun soll.
Aber die Ellcrys reagierte nicht, obwohl er lange wartete, leise vor sich hinsprach, ihr seine Gedanken mitteilte, versuchte, durch die Mauer ihres Schweigens zu brechen. Wenn sie hörte, was er sagte, ließ sie es sich nicht anmerken. Als er schließlich erschöpft und überzeugt war, dass seine Anstrengungen ihm nichts einbringen würden, gab er auf und ging schlafen.
Der nächste Tag war heiß und trocken, und er arbeitete mit den anderen im Garten. Kirisin spürte, wie der letzte Rest seiner Geduld sich auflöste. Es war nun eine Woche her, seit er mit Arissen Belloruus gesprochen hatte, und trotz seiner Entscheidung, nichts aus Eile oder Frustration zu unternehmen, tat er es nun doch. Es war eine übereilte Aktion, die tatsächlich von Erisha ausgelöst wurde. Nachdem sie ihn tagelang ignoriert hatte, bemerkte er, dass sie ihn ansah, wenn sie glaubte, dass er es nicht merkte. Es war nichts sonderlich Beleidigendes daran, nichts, das ihn hätte verärgern sollen, aber es wirkte sich dennoch so aus. Er stand auf, verschwitzt und müde und wütend genug, um die Erde zu essen, die er umgrub, und ging zu
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