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Kinder der Apokalypse

Kinder der Apokalypse

Titel: Kinder der Apokalypse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Brooks
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von Menschen geschaffene Wiederauflage dessen, was man Jahrhunderte vorher den Schwarzen Tod genannt hatte. Sie wurde chemisch herbeigeführt, durch die Lunge kontaktiert, und war binnen weniger als einer Stunde tödlich, wenn man nicht dagegen geimpft war oder hinterher sofort behandelt wurde. Nach dem Tempo zu schließen, mit der sie die Menschen auf der Brücke anscheinend befallen hatte, musste es sich um einen besonders virulenten Strang handeln. Sie würde sich inzwischen verteilt haben, denn die Lebensspanne der Erreger war nur kurz. Es gab keine Möglichkeit festzustellen, woher sie gekommen war, ob jemand sie absichtlich oder zufällig freigesetzt hatte, ob es sich um einen Angriff oder ein Versehen handelte. Es war ein tödliches Virus, Logan hatte seine Ergebnisse mehrmals gesehen, als er noch bei Michael gewesen war.
    Er fuhr weiter und versuchte, nicht einzuatmen, obwohl er wusste, dass das jetzt egal war. Er fuhr weiter, und dabei drifteten seine Gedanken in eine andere Zeit.
    * **
    Er liegt im Bett, es ist so heiß, dass er kaum seinen eigenen Körper ertragen kann. Schweiß glänzt auf seiner Haut, und die Laken sind feucht. Schmerzen rollen in stetigen Wellen durch seine Muskeln und lassen ihn zucken und zappeln wie eine Marionette. Er beißt die Zähne zusammen und betet darum, dass es aufhört. Es ist ihm egal, ob er lebt oder stirbt, er wird jedes Schicksal akzeptieren, solange es den Schmerzen ein Ende macht.
    Er hält die Augen fest geschlossen, aber als er sie für einen Moment öffnet, ist es immer noch dunkel. Er hört Stimmen durch eine zum Teil geöffnete Tür zum Nebenraum.
    »… sollte eigentlich schon tot sein … Fieber zu hoch … verstehe nicht, was ihn noch hält …«
    »… zäher als du … sieben Tage jetzt, wo jeder andere … ihn warm halten und …«
    Einer von ihnen ist Michael Poole, der andere Michaels Gefährte Fresh. Aber welcher ist welcher? Er kann es nicht sagen. Das Fieber umwölkt sein Denken, und er kann die Stimmen nicht irgendwelchen Namen zuordnen. Das ist lächerlich. Er kennt Michael so gut wie sich selbst, ist seit fast acht Jahren bei ihm. Er kennt Fresh beinahe so gut wie Michael. Aber die Stimmen vermischen sich, und die Worte bewegen sich, also scheint alles gleich zu sein.
    »… niemand erholt sich von so was … weißt du so gut wie jeder andere … besser, alles seinen Lauf nehmen zu lassen, statt um sich zu schlagen mit all den …«
    Die Stimmen dröhnen weiter, verloren im Gesumm seiner Ohren, im Zischen seines Atems durch zusammengebissene Zähne. Er hat die Seuche. Er weiß nicht, welchen Strang, und es interessiert ihn auch nicht. Er hat sie schon seit Tagen. Er kann sich nicht erinnern, wie er sie sich zugezogen hat und was seitdem geschehen ist. Er ist bei Bewusstsein oder nicht bei sich, träumt oder lebt in der Realität und wechselt zwischen diesen Zuständen hin und her, immer um Atem ringend, weil seine Kehle so geschwollen ist, dass sich seine Luftröhre fast ganz geschlossen hat. Die Schmerzen lassen ihn weiteratmen, denn sie halten ihn wach, und so kann er um sein Leben kämpfen. Wenn er einschläft, denkt er, wird er das Bewusstsein verlieren und sterben. Er hatte noch nie solche Angst.
    »… bald das Lager verlegen … kurz bevor … werden sich nicht daran hindern lassen, sobald sie erfahren …«
    »… nicht hier alleine sterben lassen … weißt genau, was sie tun würden, diese Bestien …«
    »… erwartest du eigentlich, wenn die Dinge sich nicht … Opfer bringen … einer für viele …«
    Er hört nur diese Fetzen, aber er begreift, worum es geht. Sie streiten sich darüber, was sie mit ihm anfangen sollen, ihm, der immer noch krank und vielleicht ansteckend ist, eine Gefahr für alle. Sie müssen das Lager verlegen, weil ihnen die Dämonen folgen und ständig nach einer Möglichkeit suchen, sie alle in die Falle zu locken. Einer von ihnen spricht sich dafür aus, ihn zurückzulassen, wie sie es schon mit anderen getan haben – um des großen Ganzen willen. Einer ist dafür zu warten und zu sehen, ob er stark genug ist durchzukommen. Der Streit wird leise und vernünftig ausgetragen, nicht voller Hass und Leidenschaft. Er findet es seltsam, dass man so ruhig darüber redet, ob er überleben oder sterben wird. Er will ihnen sagen, was er davon hält. Er will schreien.
    Plötzlich ist es still. Er blinzelt durch eine winzige Lücke zwischen seinen Lidern und sieht, dass das Licht, das durch die Tür fällt, blockiert wird.

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