Kinder der Dunkelheit
nach Tabak, Leder und Pinien, ein durchaus angenehmer, faszinierender Duft. En dlich stoppte er und drückte mit der freien Hand eine Tür auf, die sie gar nicht gesehen hätte. Er bückte sich und trat in einen winzigen Laden ein, von dem Sabine auf den ersten Blick annahm, es handle sich um einen Scherenschleifer, als sie ihm folgte. So etwas in der Richtung sollte es wohl auch darstellen, aber Stefano schien es besser zu wissen.
Der kleine Mann hinter der Werkbank sah zuerst gelangweilt auf, als er jedoch den Vampir erblickte, nahm sein Gesicht eine graugrüne Färbung an. Er hatte Angst, er wusste ganz genau, wer ihm gegenüber stand!
Stefano bedachte ihn mit einem eisigem Blick. „Ich sehe, dein Luxusladen floriert noch. Sehr gut, ich bräuchte deine Dienste.“
„Sigñore Stefano, welche Ehre, Sie zu sehen. Was darf ich für Sie tun?“ Der kleine Kerl verbeugte sich so tief, dass seine Nase fast den verdreckten Schleifstein vor sich berührte.
„Mach mal halblang, Gianni, ich tu dir nichts, das solltest inzwischen sogar du kapiert haben. Ich brauche etwas für die hübsche junge Dame hier. Es muss klein und handlich sein, rasch aufgehen und sehr gut in der Hand liegen, also hinfort mit dir – und zeig mir was Vernünftiges.“
„Was denken Sie denn? Nur das Beste, ich komme sofort z urück.“ Gianni wieselte flugs aus dem Raum und dann hörte man ihn im Nebenzimmer rumoren.
„Stefano, was gibt es hier, das ich brauche?“ Sabine war ein wenig überfordert. Alte Scheren und Kettensägen gehörten nicht unbedingt zu ihren Handtaschenutensilien.
Doch schon war Gianni zurück und breitete mehrere, ordentlich in Stoff gewickelte Gegenstände vor ihnen auf der Werkbank aus. Sabine erkannte zu ihrer Verblüffung Messer in unterschiedlichsten Formen und Variationen. Stefano beugte sich über das Angebot und wog einige in der Hand. Er testete die Messer an einem Lappen, den er Gianni kurzerhand aus dem Hosenbund gerupft hatte. Dieser stand zitternd und schwitzend hinter seiner Werkbank, als könne er sich im Notfall dahinter verkriechen.
Stefanos Wahl fiel schließlich auf ein etwa fünfundzwanzig Zentimeter langes Messer, das sich durch Knopfdruck schnell ausklappen ließ. Mehrmals testete er den Mechanismus, ehe er es Sabine reichte. Die verstand zuerst gar nicht, was er von ihr wollte. Stefano verdrehte nur die Augen.
„Du musst es testen, es soll dir gut in der Hand liegen und du musst ein gutes Gefühl dabei haben.“
„Ich, ein Klappmesser? Brauche ich denn so etwas?“ Sabine zauderte ein wenig. Sie mochte keine Waffen.
Aber Stefano war unerbittlich. „Ja, so etwas brauchst du. Darf ich an die geringfügig angespannte Situation gestern Abend eri nnern?“
Sabine schüttelte es. „Du glaubst doch nicht im Ernst, dass ich so ein Ding da benutzt hätte?“
Stefano sah sie prüfend an. „Ja, hättest du, glaub es mir, ich weiß so etwas.“
Unsicher griff Sabine nach dem Messer. Es hatte einen geschnitzten Griff aus dunklem Holz und war mit goldenen Intarsien verziert. „Sekunde mal, das ist aber kein Messer aus der Haushaltswarenabteilung, oder?“
Jetzt hatte sie den Verkäufer oder was auch immer er war, wohl beleidigt. „Aber Sigñora, selbstverständlich nicht. Ich habe nur die beste Ware aus fünf Jahrhunderten. Dieses edle Stück ist etwa hundertvierzig Jahre alt. Wie Sie sehen, gab es schon damals diesen sehr hilfreichen Mechanismus. Sigñore Stefano kauft nur das Beste.“
Aus der Nähe betrachtet, war die kleine, leichte Waffe tatsächlich noch schöner. Das Messer lag wunderbar in der Hand und durch die goldene Abschlusskante konnte ihre Hand auch nicht auf die Klinge rutschen. Stefano hatte gut gewählt.
„Zeig her.“ Der große Vampir griff nach ihrem Handgelenk und sah sich genau an, wie sie die Waffe hielt und wie sie sich dabei anstellte, die Klinge ein- und wieder auszufahren.
„Gut, die nehmen wir. Du bist ein Naturtalent, liebe Sabine.“ Stefano schien sichtlich zufrieden zu sein.
„Das Messer kostet … vierhundert Euro, Sigñore Stefano.“ Gianni knetete nervös seine Hände.
Der Angesprochene wandte sich langsam zu ihm um. „Du alter Halsabschneider, reiz deine Situation nicht aus, meine Geduld und mein Erinnerungsvermögen haben Grenzen, also, was soll es kosten?“
Gianni stöhnte entsetzt auf. „Aber das ist doch schon ein Sonderpreis, die Waffe wurde hier in Venedig gefertigt, die Verzierungen sind aus vierhundertfünfziger Gold, bitte, Herr,
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