Kinder der Dunkelheit
verlassen, als der Stromausfall alles auf unabsehbare Zeit lahmgelegt hatte. Kurz danach verlor sich ihre Spur, dafür fand man ihre Wächter tot vor der Residenz ihres Vaters.
Diese Unverfrorenheit bewies ein weiteres Mal, mit welcher Skrupellosigkeit Alexandre und seine Söldnerseelen vorgingen. Unverrichteter Dinge wieder abreisen zu müssen, war etwas, das Angel zutiefst widerstrebte, doch im Augenblick konnte er nichts anderes tun. Craigh und Sergej reisten auf Raffaeles Wunsch weiter nach Tunis, er wollte die beiden Hüter bei sich und Abdallah haben. Domingo und die anderen verschanzten sich mit den besten Kämpfern, die sich in ihren Reihen befanden, auf den Rat der Hüter hin in ihren Residenzen.
Angel erwog kurzfristig, Sabine in Stefanos Obhut zu belassen und ebenfalls nach Tunis zu fliegen, doch die Idee verwarf er, wenn auch ungern, schnell wieder. Luca wäre darüber wohl kaum glücklich, auch wenn er selbst etwas anders über alles dachte. Zwar wusste er nicht genau, warum, doch er vertraute Stefano voll und ganz. Seufzend machte er sich auf den Weg zum Flughafen, um noch rechtzeitig vor Sonnenaufgang wieder in Venedig zu sein.
„Verdammter Mist!!“ Luca trat voller Zorn gegen die antike Eingangstür zum weitläufigen Salon des Hauses in Hammamet. Das Holz konnte es mit seiner Kraft nicht aufnehmen, die massive Türe zersplitterte komplett und das obere Scharnier brach krachend aus der Wand. Es hatte ihn viel Energie gekostet, doch er war fähig gewesen, die Spur der Vampire und Samiras bis hierher zu verfolgen. Aber wieder einmal waren sie zu spät gekommen. Das von einer hohen, weißen und mit Stacheldraht gesicherten Mauer umgebene Anwesen war verlassen, wenn auch erst seit Kurzem. Luca konnte Samira noch fühlen – und gleichzeitig eine dunkle Präsenz, die ihm die Haare zu Berge stehen ließ. Wie konnte ein einziges Lebewesen eine solch unglaubliche Menge an Hass in sich tragen? Es gab keinen Zweifel daran, dass Alexandre und auch Samira hier gewesen waren. Damit stand endgültig fest, dass er sie in seiner Gewalt hatte.
Angels Anruf war nicht gerade ermutigend, denn was sie vor wenigen Tagen gemutmaßt hatten, war tatsächlich eingetreten: Die vier Töchter der Fürsten waren entführt worden. Die Tatsache, dass es diesem historischen Sack gelungen war, die Frauen zu kidnappen, die besser bewacht wurden als die britischen Kronjuwelen, zeigte ihm mehr als deutlich, womit sie es hier zu tun hatten. Im Stillen verfluchte er den Tag, an dem die Vorfahren den fatalen Entschluss gefasst hatten, den irrsinnigen griechischen Eroberer, seine Feldherren und Freunde auf solch außergewöhnliche Weise zu Tode zu bringen. Auch wenn der Wahnsinnige damals weitergelebt hätte, wirklich alt wäre er mit Sicherheit auch ohne ihr Zutun nicht geworden. Aber es war sinnlos, sich darüber jetzt Gedanken zu machen.
Jorge saß in sich zusammengesunken auf einem Hocker, seine Schultern bebten. Er stand offensichtlich kurz vor einem Zusamme nbruch, auch wenn er sein Möglichstes versuchte, um sich zusammenzureißen. Die Angst um Samira brachte ihn fast um den Verstand.
Luca trat neben ihn und legte tröstend einen Arm um die Schu ltern des Freundes. „Hab Vertrauen, Samira ist eine starke Frau, du solltest das am besten wissen. Ich verspreche dir, wir tun alles, um sie zu retten. Ich werde meine große Schwester nicht sterben lassen, nachdem ich schon ihren Bruder nicht mehr retten konnte.“
Jorge nickte unter Tränen. „Ich weiß das doch, Luca, ich sch äme mich für meine Schwäche, aber sie in den Händen dieses Abschaums zu wissen und gleichzeitig zur Tatenlosigkeit verdammt zu sein, macht mich schier verrückt!“
„Glaub mir, das verstehe ich.“ Luca erhob sich, drückte noch einmal Jorges Schulter, ließ, ohne dass der Freund es bemerkte, ein weiteres Mal etwas von seiner Kraft in dessen Körper fließen und wandte sich an Raffaele, der aufmerksam die einzelnen Räume durchsuchte.
„Hast du etwas finden können? Irgendwas, das uns weiterhelfen könnte?“
Raffaele zuckte ratlos mit den Schultern. „Jede Menge sehr schöne Möbel, der Kerl hat Stil, das muss man ihm lassen, ein paar Prepaid-Handys und einen Computer, auf dem die Festplatte gelöscht wurde, ebenso wie bei diesem ausgezeichneten Laptop. Geldprobleme scheint er nicht zu haben, das Teil ist neu.“
Luca warf einen nachdenklichen Blick auf Laptop und Computer. „Packt das Zeug ein – beides, ach was sag ich, alles, man kann
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