Kinder der Dunkelheit
sind noch mal einen Tick schneller, sehen noch weiter, können Gefühle eines anderen aufnehmen und ihn damit orten, sie sind die gefürchtetsten Kämpfer auf diesem Planeten. Jeder von ihnen hat ein spezielles Schwert, ein unglaublich leichtes, rasierklingenscharfes, uraltes Teil, das nur sie beherrschen. Damit können sie innerhalb von Sekunden töten.“
Sie kannte dieses Schwert, sie hatte es ja selbst gesehen und bestaunt, dieses funkelnde, wunderschöne Stück aus einer anderen Epoche. Seltsam dunkel war es im Raum geworden, so als habe jemand nacheinander Kerzen gelöscht, bis nur noch wenige flackerten. Aber es waren nicht die Kerzen, die das Gefühl der wachsenden Dunkelheit verursachten, nein, es war Sabines Verstand, der langsam begriff.
„Wer sind sie ? Von wem genau sprichst du?“
„Angel, Saif, Craigh, Sergej und Luca sind die derzeit bekan nten Hüter. Den sechsten suchen momentan alle ziemlich verzweifelt.“
„Aber sind sie denn nicht nötig, um euch zu schützen? Du t ötest doch auch; die aber, die du ermordest, sind Verbrecher, selbst Mörder oder Vergewaltiger!“
„Jetzt stell dich bitte nicht dümmer, als du bist. Ich bin mir sehr wohl bewusst, dass ich einer hochintelligenten Frau mit – für einen Menschen – überdurchschnittlichen Fähigkeiten gegenübersitze . Wie du so schön sagst: Ich töte Verbrecher, bilde mir aber nicht ein, dass ich damit die Welt verbessere. Es ist wie bei der sechsköpfigen Hydra, verstehst du? Für jeden Idioten, den du tötest, wachsen zwei neue nach. Die Menschheit ist prädestiniert, sich eines nicht allzu fernen Tages selbst auszulöschen. Und wenn du mich, ein klein wenig unbedarft, indirekt als ,Mörder‘ bezeichnest, dann darf ich das ohne schlechtes Gewissen abnicken. Aber es kratzt mich nicht. Ja, ich töte und ab und zu. Ich genieße es, wenn ich weiß, was da für ein mieses Schwein vor mir kniet, und wenn mit jedem Herzschlag das Blut aus seiner Schlagader schießt, dann ist das ein verdammt gutes Gefühl. Denn so gebe ich ihm sogar noch die Zeit, über seine Sünden nachzudenken.“
„Wo du schon von Sünden sprichst, glaubst du an die Hölle?“
Stefano lachte leise in sich hinein. „Nein, das ist eine Erfindung der Menschen, ebenso, wie sie Luzifer zum Sündenbock für ihr verkommenes, perverses Ich gemacht haben.“
„Warum aber verurteilst du dann Luca? Ich verstehe das ei nfach nicht! Er rettet Leben ...“
Stefano war aufgesprungen und warf mit einem wütenden Schrei die inzwischen leere Flasche so schwungvoll in den K amin, dass sie in abertausend winzige Scherben zerbarst. „Weil ich diese Heuchelei verabscheue! Der eine ist ein verkommenes Monster, der andere ein Heiliger. Ich habe die Schnauze so voll davon, mir diesen salbungsvollen Scheiß anzuhören! Warum versteht das keiner?“
Sabine war bei seinem plötzlichen Ausbruch erschrocken z usammengezuckt. Nur langsam begriff sie, dass er wohl recht hatte, dass er entweder genauso wenig oder aber genauso viel Monster war wie die, die genau das Gleiche taten wie er. Anstatt zu helfen, zu versuchen, die Dinge wieder ins Lot und die Leute wieder zur Vernunft zu bringen, ihrer kranken Seele zu helfen, wurde – so, wie Stefano es genannt hatte – das „Problem“ einfach aus der Welt geschafft. Es tat verdammt weh, aber offenbar war Luca eine Art Auftragskiller für die Kinder der Dunkelheit. Das Wort „Dunkelheit“ bekam plötzlich einen schalen Beigeschmack.
Zaudernd wandte sie den Blick wieder zu Stefano. Der stand nun hinter der Lehne eines der Sessel, krallte die Hände in das dunkelbraune Leder und bemühte sich sichtbar darum, seine Fassung zurückzugewinnen. Sein Gesicht war noch blasser als sonst und seine Augen glühten wie zwei Leuchtfeuer.
„Stefano, ich wollte dich nicht kränken, das musst du mir glauben!“, sagte sie nun leise. „Es fällt mir nur so schwer, zu begreifen und zu akzeptieren, was du mir gerade beschrieben hast.“
Der mächtige Vampir schnaubte verächtlich. „Schon klar, wenn ich etwas erzähle, kann das ja nur schlecht sein! Ich sehe ja ni emals das Gute. Das hat Raffaele auch schon behauptet.“ Ein Zittern ging durch seinen Körper. „Dem ist aber nicht so, selbst wenn es so aussieht! Ja, ich kämpfe mit meinen Dämonen und es sind echt nicht wenige, aber macht mich das zu einer Art dunkler Kreatur aus der Unterwelt?“ Stefano senkte müde das Haupt, schwarze Haarsträhnen verdeckten sein Gesicht und aus seiner Brust kam ein
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