Kinder der Dunkelheit
wollen!“
Langsam geschwächt vom Blutverlust, spürte Mohammed, wie sie ihn auf die Beine stellten. Er wurde aus dem Garten gezerrt und wie ein Rind trieben sie ihn vor sich her – weg von Ana, hinab zur Straße, die aus der Stadt führte. Mohammed begriff, dass er in seinen Tod strauchelte.
Ricardo stieß so leise zu seinen Männern, dass diese erschrocken aufblickten, als er vor ihnen stand. Der Schimmel war so leise durch die Nacht getrabt, dass selbst die aufmerksamen und in Alarmbereitschaft stehenden Männer ihn nicht gehört hatten. „Ein königliches Tier, es wird mir auch weiterhin gute Dienste leisten.“ Der Don tätschelte dem schönen Pferd liebevoll die Flanken.
„Habt ihr ihn, Herr? Ist alles so abgelaufen wie geplant?“
„Natürlich, stünde ich sonst hier vor euch? Der schöne Mohammed wird den Morgen nicht mehr erleben. Und nun, Männer, lasst uns dafür sorgen, dass das auch für den Rest seiner Familie zutrifft!“
Der Don schwang sich wieder auf dem Schimmel, zog den Mantel ein wenig enger und die Kapuze tief ins Gesicht. Ni emand, der Pferd und Reiter sah, hätte in der Dunkelheit angezweifelt, dass es Mohammed auf seinem Pferd war, der hier durch die Nacht ritt. Die geringere Körpergröße fiel nicht weiter auf.
Der Don gab die letzten Anweisungen. „Ich reite voran, ihr folgt mir in vernünftigem Abstand! Sobald sie mir die Tore öf fnen, um mich einzulassen und mich vor meinen Verfolgern zu schützen, schließt ihr zu mir auf. Vergesst nicht, was ich euch gesagt habe: Ihr lasst niemanden am Leben, ich will, dass das Maurenpack stirbt. Und zwar alle!“
Don Ricardo preschte auf das Anwesen zu, als würde ihn der Teufel persönlich jagen. „Öffnet die Tore, beeilt euch, ich werde verfolgt!“ So gut er konnte, ahmte er die Stimme Mohammeds nach, was ihm nur schlecht gelang, denn die verdammte Sam tstimme ließ sich kaum imitieren.
Doch das Glück war auf seiner Seite. Er sah, wie sie wild gest ikulierend auf die Tore deuteten und erkannte auch den schwarzen Hünen, den Leibwächter des Alten, der die Mauern verließ, um seinen jungen Herrn selbst einzulassen und ihn notfalls zu schützen. Sehr gut! Als er schon fast die Mauern des stolzen Anwesens erreicht hatte, öffneten sich die Tore. Gott war mit ihm und seinen Männern!
In dem Augenblick, als Fathi seinen tödlichen Irrtum erkannte, hatte er bereits ein Schwert in der Kehle. Unfähig, sich zu rühren, musste er im Tode mit ansehen, wie sich die Flut der Angreifer in den Innenhof ergoss. Bei seinen letzten Atemzügen hörte er die Todesschreie seiner Männer und seines Herrn. Einen vernahm er jedoch deutlicher als alle anderen: den herzzerreißenden Schrei Fathwas, als man Ridha vor ihren Augen tötete. Es war der Klang dieser Stimme, der Fathi begleitete, auf seinem Weg in die ewige Dunkelheit.
„Verdammt, da bringt sich das dumme Weib doch tatsächlich selbst um! Ich hatte mich so darauf gefreut, noch etwas Spaß mit ihr zu haben. Was sollen wir jetzt machen, Herr?“
Die Männer, allen voran Juan, sahen Don Ricardo erwartung svoll an. Der ließ seine Augen begierig über das Gut gleiten, bevor er antwortete. „Ihr räumt jetzt erst einmal hier auf. Werft die Toten vor den Mauern auf einen Haufen und verbrennt sie, als Mahnfeuer für alle, die sich noch sicher glauben! Wenn ich zurückkomme, um dieses reizende Anwesen zu übernehmen, will ich keine Toten und kein Blut mehr sehen. Das bedeutet, dass ihr jede Menge zu tun habt. Nachdem meine bezaubernde Verlobte kein Problem damit gehabt hätte, hier zu leben, will ich ihr diesen Wunsch doch gern erfüllen. An den neuen Besitzer und den Mann an ihrer Seite wird sie sich gewöhnen.“
Das Gelächter klang ihm noch in den Ohren, als er sich au fmachte, um das Ende des Mannes mitzuerleben, den er von der ganzen Sippe am meisten hasste. Jetzt konnte er ihm endlich mit zufriedenem Lächeln in die Augen sehen. Darauf freute er sich außerordentlich. Sein Leben hatte genau die Wendung genommen, die er sich erhofft hatte. Nicht nur Ana, nein, auch dieses herrliche Haus samt all seinen Gärten und kleinen Schätzen war nun sein! Don Ricardo war äußerst zufrieden.
Das Töten war von jeher sein Leben gewesen. Sebastian führte Don Ricardos Truppe nun schon seit vielen Jahren an, er hatte nie etwas dabei empfunden, wenn er Menschen auftragsgemäß getötet hatte. Nie, bis zu dieser Nacht: bis zu dem Augenblick, als Fathwa al Hassarin sich schützend vor ihren
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