Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kinder der Dunkelheit

Kinder der Dunkelheit

Titel: Kinder der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Ketterl
Vom Netzwerk:
nicht. Sein Blick wanderte ein klein wenig schuldbewusst zurück zu der jungen Frau, die dort in dem großen Bett selig schlummerte. Leise trat er an ihre Seite und sah auf sie hinab. Die langen dunklen Locken waren wie ein Fächer auf den Kissen ausgebreitet und auf dem hübschen Gesicht lag ein zufriedenes Lächeln. Eine Frau, die im Schlaf noch lächelte, musste zufrieden sein. Luca grinste leise in sich hinein.
    Seit ein paar Wochen stillte er sowohl den Durst als auch seinen Hunger nach Nähe und Wärme an ihr. Die Erinnerung an den Sex ließ er ihr, die Erinnerung daran, dass er ihr Blut trank, löschte er aus ihrem Geist. Er wollte keine enge Bindung, wollte nicht, dass sie wusste, was er wirklich war. Roberta war süß, doch ahnte sie auch, dass ihre Tage an seiner Seite gezählt waren. In ihrem Alter aber war das kein Drama, mit gerade einmal zwanzig Jahren genoss man das Leben von einem Tag auf den anderen. Da nahm man es als Gottesgeschenk an, wenn einem ein so bildschöner, reicher und junger Mann über den Weg lief, der fast jede Nacht den Himmel auf Erden mit einem Lächeln kredenzte, das man so noch nie gesehen hatte. Luca schlenderte zurück ans Fenster, er konnte sich auch nach all den Jahren nicht sattsehen an der Schönheit Venedigs, auch wenn die Stadt mittlerweile etwas morbide geworden war.
    Der Augenblick, als Raffaele ihn vor weit über zweihundert Jahren weckte und der Schoner in der Lagune vor Anker ging, hatte sich auf ewig in seine Erinnerung gegraben. Der Sonnenuntergang über Venedig war ein Bild voll atemberaubender Schönheit gewesen. Man hatte den Eindruck, der Himmel über der Lagune habe Feuer gefangen und Funken würden auf die Gondeln regnen, die sachte in den Wellen dümpelten. Es war ein Willkommensgruß gewesen, für den er den Göttern noch heute dankbar war.
    Jetzt aber, im Winter, wurde es doch ein wenig kühler in dieser von Kanälen durchzogenen Idylle und das Feuer, das dienstbare Geister im Kamin angezündet hatten, war leider schon vor Stunden erloschen. Also zog er seine Hose wieder aus und schlüpfte zurück ins Bett. Das Kinn auf einen Ellbogen gestützt, betrachtete er die schlafende Roberta.
    Sie war ihm eine angenehme Gespielin gewesen, doch bald würde er diese Beziehung beenden müssen. Raffaele hatte ihm nahegelegt, das nahende Weihnachtsfest noch abzuwarten, denn eine Trennung zu diesen Festtagen würde ein ziemlich miserables Geschenk abgeben. Natürlich hatte er damit wieder einmal recht und so hatte Luca in der vorletzten Nacht ein herrliches Armband aus Gold, welches mit funkelnden Smaragden besetzt war, e rstanden. Es würde Roberta nicht nur sehr gut stehen, sie hatte es bei ihren nächtlichen Spaziergängen durch die Stadt auch schon mehrmals eingehend bewundert. Sicherlich rechnete sie nicht damit, dieses teure, kostbare Schmuckstück zu bekommen, aber er wollte es so. Sie hatte es sich verdient.
    Jede Frau, der es bis jetzt gelungen war, sein Leben ein wenig zu bereichern, war von ihm fürstlich beschenkt worden – hier war Raffaele ein guter Lehrmeister gewesen. Die Frauen lagen ihm nicht umsonst reihenweise zu Füßen. Luca ließ seinen Finger langsam über Robertas nackte Schulter hinunter zum Ansatz ihrer schönen Brüste gleiten. Die warme, weiche Haut einer Frau zu spüren, war immer aufs Neue ein wundervolles Erlebnis. Roberta war von der zärtlichen Liebkosung aufgewacht und strahlte ihn voller Vorfreude an. Luca lächelte und zuckte innerlich mit den Schultern. Warum eigentlich nicht? Wie pflegte Raffaele so richtig zu sagen? – „Man muss die Feste feiern, wie sie einem in die Arme fallen.“ Wenn er sich Roberta so ansah, dann konnte und wollte er dem Freund nicht widersprechen. Langsam beugte er sich zu ihr, seine Lippen näherten sich ihrem Mund und seine Hände glitten tastend über ihren Körper. Roberta schlang die Arme um seinen Hals und zog ihn zu sich hinunter. Luca nahm die Einladung dankend an.
     
     
    München, Oktobe r 2010
     
    Himmel, war das kalt! Dafür, dass es gerade einmal Ende Oktober war, fror sie erbärmlich. Vielleicht lag es aber auch einfach nur daran, dass sie schon wieder Angst hatte. Der heutige Kinobesuch war spontan gewesen, der Film einfach göttlich. Mehrfach hatte Sabine versucht, bei Thomas anzurufen und ihn zu bitten, doch auch mitzukommen, aber er war nicht an sein Handy gegangen. Sie hatte in den letzten Jahren auf so vieles verzichtet, nur, um ihn nicht zu reizen und seine Eifersucht nicht auf den

Weitere Kostenlose Bücher