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Kinder der Dunkelheit

Kinder der Dunkelheit

Titel: Kinder der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Ketterl
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dunklen Stiefeln und der schwarzen Cargohose.
    „Du siehst aus, als würdest du in den Krieg ziehen“, entfuhr es Sabine.
    „Keinesfalls, wir müssen, sobald wir dort angekommen sind, mit ein paar Quads über recht unwegsames Gelände, da bin ich lieber vorbereitet.“
    Er schulterte die Reisetasche und streckte ihr die Hand entg egen. „Na komm, begleite mich nach unten – und einen Abschiedskuss bekomme ich doch wohl auch noch, hoffe ich?“
    Sabine sprang auf und schlang die Arme um seinen Hals. „Was denkst du denn?“
    Es wurde ein langer, zärtlicher Kuss und er hätte ihrer Meinung nach gern noch etwas länger dauern können, doch sie spürte seine Anspannung und so folgte sie ihm in die Halle hinunter. Nur am Rande hatte sie das große, flache Bündel wahrgenommen, das er außer der Tasche noch bei sich trug. Es sah ein wenig aus wie ein Kleidersack, doch ehe sie sich darüber Gedanken machen konnte, drängte Raffaele schon zum Aufbruch. An der Anlegestelle würde ein Schnellboot warten, das sie zum Anleger am Bahnhof bringen sollte. Von dort aus würden sie mit einem Range Rover, der in einer Mietgarage stand, zum Flughafen fahren.
    Sabine und Angel winkten den beiden eine Weile nach, bis A ngel befand, dass es jetzt an der Zeit sei, zu dem Konzert aufzubrechen, wenn sie noch etwas davon haben wollten. Sabine ließ sich gern ablenken und so verließen sie wenig später, warm eingepackt und angeregt plaudernd, den Palazzo in Richtung Piazza San Marco.
     
    Abdallah hörte die leisen Stimmen in der Eingangshalle seines Wüstenschlosses, weit hinter Hammamet, sofort. Die Aufregung, die sich im Haus verbreitete, konnte ihm auch nicht lange verborgen bleiben, sie fügte sich nahtlos in die Unruhe ein, die ihn seit Tagen nicht mehr losließ. Also legte er das Buch beiseite, in dem er eben gelesen hatte, und trat hinaus auf die Galerie, um nachzusehen, wer der späte Besucher denn war.
    Der junge Mann, der dort in seltsam gekrümmter Haltung auf einem der Sofas saß, erregte auf der Stelle sein Mitleid, aber er spürte auch, dass der Grund für dessen Anwesenheit kein erfre ulicher war. Schnellen Schrittes überwand Abdallah die Treppen und eilte auf den Gast zu. Seine Frau Janan wie auch sein Sohn Habib waren bereits bei dem Neuankömmling, ebenso einer von den Dienern, der dem sichtlich erschöpften Mann soeben einen heißen Minztee reichte. Alle machten sofort respektvoll Platz, als Abdallah hinzutrat.
    Er wandte sich mit fragendem Blick dem Besucher zu, bereits ahnend, dass der Unbekannte schreckliche Nachrichten mit sich brachte. „Sei mir gegrüßt, Fremder, du bist uns willkommen! So sag mir bitte, was führt dich in mein Haus?“
    Der Angesprochene hob den Kopf und sah Abdallah verzweifelt an. „Herr, es ist etwas Furchtbares geschehen! Etwas, das nicht hätte passieren dürfen.“ Er versuchte vergeblich, die Fassung zu bewahren, konnte jedoch die Tränen nicht mehr zurückhalten, so sehr er auch mit sich rang. „Fürst Abdallah, es … es ist mein Herr, er wurde ermordet! Es geschah während des Umzuges in ein neues Domizil. Niemand außer dem engsten Kreis wusste davon. Er entschied es so spontan wie immer – so, wie es seit über zwei Jahrtausenden Tradition war. Er glaubte niemals, dass man ihm oder den Seinen etwas zuleide tun könnte. Nur wenige Kilometer vor dem Ziel griffen sie uns an. Es war eine Armee, wie ich sie noch nie erlebt habe! Nicht viele, aber sie haben gekämpft wie eine Legion. Voller Hass, voller Mordlust ... wir waren nicht auf etwas Derartiges vorbereitet, sie töteten alle – Frauen, Kinder, Diener, einfach alle! Niemand durfte überleben. Hätten sie mich nicht sicher tot geglaubt, ich stünde jetzt nicht hier. Die Mörder ließen alle im Sand der Wüste zurück, wissend, dass die Sonne alle Spuren beseitigen würde. Und sie wussten noch etwas. Sie waren bestens darin ausgebildet, die Kinder der Dunkelheit zu töten. Sie wussten, was ein Stoß ins Herz bewirkt und auch, wie man ein Herz zertrennt. Doch sie hatten die Stärke meines Herrn – auch wenn sie offensichtlich wussten, wer er war und was er war – bei Weitem unterschätzt. Selbst tödlich getroffen, gelang es ihm, noch so lange am Leben zu bleiben, bis er mir seine Botschaft auftragen konnte, die ich Euch hier und heute übermitteln soll.“
    „Freund, du sprichst in Rätseln, bitte fasse dich doch und sag mir, wer war dein Herr?“
    Ein erneuter Tränenstrom und das haltlose Schluchzen des Mannes machten

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