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Kinder der Ewigkeit

Kinder der Ewigkeit

Titel: Kinder der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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gerade jetzt können wir keine Aufmerksamkeit der Observanten und Ethikwächter gebrauchen. Von den Magistern ganz zu schweigen.«
    »Lukas' Erbe gibt mir das Recht, mich auf Drossos aufzuhalten«, sagte Esebian mit unüberhörbarer Schärfe in der Stimme. »Sie haben selbst gesagt, dass ich neunzehn Prozent der hiesigen Niederlassungen besitze und einen Sitz im Enklavenrat beantragen kann.«
    »Sie sind eine Gefahr für uns. Und wenn Sie der Mann wären, für den Lukas Sie offenbar gehalten hat, würden Sie uns auch ohne eine so deutliche Aufforderung verlassen.«
    Ich bin die Frau, für die er mich gehalten hat , flüsterte Talanna in Esebian, und für zwei oder drei Sekunden ging ihre ruhige Sanftmut auf ihn über, lange genug, um Calebs Zorn beiseitezuschieben. »Ich entschuldige mich«, sagte Esebian und meinte es ernst. »Für all die Umstände, die Leandra und ich Ihnen bereiten. Ich … verspreche Ihnen, dass es keine weiteren Zwischenfälle geben wird. Ich muss noch einmal mit Erebos sprechen, und anschließend verlassen wir diesen Planeten. Sieben Stunden, Jacinta. Mehr nicht. Für Lukas.«
    Die ältere Frau musterte ihn, nickte langsam und seufzte erneut. »Für Lukas.«
     
     
    »Was hast du mit dem Laio angestellt?«
    Sie standen auf dem Balkon ihres Quartiers, nur durch das Schirmfeld vom nahen Wald getrennt. Es stellte keine akustische Barriere dar. Dutzende von verschiedenen Geräuschen kamen aus der grünen Welt: ein kehliges Grollen aus den dunklen unteren Ebenen, gefolgt von einem kurzen Kreischen; das Rascheln von Blättern und Knacken von Ästen; weiter oben ein Pfiff, der fast wie eine Sirene klang; das seltsam melodische Zwitschern von Schmetterlingsvögeln; Insektoiden, die mit tausend Stimmen zirpten … Und ein leises Schnattern, das sich fast zwischen den vielen anderen Geräuschen verlor und von mehreren Laii stammte, die auf den Ästen des nächsten Titanbaums saßen und Esebian und Leandra beobachteten. Einer von ihnen hob eine pfotenartige Hand und zeigte auf sie.
    »Vielleicht wissen sie, dass du einen von ihnen getötet hast«, sagte Esebian.
    »Sie sind kaum mehr als Tiere.« Es war warm, aber Leandra rieb sich die Arme und schien zu frösteln.
    »Was hast du mit ihm gemacht?«
    »Ich … wollte mit ihm reden. Er kam zu mir und …«
    Von einem Augenblick zum anderen wurde es Esebian zu viel. Er packte Leandra an den Oberarmen und schüttelte sie. »Er ist nicht einfach zu dir gekommen, verdammt! Du hast ihn gerufen! Und dann? Was geschah dann?«
    »Du tust mir weh!«
    Esebian ließ sie los, und für einen Moment herrschte Stille, nicht nur im Gebäude und in der Enklave, sondern auch im Wald. Alles schien wie auf eine Antwort zu warten. Als sie nicht kam, wiederholte sich das Grollen in der Tiefe, und Myriaden Insektoiden setzten ihren Gesang fort.
    »Wolltest du von ihm erfahren, worüber ich mit Erebos gesprochen habe? Ging es dir darum?« Esebian wusste nicht, wann und wie Leandra im Innern des Gebäudes erschienen war.
    »Warum willst du dich bei Erebos nach mir erkundigen?«
    Dort stand sie, angeblich nicht älter als sechsundzwanzig Echtjahre, eigentlich viel zu jung, um eine Partnerin für ihn zu sein, zu jung und zu unerfahren, aber gefährlich. Sie waren sich nähergekommen, und Esebian hatte begonnen, sich an sie zu gewöhnen. Oder vielleicht hatte sie ihn dazu gebracht , dass er sich an sie gewöhnte. War sie in der Lage, ihn geistig zu beeinflussen? Konnte sie trotz des Mentalblockers in der Großhirnrinde seine Gedanken lesen? Das Misstrauen war nie ganz aus ihm verschwunden, aber es hatte geschlafen, und jetzt erwachte es wieder, zu Calebs großer Genugtuung.
    »Was hast du mit dem Laio gemacht?«, fragte er scharf. »Und wie hast du Jacinta und die anderen daran gehindert, das Gebäude mit dem Brainer zu betreten?«
    Plötzlich glänzten Tränen in Leandras großen Augen, und ihre Lippen zitterten. Übergangslos verwandelte sich die junge Frau in ein verängstigtes Kind. »Ich wollte ihn nicht töten, wirklich nicht, das musst du mir glauben. Ich meine, ja, ich habe ihn zu mir gerufen, aber nur, weil ich neugierig war. Die Laii haben latente mentalistische Eigenschaften, zumindest einige von ihnen, und ich … Ich wollte wirklich nur mit ihm reden, doch als ich seine Gedanken berührte … Er erschrak. Er erschrak so heftig, dass er starb.«
    »Du hast ihn zu Tode erschreckt?« Esebian suchte auch mit seinen Erweiterungen nach Hinweisen: in Leandras Gesicht, in

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