Kinder der Ewigkeit
diesem Datenkosmos nach einer bestimmten Information suchte. Vermutlich wäre es leichter gewesen, auf einem Wüstenplaneten wie Hajok ein ganz bestimmtes Sandkorn zu finden.
»Nein, und das ist eins meiner Probleme. Ein anderes besteht darin, dass die Magister immer wieder ihre Kommunikationscodes ändern.«
Einer der Humanoiden schritt durch den hellen Bereich vor ihnen, und Esebian stellte fest, dass sein silbrig glänzendes Gesicht leer war.
Erebos reichte ihm das Buch.
»Lahor«, sagte er und fügte hinzu: »Ausgerechnet Lahor. ›Violette Wünsche an einem Tag mit rotem Schnee …‹«
Esebian nahm das Buch entgegen, öffnete es und betrachtete Seiten, die nicht aus Papier bestanden, sondern aus polarisierter Projektionsenergie, wie sie für virtuelle Kontrollen verwendet wurde. Die »Seiten« leerten sich, noch während er sie betrachtete, und wenige Sekunden später enthielt das Buch nicht mehr ein einziges geschriebenes Wort. Esebians Kommunikationserweiterungen hatten seinen gesamten Inhalt aufgenommen und in einem internen Speicher abgelegt.
»Ich habe Lahor natürlich nicht wegen des symbolischen Charakters gewählt«, sagte Erebos und behielt dabei sowohl die wandernden hellen Bereiche als auch die Magister-Humanoiden im Auge. »Es gibt dort mehrere Niederlassungen von Aurora, und unsere Spezialisten unternehmen den ersten ernsthaften Versuch, ein Therapiezentrum einzurichten. Mit ›ernsthaft‹ meine ich …«
»Ja«, unterbrach Esebian den Brainer. »Ich verstehe.« Zu den Daten, die er aufgenommen hatte, gehörten auch Erinnerungssequenzen und visuelle Informationen. »Aurora hat mehrere Bioingenieure aus dem Direktoriat entführt und außerdem ein geeignetes Instrumentarium zusammengestellt.«
»Die Therapien sind bis zur dritten Stufe verifiziert.«
»Ich bin Konsul«, sagte Esebian. »Ich habe die siebte Stufe erreicht.«
In Erebos' Gesicht veränderte sich etwas. »Auroras Bemühungen sind eine Hoffnung für die Gemischten Gebiete. Und vielleicht auch für dich, Konsul . Möglicherweise kann man dir dort helfen. Auf jeden Fall schaffen wir auf diese Weise eine plausible Situation, denn du wirst versuchen, dir Zugang zum dortigen offiziellen Therapiezentrum zu verschaffen.«
Esebian rief weitere Daten aus dem Zusatzgedächtnis. »Besteht dadurch nicht Gefahr für Aurora auf Lahor?«
»Nicht wenn du dich genau an den Plan hältst. Ich werde zum vereinbarten Zeitpunkt von hier aus ein Signal in die Datennetze der Magister eingeben, und von dort aus wird die Information, dass du dich auf Lahor befindest, die Erlauchten erreichen. Das ist der Köder, den wir auslegen. Die Aurora-Basen auf Lahor werden dir bei den Vorbereitungen helfen.«
»Bist du sicher? Wenn ich dort auf so viel Hilfsbereitschaft stoße wie hier bei Felton und Kaspari …«
»Ich habe bereits entsprechende Anweisungen erteilt«, sagte Erebos, und sein schiefes Lächeln kehrte zurück. »Meine Anweisungen werden immer ausgeführt.«
Esebian wollte ihm das – nun leere – Buch zurückgeben, aber es löste sich in seinen Händen auf. Er sah ein kurzes Glitzern, wie von feinem Silberstaub, und dann war nichts mehr von dem analogen Datenträger übrig.
»Ich bin dir für deine Hilfe sehr dankbar, Erebos, aber …« Esebian musterte das Immersionsselbst des Brainers. »Ich nehme an, du hilfst mir nicht nur, weil mir Lukas seine Anteile an Aurora vererbt hat. Was erwartest du von mir?«
Einige Sekunden lang war nur das leise zirpende Klimpern zu hören, in dem sich vage Melodien verbargen. Die hellen Bereiche im Bibliothekssaal blieben in Bewegung, und mit ihnen die Magister-Humanoiden. Schatten schrumpften und dehnten sich aus.
»Ich helfe dir, weil wir uns immer gegenseitig helfen«, erwiderte Erebos ernst. »Das ist das Grundprinzip von Aurora.«
»Und?«
»Es gibt eine wichtige Barriere, hinter die ich nicht sehen kann«, sagte Erebos langsam. »Vielleicht bist du in der Lage, für mich eine Lücke darin zu schaffen.«
Esebian hatte bereits darüber nachgedacht und versucht, die Situation aus Auroras und Erebos' Perspektive zu sehen. »Die Hohen Welten?«
»Ja. Selbst auf der ersten Abstraktionsebene weisen gewisse Entwicklungsstränge in jene Richtung. Vielleicht bin ich bald imstande, genauere Berechnungen vorzunehmen, aber für den Fall …«
Esebian war bereit. Eine derartige Möglichkeit hatte er schon während des Flugs nach Drossos in Erwägung gezogen – immerhin zählte Tirrhel zu den Erlauchten –,
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