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Kinder der Ewigkeit

Kinder der Ewigkeit

Titel: Kinder der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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schweigenden Ranidi näherte, wurde das Rasseln und Knirschen leiser. Die Vibrationen hörten auf, und die Steine kamen zur Ruhe. Schließlich herrschte Stille in dem großen offenen Bereich, und der Steingarten verharrte in stabiler Perfektion.
    Tahlon lächelte, so glücklich wie selten zuvor in seinem langen Leben.
    Dann begriff er, dass dieser Sieg vor allem ihn selbst betraf, während sich in der anderen Welt dort draußen der Triumphzug des Chaos fortsetzte. Wie als Bestätigung erhob der Sturm wieder seine fauchende, heulende Stimme, und mit neuem Eifer tanzten Schneeflocken über dem transparenten Dach.
    »Präfekt?« Ranidi sah ihn schweigend an, die Kiemen flach an seinem Hals.
    »Hat El'Farah die Kommunikationscodes übermittelt, um die wir sie gebeten haben?«, fragte Tahlon, als er seinen Assistenten erreichte. Sicherheitshalber zog er ihn aus dem Steingarten in den Säulengang, wo sie sprechen konnten, ohne die Balance der Steine zu stören.
    »Nein.«
    »Hat sie durch ihr Verhalten oder mit ihren Worten zu erkennen gegeben, dass sie dazu bereit ist?«
    »Nein, Präfekt. Ich fürchte, dass die versprochene Zusammenarbeit rhetorischer Natur ist.«
    Wenn das stimmte – und Tahlon teilte diese Befürchtung –, stand ihm eine sehr unangenehme Auseinandersetzung bevor.
    »Haben Sie etwas herausfinden können?«
    »Ohne die Codes können wir weder auf die Kom-Netze der Erlauchten zugreifen noch auf El'Kalentars persönliche Datenbanken, Präfekt. Die Ihnen zugestandenen Ermittlungsprioritäten nützen nichts.«
    »Was ist mit den Anfragen bei den Magistern?«
    »Bisher hat uns noch keine Antwort erreicht. Dafür habe ich das hier.« Ranidi winkte für das Gesteninterface; ein Displayfeld entstand vor ihm und zeigte Esebians Gesicht, das Tahlon inzwischen fast so vertraut war wie sein eigenes – er hatte es oft genug betrachtet. Neben dem Gesicht wanderten Daten durch ein Informationsfenster, langsam genug, damit er die Worte lesen konnte. Leider waren seine Kom-Implantate ebenso blockiert wie die anderen Erweiterungen. »Esebians komplette Biografie. Es gibt nur einige wenige Lücken, die vermutlich keine große Rolle spielen. Er hat nicht nur El'Kalentar getötet. Wir haben es mit einem Serienmörder zu tun, Präfekt.«
    »Geboren als Winford Yandow Stelzing auf Hammerfall in den Gemischten Gebieten«, las Tahlon. »Aber er nannte sich immer nur Winford. Geboren in den Gemischten Gebieten. Wie konnte er dann zu einem Kandidaten werden?«
    »Er ließ den Makel aus sich entfernen. Auf Dannacker. Mithilfe des Netzwerks. Dort verlor er seine Frau Ayanne und seine beiden Kinder Darrell und Tanya. Ihr Verlust scheint den Ausschlag dafür gegeben zu haben, dass er zum Mörder wurde. Sein erstes Opfer war der Korrektor Mandap Justian – ein Racheakt.«
    Tahlon las die anderen Namen. »Ten-Ten, Beiken, Orizabal, Gacusan, Gunder, Conelly, Kossen, Caleb, Yrthmo, Matacale, Dorotheri, Kyrill, Bessone, Talanna … Er ist eine Frau gewesen?«
    »Bevor er zum Kandidaten wurde«, erklärte Ranidi. »Anschließend wären solche physiologischen Experimente kontraproduktiv für ihn gewesen. Interessanterweise unterhielt er als Frau namens Talanna eine Beziehung zu Lukas.«
    »Und jede dieser Identitäten war ein Mörder?« Tahlon fragte sich, wie es sein mochte, nicht nur einmal das Leben eines Menschen auszulöschen, sondern mehrmals, viele Male. Welche Folgen ergaben sich dadurch für das eigene Selbst?
    »Ja«, bestätigte Ranidi, und seine Kiemen blähten sich kurz auf. »Die Subpersönlichkeit namens Caleb ist in dieser Hinsicht besonders aktiv gewesen: Sie hat acht Personen ermordet, soweit wir das bisher feststellen konnten.«
    »Auftragsmorde«, entnahm Tahlon den übrigen Informationen. »Vom Netzwerk vermittelt. Er bekam dafür Meriten, und mit diesen Meriten …«
    »Bezahlte er seine Aufstiege«, beendete Ranidi den Satz, als Tahlon zögerte. »Bis zum Konsul. Er stand kurz vor der Unsterblichkeit. Inzwischen dürfte für ihn alles weitaus schwerer geworden sein.«
    »Auftragsmorde«, wiederholte Tahlon leise, in Gedanken bereits einen Schritt weiter. »Ein weiterer Hinweis darauf, dass die Ermordung Seiner Exzellenz El'Kalentar in einem größeren Zusammenhang gesehen werden muss. Ich nehme an, Sie haben bereits Ermittlungen in Hinsicht auf jede einzelne Identität eingeleitet, nicht wahr?«
    »Selbstverständlich, Präfekt. Erste Informationen liegen bereits vor, übermittelt von den Observanten und

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