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Kinder der Ewigkeit

Kinder der Ewigkeit

Titel: Kinder der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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in dem El'Kalentar verschwunden war, hatte bereits zu kollabieren begonnen, aber es wies noch genug strukturelle Stabilität auf. Der Sog des gerade erfolgten Transfers erfasste Caleb und riss ihn mit.
    Er fiel durch Dunkelheit und landete, ohne dass es zu einem Aufprall kam. Mattes Licht teilte die vom Wogen einer temporalen Verzerrung durchzogene Finsternis. Caleb begriff, dass er in einen Zeitschacht blickte, von dem ihn nur ein Meter trennte. Ein Gesicht erschien vor dem grauen Abgrund der Zeit, so dicht über seinem, dass ihm der Atem über die Wange strich.
    »Glauben Sie im Ernst, auch nur die geringste Chance gegen mich zu haben?«, fragte El'Kalentar lächelnd und stieß mit dem Stift zu, dessen Formspeicher ihn in einen Dolch verwandelte.
    Caleb nutzte den Konsistenzverstärker und panzerte die Körperstelle, auf die das Messer zielte, und gleichzeitig feuerte er mit den beiden Mikro-Intervallern in den Fingern der rechten Hand – die nicht mehr das Kombiwerkzeug hielt, wie er am Rande feststellte.
    Die rote Eidechse in der Stirn des Unsterblichen richtete sich auf, und El'Kalentar verschwand erneut. Caleb war mit einem Satz auf den Beinen und sprang in den Transfersog. Wieder stürzte er durch Dunkelheit und erinnerte sich: Auf diese Weise war er vor gut hundertfünfzig Jahren auf Magrabia vor El'Laurin geflohen. Er wusste, wie schwer es sein konnte, einen Transitschatten abzuschütteln, aber El'Laurin war damals gut ausgerüstet gewesen, während er darauf hoffen musste, dass El'Kalentar einen exklusiven Transferkanal verwendete. Wenn es zu Kontakten mit anderen Transferitorsignalen auf Lahor kam, gab es für ihn keine Möglichkeit, El'Kalentars Transitecho aus all den anderen Echos herauszufiltern und ihm zu folgen.
    Der verdammte Kerl spielt mit mir, dachte Caleb zornig.
    Das Licht starker Scheinwerfer tastete wie die weißen Finger eines Riesen durch die Dunkelheit, und der Boden erzitterte unter dem Gewicht schwerer Maschinen. Ein Dröhnen und Stampfen kam aus der Nähe, aber trotzdem hörte Caleb eine Stimme.
    »Haben Sie vergessen, wie schwach Sie sind, Esebian?«, fragte El'Kalentar spöttisch.
    Gewaltige Aggregate der Magister gruben sich in den Leib des Planeten. Sie fraßen alle verwertbaren Rohstoffe und bauten aus ihnen Maschinen für den industriellen Kern der zweiundzwanzigsten Hohen Welt. In der Ferne ragte eine Pyramidenstadt auf, ein von Myriaden Lichtern durchsetzter dunkler Schatten in der Nacht.
    El'Kalentar, nur zwei Meter entfernt, warf etwas, und diesmal konnte Caleb nicht rechtzeitig ausweichen. Das kleine Objekt, silbrig und nicht größer als eine Fingerkuppe, bohrte sich wie ein mit hoher Geschwindigkeit abgefeuertes Projektil durch den Therapieumhang und die Haut darunter, doch bevor es explodieren und Eingeweide zerreißen konnte, fielen Nano-Konglomerate darüber her und machten es unschädlich.
    Der Unsterbliche winkte, machte einen Schritt und fiel. Caleb folgte ihm – die Beine fühlten sich deutlich schwerer an – und sprang in eine Grube, aus der tief unten die Dorne von Kernzapfern ragten. El'Kalentar verschwand im kurzen Aufleuchten eines Transitfelds, und wieder erreichte der fallende Caleb es gerade noch rechtzeitig, um mitgerissen zu werden.
    Etwas berührte ihn hinter den Augen und kitzelte.
    Vier oder fünf Transfers folgten so schnell hintereinander, dass Caleb sie kaum auseinanderhalten konnte, obwohl er die visuellen Erweiterungen einsetzte. Seine Kommunikationsimplantate empfingen seltsame Signale, mit denen sie nichts anfangen konnten, und vor den Augen wechselten hell und dunkel so schnell, dass ein wirres Flackern daraus wurde. Dann lag er plötzlich auf einem weichen rostbraunen Teppich, umgeben von Wänden mit Dutzenden von Displayfeldern, die ebenso viele Orte des Planeten Lahor und einen Orbital-Port zeigten. Ein leises Summen lag in der Luft, wie von einem fernen Insektenschwarm. Caleb wollte aufstehen und musste feststellen, dass ihm der Körper nicht mehr gehorchte.
    »Genug der Spielereien«, sagte El'Kalentar und trat in sein Blickfeld. Vom Boden aus gesehen wirkte er größer, und die rote Eidechse schien halb aus der Stirn gekrochen zu sein. Das spöttische Lächeln war aus dem Gesicht des Unsterblichen verschwunden.
    Ein Neutralisierungsfeld, dachte Caleb. Erlauchten-Technik. Vielleicht befand er sich in einer Residenz.
    El'Kalentar drehte eine kleine Datenscheibe aus goldener Pseudomaterie zwischen seinen Fingern und steckte sie ein. »Ich

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