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Kinder der Ewigkeit

Kinder der Ewigkeit

Titel: Kinder der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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verändern sich«, meldete Ranidi. Er saß am anderen Ende des Tisches, umgeben von Displayfeldern und virtuellen Schaltflächen. »Der Magister übernimmt die Kontrolle.«
    »Das dürfte den Erlauchten gar nicht gefallen«, murmelte Tahlon.
    Einige Sekunden lang war nur das Flüstern der Bordsysteme des Direktoriatsschiffes zu hören, und ein leises Summen, das von der Drohne kam, die einige Meter links von Tahlon schwebte, bei der Tür zum Lift. Dann sagte Ranidi: »Gondal setzt sich mit uns in Verbindung, Präfekt.«
    »Kontakt herstellen.«
    Ein Displayfeld bildete sich vor dem Tisch, reichte fast bis zur Decke, und darin stand wie in Fleisch und Blut ein Erlauchter. Er trug ein sandfarbenes, blau abgesetztes Gewand mit hohem, am Hals geschlossenem Kragen. Das kurze Haar war stahlgrau und dicht, die Augen unter der glatten Stirn groß und klar. Der Mann war etwa fünfunddreißig Scheinjahre alt, aber Tahlon wusste, dass sein Leben inzwischen ins dritte Jahrtausend ging. Er kannte diesen Unsterblichen: El'Jarod, einer der Direktoren.
    »Warum hat der Magister die Kommunikationskontrolle übernommen?«, fragte El'Jarod ohne Gruß. »Warum verletzt er die Souveränität dieses Systems? Hat er vergessen, dass die Hohen Welten einen Sonderstatus genießen?«
    Tahlon stand auf. »Ich grüße Sie, Exzellenz«, sagte er förmlich. »Ich berufe mich auf die Notstandsbestimmung des Traktats, auf Paragraph vier Absatz eins, der mir Ermittlungen auf allen Hohen Welten gestattet, auch auf Gondal. Ich …«
    »Notstand?«, unterbrach ihn El'Jarod. »Sind Sie noch ganz bei Trost?«
    »Darüber hinaus mache ich hiermit von den Sondervollmachten Gebrauch, die mir die Notstandsbestimmung gewährt, und weise Sie an, alle wie auch immer beschaffenen Aktivitäten beim Schrein unverzüglich einzustellen. Wir werden dort vor Ort ermitteln.«
    Der Erlauchte beugte sich ein wenig vor. »Haben Sie den Verstand verloren, Tahlon? Sie erteilen mir Anweisungen?«
    »Er erteilt Sie in meinem Namen«, erklang eine andere Stimme. Tahlon dachte zuerst, dass sie von der Drohne kam, aber Ranidi wies ihn mit einer knappen Geste darauf hin, dass der Magister einen zusätzlichen Kommunikationskanal geöffnet hatte. »Ich bin Jae-al-Escoe-Hoivinio-tan-Mauleon-Caliquire-tan-Nesluzan, Erster im Kern des Direktoriats, der Eine, der Gondals Maschinenkern gesät hat. Allein das gäbe mir das Recht hierher zu kommen, auch ohne ausdrückliche Einladung der Direktoren. Aber ich habe noch etwas anderes gesät, und dieses Andere ist verloren. Keine Variablen in den Gleichungen der oberen Abstraktionen haben es mir genommen, sondern bewusstes, gezieltes Eingreifen.« Die Stimme des Magisters wurde noch etwas lauter. »Mein Seeder, von dem ich mich bei Hajok trennte, wurde entführt. Präfekt Tahlon hat die Entführung selbst beobachtet, während eines Transits durch das Filigrannetz. Unbestreitbare Fakten zeigen, dass mindestens ein Erlauchter damit zu tun hat, ein Direktor wie Sie.«
    »Wer?«, fragte El'Jarod verblüfft. Tahlon beobachtete ihn und fragte sich, ob die Verblüffung gespielt oder echt war.
    »El'Kalentar.«
    »Aber … El'Kalentar ist tot. Er wurde ermordet.«
    »Er lebt. Er hat meinen Seeder entführt und ist in ein Projekt namens Fouracre involviert. Die Spur führt zum Schrein. Sie werden alle Aktivitäten beim Schrein umgehend einstellen.«
    »Ich …« El'Jarod verschwand aus dem Displayfeld.
    Tahlon sah seinen Assistenten an. »Ranidi?«
    »Es kommen keine Signale vom Planeten mehr, Präfekt. Die Verbindung ist unterbrochen.«
    »Wie verhalten sich die Wachschiffe der Garde?«, fragte Tahlon. Er drehte den Kopf, sah von den Panoramafenstern mit den Zoombereichen zu den Displayfeldern, beobachtete erst Lybecker und sein System aus vierundzwanzig Monden und siebzehn breiten Ringen und dann den Magister, der inzwischen seine volle Integrität zurückgewonnen hatte und beim Filigran blieb, während sich die Concordia weiter Gondal näherte.
    »Es befinden sich insgesamt einundneunzig Schiffe der Ehernen Garde im System, und zwei Drittel davon haben den Status voller Einsatzbereitschaft. Sie bleiben an ihren aktuellen Positionen über Lybecker, beim Filigran und in der Nähe der beiden Außenstationen an der Peripherie des Systems.« Nach kurzem Zögern fügte Ranidi hinzu: »Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie einen Angriff riskieren, Präfekt.«
    Bis vor Kurzem hätte sich Tahlon das ebenfalls nicht vorstellen können. Aber viele Dinge, die

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