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Kinder der Ewigkeit

Kinder der Ewigkeit

Titel: Kinder der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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Straßen im roten Glühen der untergehenden Sonne. Akir Tahlon wusste, dass dort seit mehr als zweitausend Jahren niemand wohnte, und auch zuvor hatten sich in der Stadt nur wenige Personen aufgehalten, nie mehr als zwanzig oder dreißig: vor allem Techniker und Gestalter, die darauf achteten, dass alle Installationen einwandfrei funktionierten. Die Stadt, das Hochplateau und die Regionen dahinter waren das Domizil von El'Hantor, der einst die Alte Erde besucht hatte. Angeblich enthielt die Programmierung seiner Formspeicher Nachbildungen von Gebäuden und Landschaften jener Welt, aber Tahlon wusste kaum etwas von den landschaftlichen Besonderheiten der legendären Erde. Der Berg mit dem Hochplateau blieb für ihn ein Berg wie jeder andere, die Stadt nur eine leere Stadt. Die hinter dem braunroten Massiv gelegene Flusslandschaft mit ihren manchmal recht steilen Uferhängen und den Burgen sagte ihm ebenfalls nichts: geogestalterische Spielereien eines Unsterblichen, mehr nicht. Für viel interessanter hielt er die Frage, was El'Hantor damals sonst noch auf der Erde gesehen hatte, wie auch El'Kalentar, und was er über Fouracre wusste.
    Die zehn Sicherheitsbeauftragten der Concordia landeten zuerst, direkt vor dem Eingang des Schreins, einem Portal aus weißem Marmor. Daneben stand ein Pavillon mit einem Transferitor, und Akir fragte sich kurz, warum er sich nicht innerhalb des Schreins befand. Dann bemerkte er ein kurzes Schimmern über den weißen Gebäuden – ein Schirmfeld umgab den Schrein, gespeist von der Energie aus Gondals Maschinenkern.
    Als das von Jaes Drohne erzeugte Gravitationsfeld auch Tahlon, Ranidi und Esebian absetzte, kam Bewegung in mehrere Personen, die neben dem Pavillon gewartet hatten. Unter ihnen befand sich auch El'Jarod, der noch immer das sandfarbene, blau abgesetzte Gewand mit dem hohen Kragen trug. Doch das junge, fast völlig faltenlose Gesicht zeigte nicht mehr die für einen Erlauchten typische Abgeklärtheit, sondern deutliche Sorge.
    »Es tut mir sehr leid«, sagte El'Jarod. »Aber als Ihre Anweisung kam, dass alle Aktivitäten beim Schrein unverzüglich eingestellt werden sollten …«
    Tahlon blickte durchs Tor zu den weißen Gebäuden. »Ja?«
    »Ich bin der offizielle Hüter des Schreins«, sagte El'Jarod, und Würde kehrte in sein Gesicht zurück. »Aber sie haben nicht auf mich gehört und brachten sie fort.«
    Tahlon starrte ihn an. »Wer hat nicht auf Sie gehört und wen fortgebracht?«, fragte er, während neben ihm das Summen der Drohne etwas lauter wurde.
    El'Jarod wechselte einen Blick mit seinen Begleitern, bei denen es sich um Sterbliche handelte. An ihrer Kleidung erkannte Tahlon die Kandidatensymbole von Residenten.
    »El'Farah und El'Coradi«, sagte El'Jarod. »Sie brachten die Erlauchten fort.«
    »Der Schrein ist … leer?« Tahlon glaubte am letzten Wort zu ersticken.
    »Nur El'Hantor ist noch da, aber er …«
    Tahlon hatte sich bereits umgedreht. »Jae, bitte bringen Sie uns zum Zentrum des Schreins. Wir dürfen keine Zeit verlieren.«
    Die Drohne, deren Klingen wieder schneller rotierten, stieg sofort auf, und mit ihr die Sicherheitsbeauftragten, Ranidi und auch Esebian in seinem Stützgerüst. Sie schwebten dem Tor entgegen.
    »Das Schirmfeld im Zugang deaktivieren!«, rief Tahlon El'Jarod zu und staunte selbst darüber, wie er mit einem Erlauchten sprach.
    Ein kurzes Flackern, ein leichtes Prickeln, verursacht von der Nähe der anderen Schirmfelder, und dann lag das Portal hinter ihnen.
    Die Stille des Schreins empfing sie.
    Aber sie dauerte nicht lange an – das Donnern einer Explosion zerfetzte sie.
     
     
    Etwas packte Akir Tahlon und riss ihn aus dem von der Drohne erzeugten Gravitationsfeld. Um ihn herum krachte es so laut, dass seine Erweiterungen die sensorischen Nerven blockierten und ihm eine falsche Stille schenkten, erfüllt vom Rauschen des Bluts und dem trommelartigen Hämmern des eigenen Herzschlags. Er stieß gegen etwas, scheinbar leicht, was sicher eine Täuschung war, denn die sensorische Blockade betraf auch den Tastsinn, und dann wurde es dunkel vor seinen Augen. Er war ziemlich sicher, dass er noch atmete – ein Teil des Rauschens schien von seiner Atemluft zu stammen –, aber vor seinen Augen blieb es finster, und das beunruhigte ihn. War er so schwer verletzt, dass seine Erweiterungen beschlossen hatten, ihm einen schmerzfreien Tod zu gönnen? Hatten seine Kommunikationserweiterungen in dem schmalen Frequenzband, das auf Gondal

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