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Kinder der Ewigkeit

Kinder der Ewigkeit

Titel: Kinder der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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er über Jahrzehnte hinweg für selbstverständlich gehalten hatte, waren inzwischen ins Wanken geraten. »Ich schließe keine Möglichkeit mehr aus«, sagte er und stellte erstaunt fest, wie bitter er klang.
    »Jae-al-Escoe-Hoivinio-tan-Mauleon-Caliquire-tan-Nesluzan, Erster im Kern, wird keinen Angriff zulassen«, summte die Drohne, und einige ihrer Messer klickten. »Der Zeitpunkt ist gekommen, Aufklärung zu verlangen.«
    Tahlon sah zum Gesandten des Magisters, und dabei strich sein Blick übers Stützgerüst hinweg. Esebian lag reglos darin, die Augen geschlossen. Zwei Schritte brachten ihn an seine Seite.
    Die Lider des Mörders zitterten und kamen nach oben. Schmale Lippen deuteten ein Lächeln an. »Haben Sie mich für tot gehalten, Präfekt? Noch ist es nicht so weit. Aber es dauert nicht mehr lange.« Esebian zögerte kurz und fügte leiser hinzu: »Sie hat Ihnen ewiges Leben geboten, Präfekt. Und Sie haben abgelehnt . Um einen Erlauchten zu zitieren: Sind Sie noch ganz bei Trost?«
    Er hatte das Bild noch klar vor Augen, wie El'Farah den Datenstift in beiden Händen hielt, darin die fünftausend Meriten für den letzten Aufstieg, der Schlüssel zur Unsterblichkeit, und wie sie ihn dann zerbrach. Ein Blinzeln vertrieb das Bild. »Das ist der Unterschied zwischen uns, Esebian«, erwiderte er ebenso leise. »Im Gegensatz zu Ihnen glaube ich an gewisse moralische Prinzipien und bleibe ihnen und mir treu.«
    »Sind Sie bereit, einen solchen Preis dafür zu bezahlen?« Tahlon wollte antworten, die Trennlinie zwischen sich und diesem Verbrecher noch deutlicher ziehen, aber Esebian kam ihm zuvor. »Nein, ich meine nicht die verlorene Unsterblichkeit. Ich meine die Reue , die Sie später plagen wird, über die so leichtfertig verspielte Chance. Was auch immer geschieht, was auch immer uns auf Gondal erwartet, dies wird Sie nie loslassen. Für den Rest Ihres Lebens werden Sie sich fragen, ob es richtig war, die Ewigkeit zurückzuweisen.«
    »Machen Sie sich keine Sorgen um mich«, sagte Tahlon.
    »Oh, ich mache mir Sorgen um uns alle.« Esebian nickte in Richtung der Drohne. »Wir steuern auf einen Konflikt zwischen Erlauchten und Magistern zu, was einmalig ist in der Geschichte des Direktoriats. Welche Folgen könnten sich daraus für die Hohen Welten und Tausend Tiefen ergeben?« Esebian drehte den Kopf. »Magister Jae …«
    »Ich höre für ihn«, summte die Drohne.
    »Was ist mit Ihrer algorithmischen Stochastik? Haben wir einen Kardinalpunkt erreicht? Oder ist etwas aus den Fugen geraten?« Esebian wartete keine Antwort ab. Vielleicht, dachte Tahlon, hatten ihn diese Fragen beschäftigt, als seine Augen geschlossen gewesen waren. »Aber wenn etwas aus den Fugen geraten ist … Bedeutet es nicht, dass Ihre Berechnungen ungenau waren? Was ist mit der Wellenfunktion und den Wahrscheinlichkeitsfaktoren? Ich habe mit jemandem geredet, der noch nicht die vierundzwanzigste Abstraktionsschicht wie Sie erreicht hat, aber er wusste, wovon er sprach. Angeblich sind Sie in der Lage, mit Ihren Berechnungen die Zukunft vorauszusehen. Aber wenn das stimmt, wieso mussten Sie dann eingreifen, um die Gleichungen zu korrigieren, wie Sie sagten?«
    »Wovon reden Sie da?«, fragte Tahlon und glaubte sich bestätigt: Der Mörder wusste tatsächlich mehr, als er zugegeben hatte.
    »El'Kalentar hätte sterben müssen«, summte die Drohne.
    »Was?«, fragten Tahlon und Esebian gleichzeitig. Selbst der einige Meter entfernt sitzende Ranidi wandte kurz den Blick von seinen Displayfeldern ab.
    »Die Symmetrie ist gebrochen«, sagte die Drohne. Ihre Klingen rotierten etwas langsamer. »Neue Möglichkeiten entstehen, Seitenpfade des Hauptwegs. Korrekturen müssen vorgenommen werden.«
    »Wie meinen Sie das?«, fragte Tahlon. »Ich bitte um eine Erklärung, Jae.«
    »Für Erklärungen«, sagte die Drohne, »ist es zu früh.«
    »Präfekt …«, ertönte Ranidis Stimme.
    El'Jarod war zurückgekehrt, stand erneut dreidimensional in einem hohen Displayfeld. Hinter ihm nahm Lybecker die gesamte Fläche des Fensters ein, und die Concordia näherte sich der Ringebene. Bei einem der dort wie Perlen an einer Kette schwebenden Monde handelte es sich um Gondal.
    »Ich bitte um Verzeihung, Magister, Präfekt«, sagte der Erlauchte. »Eine Störung in den Kommunikationssystemen, verursacht von den elektromagnetischen Auswirkungen eines Megasturms in der Atmosphäre des Gasriesen. Präfekt, alle derzeitigen Aktivitäten beim Schrein sind eingestellt,

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