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Kinder der Ewigkeit

Kinder der Ewigkeit

Titel: Kinder der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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Erfordernissen entsprechen konnten. Große Fenster gewährten Ausblick aufs sonnennahe All, und automatische Filter, den individuellen Bedürfnissen der Reisenden angepasst, dämpften das grelle Gleißen der nur fünfzig Millionen Kilometer entfernten Sonne Haredion. Das ganze Ausmaß des Ports war vom gewölbten Fenster auf der linken Seite aus erkennbar, hinter der von einem Kongressler geschaffenen Skulptur, die auf Stimmungen der Reisenden reagierte, indem sie Farbe und Form veränderte. Die Station am Filigran bestand aus mehreren wie ineinander verkeilt wirkenden Habitatmodulen, einige rund und glatt, andere voller Ecken und Kanten. Nur drei Raumschiffe lagen mit Gravitationsankern beim Dockdorn. Zwei von ihnen – stumpfe Kegel, denen es an Eleganz mangelte – stammten aus den Tausend Tiefen, und das dritte war ein Pfeilschiff der Enha-Entalen, überraschend groß und voller facettenartiger Kollektorzellen, die das Sonnenlicht hungrig aufsaugten. Fast fünfzigtausend Kilometer entfernt drehte sich Covaruvia, der erste Planet des Haredion-Systems, und knapp tausend Kilometer über der von Kratern bedeckten und tiefen Schluchten durchzogenen heißen Oberfläche hatte Herax sein stacheliges Lager aufgeschlagen. Es war ein recht kleiner Magister, nicht größer als einige wenige Kilometer im Durchmesser, kleiner noch als der Port und das erst einige zehntausend Jahre alte Filigran. Als Esebian vor gut zwanzig Jahren im Haredion-System eingetroffen war, hatte er Herax zunächst für einen Seeder gehalten, bestenfalls für eine Emergenz. Aber er war ein vollwertiger Magister und stand durch das Filigran mit den anderen Magistern überall im Direktoriat in Verbindung. Die ganze Zeit über sprachen sie miteinander, billiardenfach schneller als selbst das Haus, in dem Esebian die letzten beiden Jahrzehnte gewohnt hatte. Manchmal fragte er sich, worüber sie sprachen, welche Pläne sie schmiedeten, aber er befürchtete: Selbst wenn es Antworten auf diese Fragen gab, er hätte sie wahrscheinlich nicht verstanden.
    Die junge Frau bemerkte, wohin sein Blick ging. »All die Stacheln … Man könnte meinen, er wollte sich mit ihnen schützen.« Sie rieb sich kurz die Arme, als sei ihr kalt. »Ein junger Magisterjung wie dieses Filigran.«
    »Und doch viel, viel älter als wir«, sagte Esebian. »Zumindest das Filigran. Sie sind jung.«
    Die Frau lachte und streckte die Hand aus. »Leandra Covitz.«
    Er nahm die Hand, drückte sie kurz und ließ wieder los. »Esebian.«
    »Nur Esebian?«
    »Ja.«
    Die junge Frau musterte ihn mit neuem Interesse, wich aber nicht zurück. »Sind Sie Kandidat? Ich sehe kein Abzeichen an Ihrer Kleidung.«
    »Ich trage keins.«
    »Wie alt sind Sie? Welche Stufe haben Sie erreicht?« Nur eine Sekunde später fügte Leandra hinzu: »Oh, bitte entschuldigen Sie. Manchmal ist mein Mund ein bisschen zu schnell. Ich bin ja so aufgeregt. Für mich ist dies alles neu.« Sie breitete die Arme aus, drehte sich im Kreis und lächelte.
    Die Frische der Jugend, dachte Esebian, und etwas in ihm fühlte sich angenehm berührt.
    »Wie alt oder wie jung sind Sie?«, fragte er. Die schweren Gedanken rückten ein wenig beiseite.
    »Sechsundzwanzig Echtjahre. Ich komme von Mway und bin auf dem Weg nach Halechko. Kennen Sie Halechko?«
    Sie redete und redete, reihte ein Wort nach dem anderen zu schnellen Sätzen aneinander, vielleicht um die Stille zu vertreiben, die eigene Stimme zu hören und sich … sicher zu fühlen?
    Esebian, und insbesondere seine Subpersönlichkeit Evan Ten-Ten, kannte Mway – jene Welt war nur einige Dutzend Lichtjahre von den Gemischten Gebieten entfernt. Man brauchte nicht einmal ein Filigran, um sie von dort zu erreichen; ein gewöhnliches interstellares Schiff genügte. »Halechko im Dorosan-System? Am Rand der Großen Leere? Ziemlich abgelegen, nicht wahr?«
    »Ja. Dort gibt es eine Niederlassung der Fragensteller.«
    »Oh.« Esebian musterte die junge Frau mit neuem Interesse. Sie war einen Kopf kleiner als er, schmaler und zierlicher gebaut, und ihre Haut hatte die natürliche Glätte der Jugend. Silberblondes Haar fiel glatt auf die Schultern und umrahmte ein Gesicht mit großen grünen Augen, einer recht kleinen Nase und einem Mund mit glänzenden Lippen. Der Glanz stammte von Mikrokristallen, die das Licht einfingen, es brachen und Tausende von winzigen Regenbogen schufen.
    »Möchten Sie Fragen stellen oder suchen Sie Antworten?«
    »Ich glaube, man sollte zuerst lernen, die

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