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Kinder der Ewigkeit

Kinder der Ewigkeit

Titel: Kinder der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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muss uns vor allem darum gehen, diesen Auftrag durchzuführen. Habt ihr vergessen, wie es zu Anfang war?
    »Wie könnte ich das vergessen?«, murmelte Esebian und war sicher, dass er sich auch noch in fünftausend Jahren daran erinnern würde.
    Ich bin dagegen gewesen , fuhr Caleb fort. Vor zwanzig Jahren, als wir vor allem auf Gunders Drängen hin beschlossen haben, keine Aufträge mehr zu übernehmen. Zwei Jahrzehnte lang habe ich beobachtet, wie sich Esebian mit dem FEK-Syndrom beschäftigte. Was haben ihm seine Forschungen auf Angar eingebracht? Nichts.
    »Das Projekt gehörte zu den Ausschreibungen der Magister«, sagte Esebian. »Sie interessieren sich für den Finalen Evolutionskollaps. Sie halten ihn für wichtig. Wir hätten die notwendigen Meriten verdienen können.«
    Dein Projekt war nur eins von vielen , erwiderte Caleb und sprach noch immer ruhig und geduldig. Er wusste, dass er gewonnen hatte, aber er triumphierte nicht, fühlte sich nur bestätigt. Selbst hier auf Oxnam gibt es eins, in der Nähe dieses Atolls. Jemand wäre dir zuvorgekommen und hätte den FEK enträtselt. Du hättest keine Meriten erhalten, oder nicht genug. Du wärst gezwungen gewesen, dich nach etwas anderem umzusehen, und vielleicht hättest du es nicht einmal bis zur nächsten Therapie geschafft. Dann wärst du zu einem Grauen geworden.
    Die Worte ließen Esebian schaudern.
    Ich fürchte, dass wir hier in etwas verwickelt werden könnten, das zu groß für uns ist , sagte Talanna. Wenn es sich tatsächlich um einen Machtkampf unter den Erlauchten handelt, wie Evan vermutet, und wenn wir zwischen die Fronten geraten …
    Was sind das, dunkle Vorahnungen? Noch immer erklang Spott in Calebs Stimme.
    Vielleicht ist es … weibliche Intuition.
    »Die Entscheidung ist längst gefallen«, sagte Esebian, winkte und deaktivierte das Displayfeld.
    Danke, Esebian , sagte Caleb. Ich hoffe, dass endgültig alle Bedenken und Einwände ausgeräumt sind. Es ist ermüdend, sich dauernd damit auseinandersetzen zu müssen.
    Was ist der Mensch ohne die Stimme des Gewissens? , fragte der Philosoph Gunder. Kaum mehr als ein Tier, Caleb. Es ist keine Schwäche, Dinge infrage zu stellen.
    Esebian stand auf und schritt, von plötzlicher Unruhe erfasst, zum Fenster. Die Sonne ging unter, und der ferne Horizont schien in Flammen zu stehen. Tief unten erschienen erste Lichter in der Stadt auf dem Atoll. Displayfelder schwebten bei den Straßen und Plätzen, und der Wechsel ihrer Bilder war wie das Blinzeln von Augenlidern.
    Es kann sehr wohl eine Schwäche sein, sich dauernd zu hinterfragen, wenn man einen Mord begehen will. Die alte Schärfe kehrte in Calebs Stimme zurück.
    »Schluss damit«, sagte Esebian. »Wir kennen den Ort. Hadadd. Zu bestimmen sind noch Zeit und Umstände. Einen Ansatzpunkt haben wir bereits, und er heißt Akir Tahlon. Yrthmo?«
    Ich arbeite daran. Wir müssen nach Gevedon und Lukas einen Besuch abstatten.
    »Dachte ich mir«, sagte Esebian, der spürte, wie sich seine Gedanken und Gefühle in neuen Bahnen bewegten, obwohl er noch immer er selbst war. »So wie Caleb vorgehen möchte … brauchen wir gewisse Dinge.« Er wandte sich vom Fenster ab. »Die Zeit ist knapp. Machen wir uns auf den Weg.«

 
11
     
    Unten am Apartmentturm nahm sich Esebian eine der offenen Kapseln, die allen zur Verfügung standen, und nannte dem Autopiloten das Ziel: die Transitstation mit den Orbitalspringern auf der anderen Seite des Atolls. Der Abend war mild, und sanfter Wind trug den Duft des Meeres heran. Lampen leuchteten zwischen pastellfarbenen Gebäuden und über den Straßen. Ihr Licht tanzte in den großen Springbrunnen der Plätze und schimmerte über den Lokalen, die den vielen Besuchern kulinarische Besonderheiten und jede Menge Unterhaltung anboten. Esebian beobachtete das bunte Treiben mit vagem Interesse und fühlte sich an die Lyonen erinnert: Individuen zwar, die sich aber in großer Zahl wie ein Schwarm verhielten, dessen einzelne Mitglieder anonym blieben, bis …
    Ein Gesicht schien ihm aus der Menge entgegenzuspringen, und Esebian sagte: »Anhalten.« Die Kapsel sank ein wenig tiefer, um den anderen, die zu Strandpartys flogen, nicht im Weg zu sein, und sie verharrte im Schatten neben einem erleuchteten Wasserfall. Das Gesicht gehörte nicht einem der vielen Passanten, sondern war in einem Displayfeld am Rand des kleinen Platzes zu sehen: dominiert von großen grünen Augen, umrahmt von silberblondem Haar.
    »Leandra«, sagte

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