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Kinder der Ewigkeit

Kinder der Ewigkeit

Titel: Kinder der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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übrigen von den Sonden übertragenen visuellen Daten: Filigranstränge, die ihren Glanz verloren hatten, brandig und zerfressen wirkten; die Borsten des Webers an den Spitzen grau und spröde; die Ränder der Transitöffnungen nicht mehr glatt und klar abgegrenzt, sondern schwammig und zerfranst. Tausend Einzelheiten wetteiferten um Tahlons Aufmerksamkeit, aber was ihn am meisten beeindruckte, waren die Wracks bei den instabil gewordenen Wurmlöchern, manche bereits von Gravschleppern beiseite gezogen. Geborstene Raumschiffe, von den Annihilatoren und entropischen Kanonen der Wachschiffe so sehr zerrissen und zertrümmert, dass ihre ursprüngliche Form nicht einmal zu erraten war.
    »Legen Sie beim größten Port an, Lethender«, sagte El'Kalentar, der ganz hinten in der Zentrale des Sondierungsschiffes saß.
    Der Kommandant – ein zwergenhafter, aber recht breiter Mann, der ganz offensichtlich von einer Hochschwerkraftwelt stammte und die Zeichen eines Dekans und damit der fünften Kandidatenstufe am Uniformkragen trug – gab die Anweisung sofort an den Navigator weiter. Das von den Magistern zur Verfügung gestellte Sondierungsschiff änderte den Kurs, näherte sich dem Filigranport und setzte seine Gravanker. Mit den Kommunikationserweiterungen hörte Tahlon, wie der Sondierer kurz mit einem Pfeilschiff der Enha-Entalen sprach, das daraufhin seine Position veränderte und über den Blasen und Kuppeln des Ports in Stellung ging, die Zielerfassung der Waffensysteme auf die nächste Tunnelöffnung gerichtet.
    »Wie viele sind es?«, fragte El'Kalentar.
    »Exzellenz?« Der kleine Lethender eilte diensteifrig herbei.
    »Wie viele Wracks sind es?«
    »Fünfundzwanzig, Exzellenz. Bisher. Die Sonden registrieren noch immer Aktivität in den Wurmlöchern. Es könnten weitere Transite stattfinden.«
    »Von wo kommen sie, und von wann?«
    Akir Tahlon fragte sich, ob El'Kalentar ohne Verbindung mit den Bordsystemen des Sondierers geblieben war. Verzichtete er darauf, den Datenstrom direkt aufzunehmen? Warum?
    »Soweit sich das bisher feststellen ließ, betragen die geringsten Entfernungen einige hundert Lichtjahre und die größten bis zu zweihundert Millionen«, antwortete Lethender, der ein Kom-Modul an seinem Halsinterface trug. »Die temporalen Schwankungen in den Wurmlöchern sind ähnlich stark, Exzellenz. Plus/minus hunderttausend Jahre.«
    »Wir werden also aus Vergangenheit und Zukunft angegriffen«, sagte El'Kalentar.
    »Handelt es sich um organisierte, koordinierte Aktionen gegen uns?«, fragte Akir Tahlon.
    »Würde Ihnen das Chaos besser gefallen, wenn es das Ergebnis von guter Organisation wäre?«, erwiderte El'Kalentar, und es klang fast spöttisch. Die kupferrote Eidechse in seiner Stirn neigte den Kopf zur Seite und richtete einen abschätzigen Blick auf den Präfekten.
    »Absicht würde bedeuten, dass wir unverzüglich Verteidigungspläne entwickeln und in die Tat umsetzen müssen«, sagte Tahlon, dessen Gedanken und Gefühle sich seit der Begegnung mit El'Kalentar auf Taschka im permanenten Analysemodus bewegten.
    Der Vorsitzende des Direktoriats stand auf. »Was aus den instabilen Wurmlöchern kommt, wird eliminiert. So wollen es die Magister, und so wird es geschehen, mein lieber Tahlon. Aber ich möchte mit eigenen Augen sehen, was genau auf unserer Seite dieses Filigrans erscheint.«
    Akir Tahlon hatte sich ebenfalls erhoben und schaute El'Kalentar ebenso ungläubig an wie Lethender. »Exzellenz? Wollen Sie das Schiff verlassen? Es könnte gefährlich werden! Wenn wieder ein Angriff stattfindet …« Ein Unsterblicher, der mit seinem Leben spielte? Das fand Tahlon unerhört.
    »Oh, ich habe nicht vor, mein Leben aufs Spiel zu setzen«, sagte El'Kalentar, und wieder hatte Tahlon das Gefühl, dass der Unsterbliche seine Gedanken las. »Kommen Sie, Präfekt. Verschaffen wir uns einen direkten Eindruck.«
    »Die Angriffe können nicht koordiniert sein, mein lieber Tahlon«, sagte El'Kalentar, als sie zum Kapselraum des Filigranports gingen. »Die Wurmlöcher sind auf der anderen Seite ebenso instabil geworden wie auf dieser. Stellen Sie sich einen unter Druck stehenden Schlauch vor, dessen Ende hin und her zuckt. Das geschieht mit dem anderen Ende der Wurmlöcher: Sie zucken hin und her, durch Raum und Zeit.«
    Eine Magisterdrohne begleitete El'Kalentar und Tahlon in den Kapselraum: ein anderthalb Meter langer und vierzig Zentimeter dicker Konus, der auf unsichtbaren Gravpolstern ruhte. Mit einem

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