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Kinder der Ewigkeit

Kinder der Ewigkeit

Titel: Kinder der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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stand auf und ging langsam am runden Tisch entlang. Das Licht einer mobilen Lampe folgte ihr, und in ihrem Schein wirkte der rote und orangefarbene Haarturm auf ihrem Kopf wie eine erstarrte Flamme. »Sie ist so ernst, dass wir auf rhetorische Effekthaschereien verzichten sollten. Ich glaube, wir sind uns einig, dass den Präfekten und Hochkommissar keine Schuld trifft.«
    Zustimmendes Gemurmel kam von den anderen Direktoren.
    »Ich schlage vor, dass wir Akir Tahlon hiermit zum Chefermittler ernennen«, fuhr El'Farah fort. »Seine Kompetenz hat er oft genug unter Beweis gestellt, und ich bin sicher, dass es ihm gelingen wird, den Mörder zu finden und die Hintergründe dieses abscheulichen Verbrechens zu erhellen. Habe ich Ihre Zustimmung, El'Coradi?«
    Der Mann mit dem faltigen Gesicht und dem grauweißen Zopf stand ebenfalls auf und neigte kurz den Kopf. »Ich verweigere sie Ihnen nicht, El'Farah.«
    »Habe ich auch die Zustimmung der übrigen Direktoren?«, fragte El'Farah, ohne stehen zu bleiben. Mit langsamen Schritten, die ihrer Bewegung etwas Gleitendes gaben, ging sie um den Tisch.
    Tahlon glaubte, ein subtiles Machtspiel zu beobachten, dessen Regeln er nicht ganz verstand. El'Farah und El'Coradi schienen zu neuen Antagonisten im Direktoriat geworden zu sein, und er beschloss, mehr darüber herauszufinden, sobald sich ihm Gelegenheit bot.
    Die Drohne schwebte auf der anderen Seite des Tisches, ein in die Länge gezogener silberner Tropfen, der vermutlich mit beiden Magistern im Granville-System in Verbindung stand.
    Die Direktoren erhoben sich, gaben ihre Zustimmung und nahmen wieder Platz. Als sich der letzte von ihnen setzte, nachdem er der Erlauchten beigepflichtet hatte, erreichte El'Farah Tahlon, blieb stehen und legte ihm die Hand auf die Schulter. Alles schien perfekt inszeniert zu sein.
    »Das Direktoriat ernennt Sie hiermit zum Chefermittler und beauftragt Sie, den Mord an unserem geschätzten Freund und Kollegen El'Kalentar aufzuklären. Stellen Sie alle Fragen, die Sie für nötig halten, Akir Tahlon, und finden Sie die richtigen Antworten darauf. Wir stellen Ihnen für diese Aufgabe alle Ressourcen zur Verfügung, die Sie brauchen. Sagen Sie uns, was Sie benötigen – Sie bekommen es.«
    Die Hand löste sich von seiner Schulter, und die gut dreitausend Jahre alte El'Farah ging einige Schritte weiter. Dann blieb sie erneut stehen, neben einem quantenverschränkten Lokalavatar, und sah ihn noch einmal an. »Wie viele Meriten fehlen Ihnen, Präfekt?«
    Tahlon brauchte nicht zu überlegen. »Fünftausend.«
    El'Farah lächelte. »Wenn Sie erfolgreich sind und alles aufklären, so bekommen Sie von diesem Direktoriat fünftausend Meriten, Präfekt. Damit ist Ihnen der letzte Aufstieg möglich.«
    Unsterblichkeit, dachte Tahlon.
    »Die Lage ist ernst, Sie haben recht, El'Farah«, sagte El'Coradi, der noch immer stand. »Und damit meine ich nicht nur die Ungeheuerlichkeit der Ermordung eines Unsterblichen. Sie alle kennen die letzten Berichte: Die Probleme mit den Filigranen könnten zu einer gefährlichen Destabilisierung der Infrastruktur des Direktoriats führen.«
    Nicht nur der Infrastruktur, dachte Akir Tahlon und erinnerte sich an das Gespräch mit El'Kalentar auf Taschka. Vor dem inneren Auge sah er noch einmal den Steingarten, glaubte den kleinen schwarzen Stein mit den beiden weißen Linien in seiner Hand zu spüren.
    Dann verdrängte ein Gedanke, heiß und intensiv, alles andere. Ewiges Leben!
    »Die Tausend Tiefen und Einundzwanzig Hohen Welten brauchen mehr als jemals zuvor ein handlungsfähiges Direktoriat, das alle notwendigen Entscheidungen trifft und schnell die erforderlichen Maßnahmen ergreift. Das dürfte auch im Interesse der Magister sein«, sagte El'Coradi und wandte sich kurz der Drohne zu, von der ein dumpfes Brummen kam. Es erklangen keine Worte, aber in den Displayfeldern erschien ein Symbol der Zustimmung. »Wir brauchen einen neuen Vorsitzenden.«
    Tahlon hörte die Worte, sah die Gesichter und dachte: Wer von diesen Unsterblichen profitiert am meisten von El'Kalentars Tod?
    Es war ein unangenehmer, gefährlicher Gedanke, und Tahlon versuchte, ihn zu vertreiben, doch er krallte sich in einem Winkel seines Bewusstseins fest.
    »Wir brauchen einen neuen Vorsitzenden«, wiederholten murmelnde Stimmen, und Tahlon bemerkte das Flirren individueller Akustikfelder, als sich einzelne Direktoren miteinander berieten.
    »Ich schlage Sie vor, El'Coradi«, sagte ein

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