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Kinder der Ewigkeit

Kinder der Ewigkeit

Titel: Kinder der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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Bedeutung größtenteils verborgen.
    »Manuelle Kontrolle ist gefährlich, wenn Sie krank sind. Die Prinzipalin bietet Ihnen einen programmierten automatischen Transit an. Bitte nennen Sie Ihr Ziel und hinterlassen Sie Ihre persönlichen Daten. Die Aggregation wird Ihnen …«
    Esebian ächzte und stöhnte so überzeugend, dass Leandra ihm einen besorgten Blick zuwarf. Das Ziel wollte er erst nennen, wenn das Beiboot keine Verbindung mehr zum Mutterschiff hatte. »Es geht mir schlechter. Übernehme manuelle Kontrolle jetzt .« Sein Zeigefinger durchbohrte einen Initiator, der groß und violett über einem Displayfeld schwebte. »Ich muss … so schnell wie möglich … in den Filigrantransit.«
    »Wir nähern uns dem Belidor-System und werden langsamer«, sagte der Artikulator. »Geplantes Ende der Phase: eine Stunde. Die Prinzipalin schickt Ihnen einen Biomechaniker und lässt fragen, ob sich unter den menschlichen Passagieren jemand mit den nötigen medizinischen Kenntnissen befindet.«
    »Negativ«, sagte Esebian und dachte: vierzig Minuten. Genug Zeit für die Enha-Entalen, einzugreifen und den Start des Beiboots zu verhindern. »Mein Filigrantransit muss so schnell wie möglich erfolgen. Der Zeitfaktor ist wesentlich. Beginne mit dem Ausschleusen.« Er dachte an die drohende Apoptose in seinem Innern, an den Selbstmord seiner aus dem Gleichgewicht geratenen Zellen, provozierte auf diese Weise emotionale Reaktionen, die sich messen ließen. Mit einem gesteuerten mentalen Modus wäre alles viel einfacher gewesen.
    Wieder stachen seine Finger in leuchtende Symbole, und das Summen der Barke wurde lauter.
    »Biometrische Daten sind empfangen und registriert«, ertönte es aus dem Artikulator. »Ausschleusen positiv. Die Prinzipalin ändert den Kurs und bringt das Schiff direkt zum Filigran. Bitte nennen Sie das Transitziel, Kandidat.«
    »Mein Transitziel ist …« Esebian ächzte erneut und streckte gleichzeitig die Hand nach den Startkontrollen aus. Über der Barke schoben sich Deckensegmente auseinander, und in der Öffnung lag ein vager türkisfarbener Schleier: ein energetischer Schild, für massive Objekte mit einer gewissen kinetischen Energie durchlässig, nicht aber für die Atmosphäre.
    Im Heck des Beiboots surrte es, und plötzlich befand sich die Barke außerhalb des Transporters, der noch immer mit Überlichtgeschwindigkeit flog. Eine Nabelschnur aus goldgelb schimmernder Energie verband sie mit dem Gravitationskatapult im Hangar und verhinderte, dass sie durchs Phasenfeld trieb und ohne Übergangsabsorption auf Unterlichtgeschwindigkeit fiel – die Konsequenzen für das Beiboot und alles in seinem Innern wären verheerend gewesen.
    Es klickte, und der Artikulator übersetzte, aber Esebian achtete nicht auf die an ihn gerichteten Worte. Während er immer wieder schmerzerfüllt stöhnte und versuchte, für die Sensoren und Detektoren die Rolle des Kranken möglichst glaubhaft zu spielen, beobachtete er die Darstellungen der verschiedenen Displayfelder und behielt auch die virtuellen Kontrollen im Auge – sie blieben aktiv.
    Die Energiefäden des Belidor-Filigrans, zum größten Teil blutrot und smaragdgrün, leuchteten über den ockerfarbenen Wolkenbändern eines kalten Gasriesen, den mehr als siebenhundert Millionen Kilometer vom gelben Zentralgestirn des Systems trennten. Im Schatten des Planeten leuchteten sie wie helle Straßen zwischen den Monden und Ringen, und dort, wo das Licht der Sonne sie erreichte, pulsierten sie langsam, blähten sich auf und entwickelten dünne Erweiterungen, die wie Fraktale die Muster des großen Ganzen nachbildeten.
    »Da ist es«, sagte Leandra leise, die neben Esebian in ihrem Sicherheitsnetz saß und sich bisher kaum gerührt hatte. »Wie ein Spinnennetz zwischen den Monden.«
    »Ende des Phasenflugs in einer Minute«, verkündete die Artikulatorstimme. »Bitte nennen Sie das Transitziel …«
    »Richten Sie der Prinzipalin aus, dass ich ihre Hilfe sehr zu schätzen weiß«, sagte Esebian und sprach so, als bereitete ihm jedes einzelne Wort große Mühe. »Die Aggregation erhält diese Barke zurück, sobald ich das Behandlungszentrum erreiche. Ich …« Er ächzte erneut und fragte sich, wie viele Sekunden noch blieben.
    »Phasenflug endet … jetzt. «
    Kaum eine halbe Sekunde später traf Esebians Zeigefinger das Beschleunigungssymbol. Das Summen der beiden Generatorkomponenten über und unter der Pilotenkammer wurde lauter, und das Beiboot sprang fort vom großen

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