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Kinder der Ewigkeit

Kinder der Ewigkeit

Titel: Kinder der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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Barken , sagte Yrthmo.
    Esebian verstand sofort, stand auf und wandte sich vom Sprunggenerator ab. Leandras Blick folgte ihm, und oben zitterten noch immer die Fühler des Enha-Entalen. »Im Zielsystem verlassen wir das Schiff mit einem Beiboot. Wir schleusen uns mit einer Barke aus und fliegen direkt durchs Filigran.«

 
27
     
    Teile des neuen Körpers fielen von ihm ab; andere wurden vom alten aufgenommen, der darunter zum Vorschein kam. Der Vorgang war nicht besonders schmerzhaft, aber er kostete Kraft, und Esebian verbrachte die meiste Zeit im Alkoven, hinter der grauen Wand eines Privatsphärenschirms. Er aß viel, ohne den Masseverlust seines Körpers damit ausgleichen zu können. Die kleine Syntho-Maschine versorgte ihn und Leandra mit allem, was sie brauchten, war aber nicht imstande, medizinische Hilfe zu leisten. Im Verlauf von zwei Wochen verwandelte sich Esebian äußerlich in den Mann, der er vor Camberos Behandlung gewesen war. Der linke Arm schrumpfte ein wenig und wurde dünner, bildete sich aber nicht ganz zurück. Die Erweiterungen, die der Chisnall ihm nicht gestohlen hatte, funktionierten kaum mehr, und gegen Ende der dritten Woche an Bord stellten die zwölf Konverterzellen in seinen Eingeweiden den Dienst ein, was Esebian erneut auf sein einfaches, biologisches Selbst reduzierte. Und damit noch nicht genug. Er spürte eine seltsame Kälte, die sich in ihm auszubreiten begann, ausgehend von den Fingerspitzen und Haarwurzeln, und auch dann nicht aus ihm verschwand, als er seine alte Gestalt zurückgewonnen hatte.
    Die Veränderungen erschreckten Leandra nicht, ganz im Gegenteil – sie sah mit großem Interesse zu, mit der Neugier eines Kinds, das die Häutung eines Reptils beobachtete, oder die Verpuppung eines Insekts. Dafür erschreckte sie etwas anderes, und darauf kam sie einige Tage nach dem Ausflug zum Sprunggenerator zu sprechen.
    »Die Stimmen in deinem Kopf …«, sagte sie. »Ich mag sie nicht. Sie machen mir Angst.«
    Hatte sie Calebs Feindseligkeit gespürt?
    »Es sind meine früheren Leben«, erwiderte Esebian, der im Ruhesessel saß und spürte, wie sich die Haut von ihm löste. Er erklärte Leandra, was es damit auf sich hatte.
    »Sind es alles Mörder wie du?«
    Es war seltsam, dieses Wort aus ihrem Mund zu hören, nicht als Anklage, sondern wie eine neutrale Frage.
    »Ja.«
    »So bist du zum Kandidaten geworden?«
    »Ich wollte damit aufhören«, sagte Esebian, als müsste er sich rechtfertigen. »Ich habe damit aufgehört, vor zwanzig Echtjahren. Aber dann kam er.«
    »Der Mann, der dich gezwungen hat, den Erlauchten zu töten?«
    »Und der versucht hat, anschließend mich umzubringen.«
    »Dafür soll er büßen«, sagte Leandra mit erstaunlich viel Nachdruck.
    »Ja, ich hoffe, dass ich Gelegenheit bekomme, es ihm heimzuzahlen.«
    »Ich helfe dir. Zusammen schaffen wir es. Ich werde nicht zulassen, dass dir etwas geschieht.«
    Ihre Hände waren plötzlich an ihm, obwohl er in seinem gegenwärtigen Zustand bestimmt keinen angenehmen Anblick bot. Erst ihre Hände und dann auch der Rest von ihr. »Nein, ich lasse nicht zu, dass dir etwas passiert«, flüsterte Leandra, während sie sich liebten, oder während sie ihn liebte, und noch leiser fügte sie hinzu: »Du … gehörst … mir.«
    Einen Tag später sagte sie: »Eine von ihnen hasst mich.«
    Esebian war ganz auf den Versuch konzentriert gewesen, die Erweiterungen zu reaktivieren, die ihm noch geblieben waren, um mit ihrer Hilfe der sonderbaren Kälte auf den Grund zu gehen, die sich in ihm ausbreitete. »Einer von ihnen?«
    »Die Stimmen … Sie wollen die Kontrolle übernehmen, und eine von ihnen hasst mich.« Sie stand auf, machte einige Schritte durch den Alkoven und rieb sich die Arme.
    »Er wird dir nichts tun«, sagte Esebian.
    »Er ist der Schlimmste von ihnen, nicht wahr?«
    Der Schlimmste?, dachte Esebian. Bist du der Schlimmste, Caleb? Bin ich genug gewachsen und gereift, um mich von dir zu unterscheiden?
    Ganz tief in ihm raunte es: Was nützt dir deine Reife ohne Unsterblichkeit?
    Die nächsten Tage verbrachte Esebian damit, Pläne zu schmieden. Er schickte Leandra durch das Passagierabteil und die anderen Sektionen des Schiffes, mit dem Auftrag, sich aufmerksam umzusehen und Informationen zu sammeln. Er aß so viel er konnte, ohne seinen Magen-Darm-Trakt zu überfordern, wohl wissend, dass er damit den Masseverlust seines Körpers nicht ausgleichen konnte. Mit einem Beiboot des Transporter ins Filigran des

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