Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kinder der Nacht

Kinder der Nacht

Titel: Kinder der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
Vom Netzwerk:
fragte O'Rourke.
    »Wenn wir auf Vampirjagd gehen, möchte ich etwas im Magen haben«, sagte Lucian. Er lächelte nicht, als er anfing, die Suppe umzurühren.
     
    Die Medizinische Fakultät der Universität war dunkel, abgesehen vom Südflügel, wo ein dösender Wachmann saß. Lucian führte sie durch laubübersäte Gärten zu einer Kellertür. Er machte sich an einem schweren Schlüsselring zu schaffen und schloß eine Tür auf, die nach Kates Meinung besser zu einem gotischen Schloß als zur Medizinischen Fakultät einer Universität gepaßt hätte.
    Der Flur im Keller war schmal, mit zerkratzten Stühlen und Schreibtischen voller Spinnweben vollgestellt und roch nach Rattenkot. Lucian hatte eine Taschenlampe mitgebracht. An einer Stelle schloß er eine Seitentür auf, die quietschend nach innen schwang.
    Wer wartet auf uns? dachte Kate. Sie versuchte, O'Rourkes Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, aber der Priester schien in tiefes Nachdenken versunken zu sein.
    Bei dem Raum schien es sich um ein Lager für uralte medizinische Fachbücher zu handeln - hier konnte Kate Mehltau riechen und den Rattenkot sogar sehen -, aber zusätzlich standen ein Feldbett, eine Leselampe und eine Heizplatte darin. Kate sah neuere amerikanische Taschenbücher, die neben den medizinischen Fachbüchern aufgestellt waren.
    »Haben Sie hier gewohnt?« fragte O'Rourke.
    Lucian nickte. »Die Strigoi haben meine Wohnung verwüstet, die Wohnungen meiner Freunde terrorisiert und ... von meinen Eltern habe ich ja schon erzählt. Aber die Medizinische Fakultät haben sie nur oberflächlich durchsucht.« Er lächelte. »Wenn ich die Vorlesungen besucht hätte ... nun, ein Dutzend meiner ›Freunde‹ und Professoren hätten mich verraten ... aber dieser Flügel des Gebäudes steht nachts leer.« Er machte das Licht aus und führte sie weiter den Flur entlang und dann zwei dunkle Treppenfluchten hinauf.
    Im Labor sagte Kate: »Ich verstehe eines nicht. Haben die Strigoi Macht über Polizei und Grenzschutz? Ist die Polizei auch darin verwickelt?«
    Lucian, der Mikroskop und Ausrüstung gerichtet hatte, hielt inne. »Nein«, sagte er. »Aber in diesem Land ... und in anderen, wie man mir sagte, arbeitet jeder irgendwann einmal für die Strigoi. Sie beherrschen die Herrschenden.«
    Kate konnte kaum glauben, daß es sich bei dem Raum um ein funktionstüchtiges Schulungslabor einer Universität handelte: sie sah eine Gruppe optischer Mikroskope von vor dem Zweiten Weltkrieg, gesprungene Meßkolben, staubige Reagenzgläser, rissige Kachelarbeitsplatten und ramponierte Holzstühle. Es sah aus wie der Alptraum vom Labor einer High-School in einem amerikanischen Getto, Jahre, nachdem diese aufgegeben wurde. Aber Lucian hatte gesagt, daß es sich um das Labor der Medizinischen Fakultät handelte.
    »Also war Ceauşescu ein Strigoi?« fragte O'Rourke.
    Lucian schüttelte den Kopf. »Ceauşescu ... beide Ceauşescus ... waren Instrumente der Strigoi. Sie erhielten ihre Befehle vom Oberhaupt der Familie der Voivoda Strigoi.«
    »Der Dunkle Ratgeber«, sagte O'Rourke.
    Lucian sah stechend auf. »Wo haben Sie diesen Ausdruck gehört?«
    »Demnach gab es einen Dunklen Ratgeber?«
    »O ja«, sagte Lucian. Er stellte einen antiken Autoklaven auf die Arbeitsplatte und steckte den Stecker hinein. »Kate, würden Sie mir ein paar Lanzetten geben?«
    Kate sah sich um und suchte nach sterilen Verpackungen, aber Lucian sagte: »Nein, dort im Waschbecken.«
    In einer gesprungenen emaillierten Bettpfanne lagen mehrere Lanzetten aus Edelstahl. Sie schüttelte den Kopf und gab Lucian die Bettpfanne. Der stellte die Bettpfanne in den Autoklaven, der zu summen anfing.
    »Dieser Test ist nicht wichtig«, sagte sie. »Er beweist gar nichts.«
    »Ich finde doch«, sagte Lucian. Er zog die Jalousien vor den Fenstern herunter und schaltete das Licht über der Mikroskopbank aus. »Außerdem muß ich Ihnen noch etwas zeigen.« Lucian bückte sich vor einem kleinen Kühlschrank und holte eine winzige Phiole heraus. »Standardblutkonserven«, sagte er. Mit einer Pipette bereitete er drei Objektträger mit Blutkonserven vor. Dann nahm er die Lanzetten aus dem Autoklaven und holte Alkohol und Tupfer unter dem Tresen hervor. »Wer macht den Anfang?«
    »Was sollen wir hier sehen?« sagte O'Rourke. »Kleine Vampirthrombozyten, die sich auf unsere Blutzellen stürzen?«
    Lucian drehte sich zu Kate um. »Möchten Sie es ihm erklären?«
    »Als Chandra ... als die Experten im CDC den J-Virus

Weitere Kostenlose Bücher