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Kinder der Nacht

Kinder der Nacht

Titel: Kinder der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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aus.«
    Kate biß sich zaghaft auf die Unterlippe. »Das macht nichts, Tom. Ich finde wieder jemanden. Außerdem wird es im Labor auch wieder ruhiger werden, dann habe ich mehr Zeit für ...«
    Tom schüttelte den Kopf und beugte sich näher zu ihr. »Das habe ich nicht gemeint, Kat. Fehlstart. Ich habe gemeint ... was würdest du sagen, wenn ich wieder eine Weile einziehen würde? Nicht für immer, nur ein paar Wochen oder Monate. Um festzustellen, ob es funktionieren könnte ...« Er verstummte. Jetzt war sein Gesicht röter als die viktorianische Tapete des Restaurants.
    Kate holte tief Luft. Sie wußte, daß ihr und Tom kein Neuanfang bestimmt war. Sie liebte ihn - so oder so hatte sie ihn immer geliebt -, aber sie war auch überzeugt, daß ihre Ehe ein Fehler gewesen war, asynchron, eine Beziehung, die nichts anderes bewirkt hatte, als eine wunderbare Freundschaft zu verderben. Dessen war sie ganz sicher.
    Oder nicht? dachte Kate. Er hat sich verändert. In Gegenwart von Joshua ist er anders. Verdammt, ich habe mich auch verändert. Sie schaute in ihren Kaffee, sah die Sahne darin kreisen und verspürte einen vergleichbaren Strudel von Gefühlen in sich.
    »He«, sagte Tom, »du mußt nicht gleich antworten. Wahrscheinlich ist es eine dumme Idee gewesen. Ich habe nicht von einer Aussöhnung gesprochen, nur von ...« Er verstummte.
    Kate legte ihre Hand auf seine und bemerkte, wie klein und weiß diese neben seiner braunen Pranke wirkte. »Tom«, sagte sie, »ich finde, das ist kein guter Vorschlag, aber ich bin nicht mehr sicher. Ich bin einfach nicht mehr sicher.«
    Er sah sie grinsend an - das jungenhafte, arglose Grinsen, das sie schon schwindlig gemacht hatte, als sie sich zum ersten Mal begegnet waren. »Hör zu, Kat«, sagte er, »denken wir einfach eine Weile darüber nach. Oder noch besser, unterhalten wir uns bei einem Drink darüber. Hast du immer noch diesen Brandy, den die Harrisons letztes Weihnachten aus England geschickt hatten?«
    Sie nickte. »Aber morgen ist ein Arbeitstag ...«
    »Und wieheißtdernochgleich ... dein Freund, der Priester, kommt zu Besuch«, ergänzte Tom lächelnd. »Na gut. Nur einen Schwenker. Vielleicht zwei. Dann fahre ich ganz vorsichtig den Berg hinab zu meinem einsamen kleinen Einzelzimmer. Einverstanden?«
    »Einverstanden«, sagte Kate, die beim Aufstehen schon die Wirkung des Weins verspürte, den sie getrunken hatte. Sie stützte sich mit einem unauffälligen Griff am Tisch ab. »Ich bin betrunken«, sagte sie.
    Tom strich ihr über den Rücken. »Du bist erschöpft, Kat. Seit du aus Rumänien zurückgekommen bist, hast du Achtzig-Stunden-Wochen gehabt. Ich hätte dich heute abend da rausgeschleift, auch wenn ich dir keinen Antrag zu machen gehabt hätte.«
    Sie legte ihm die Hand auf die Wange. »Du bist süß«, sagte sie.
    »Stimmt«, sagte Tom, »darum hast du dich wahrscheinlich von mir scheiden lassen.« Sie gingen gemeinsam zum Landrover.
     
    Kate hatte Tom eine Zugangskarte für das Tor des Geländes gegeben, und die benützte er jetzt, anstatt Julie zu stören, die mit ziemlicher Sicherheit noch an ihrer Dissertation arbeitete. Es war erst neun Uhr, aber sehr dunkel draußen, und die wenigen Sterne, die man durch die Wolken sehen konnte, schienen von kaltem Funkeln erfüllt zu sein.
    »Letzte Woche haben wir die Feier der Herbstsonnenwende versäumt«, sagte Kate leise, als der Landrover die beiden unebenen Fahrspuren entlang schwankte und holperte. Die Sonnenwendfeier war einer von Toms selbsterfundenen Feiertagen, die allesamt als Ulk begonnen hatten, aber im Lauf ihrer gemeinsamen Jahre zu regelrechten Traditionen geworden waren.
    »Es ist noch nicht zu spät zum Feiern«, sagte Tom. »Wir versuchen bloß nicht, Eier auf der Spitze zu balancieren ... Moment mal.«
    Er hielt den Landrover an, bevor sie um die letzte Biegung vor dem Haus kamen, und Kate bemerkte sofort, was er gesehen hatte: sämtliche Lichter in dem Haus waren gelöscht - nicht nur die Innenbeleuchtung, sondern auch das Verandalicht, das Sicherheitslicht der Garage, das Terrassenlicht, alles.
    »Scheiße«, flüsterte Tom.
    Kates Herz schien einen Schlag auszusetzen. »Wir hatten ein paar Stromausfälle diesen Sommer ...«
    Tom fuhr mit dem Landrover im Schrittempo weiter. »Ist dir aufgefallen, ob bei den Bedriges Licht brannte?«
    Kate drehte sich auf dem Sitz herum und sah über die Wiese zum nächsten, eine Viertelmeile entfernt gelegenen Nachbarn.
    »Ich glaube nicht. Aber das hat

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