Kinder des Donners
schroff. »Beweg dich! Du brauchst nichts mitzunehmen. Ich habe alles, was du
brauchst. Und mehr!«
Ein letztes Aufbäumen. »Was bildest du dir eigentlich
ein, zum Teufel? Wer bist du, um mich so herumzukom- mandieren?«
»Ich bilde mir nichts ein. Ich weiß es.«
Es entstand ein elektrisch geladenes Schweigen. Schließlich ergab sich Garth und stand leicht schwan- kend auf den Beinen.
»Na gut. Was immer du dir für mich ausgedacht ha- ben magst, mieser als das Leben hier kann es nicht sein. Ich komme mit!«
Hier ist der Sender TV-Plus. Es folgen die Nachrichten.
Radioaktiver Müll aus Großbritannien, auf dem Weg zur Entsorgung in die Wüste Gobi, wurde angeblich von tibeti- schen Aufständischen geraubt. Hunderte von Flüchtlingen verlassen die Gegend aus Angst vor einer atomaren Verseu- chung. Sowohl die britische als auch die chinesische Regie-
rung bestreiten übereinstimmend, daß irgendeine Gefahr be- steht, doch heute wurde in London ein Spezialist der Terrori-
stenbekämpfung zitiert, der sagte: »Das ist etwas, das wir seit langem befürchtet haben. Wenn man das Zeug auf einen Berg mit der Windrichtung auf eine große Stadt zu deponiert und in die Luft jagt, dann hat man eine Katastrophe, im Vergleich
zu der Tschernobyl und Three Mile Island nichts waren. Mehr darüber in wenigen Minuten.
Der erste Thrower-Kandidat, der sich für die Britische Pa-
triotische Partei für die in der nächsten Woche stattfindenden Kommunalwahlen aufstellen ließ ...
Müde saß Peter neben Ellen und verfolgte die zweiten Abendnachrichten im Fernsehen. Wie immer, betraf das meiste irgendwelche Katastrophen oder die Aktivitäten der Königlichen Familie oder von Kabinettsmitgliedern. Seit neuestem war die obrigkeitshörige BBC dazu über- gegangen, als Vor- und Nachspann ihrer Nachrichten Ausschnitte aus der Nationalhymne zu bringen. Heute hatte die Premierministerin diese Tatsache im Parlament lobend erwähnt, was zu allerlei Kommentaren Anlaß gab.
Ihn interessierte jedoch mehr eine Story mit einem
medizinischen Hintergrund. Im Umkreis von Manche-
ster hatten etliche Leute nach dem Verzehr von tiefge-
frorenen Hähnchen eine Fleischvergiftung erlitten; bis- her waren zwanzig Todesopfer zu beklagen, und mehr als hundert Menschen schwebten in Lebensgefahr. Jetzt hatte sich eine Gruppe radikaler Vegetarier dazu be- kannt, die Hähnchen vergiftet zu haben, und drohte mit
einer Wiederholung.
Der Name, den sie sich gegeben hatten, lautete »Hit- lerjugend«.
»Hitler war Vegetarier, oder nicht?« sagte Ellen.
Verblüfft darüber, daß sie über etwas so Merkwürdi- ges Bescheid wußte, tat er sein möglichstes, um ihr im gleichen ruhigen Ton zu antworten.
»Ja, und außerdem Abstinenzler. Aber er war deswe-
gen keineswegs gegen Sucht gefeit. Abgesehen von den Medikamenten, mit denen sein Arzt ihn und die mei- sten Menschen in seiner Umgebung versorgte, war er Schokoholiker. Er ...«
Das Telefon klingelte, und mit einem ärgerlichen Brummen stand er auf, um dranzugehen. In dem Mo- ment, als er den Hörer abnahm, läutete die Türglocke.
»Ich gehe hin«, seufzte Ellen und drehte den Ton des Fernsehers ab.
»Sieh zuerst in den Monitor!« rief Peter ihr nach,
doch sie tat seine Warnung mit einer Handbewegung ab.
»Ist schon in Ordnung — ich habe bereits durchs Fen- ster gesehen, daß es nur Claudia ist.«
Und so war es. Er hörte, wie sie Ellen im Flur begrüß- te, während er ins Telefon sprach: »Levin!«
»Hier ist Bernie.«
Sofort war er ganz Ohr. Er entrang sich kaum ein Lä- cheln, als Claudia eintrat und sich setzte.
»Ja? Was haben Sie für uns?«
»Ein paar gute Neuigkeiten, ein paar schlechte. Kön- nen wir uns treffen?«
Peter zögerte. »Wissen Sie, meine Partnerin ist in die- sem Moment gekommen.«
»Dann komme ich zu Ihnen. So schnell ich kann.«
»Okay.«
Obwohl er das nicht für eine allzu gute Idee hielt...
Ellen, in ihrer Rolle als Gastgeberin, brachte Claudia ih- ren üblichen Whiskey on the Rocks mit einem Spritzer
Wasser. Während sie den Drink mit einem knappen Danke entgegennahm, fragte sie, wer angerufen habe.
»Bernie. Er kommt her.«
Sofort war ihre Aufmerksamkeit voll erweckt. »Hat er etwas Neues für uns?«
»Etwas Gutes und etwas Schlechtes, sagt er. Was gibt es bei dir Neues?«
Claudia zögerte einen Moment lang, bevor sie ant- wortete. Als ob sie einen Hinweis bekommen hätte, er- hob sich Ellen und murmelte: »Entschuldigt mich.«
»Ich wollte dich nicht
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