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Kinder des Donners

Kinder des Donners

Titel: Kinder des Donners Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Brunner
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gen und sie praktisch einen Erwerbszweig daraus ge-
macht haben, daß sie ständig ihre heiligsten Gefühle
verletzen lassen.
    Gerade habe ich noch behauptet, die Bauerndeppen können nicht zu uns hereinkommen, sondern uns nur vom anderen Ufer aus angaffen. Aber das stimmt nicht ganz. Einer von denen hat es geschafft.
    Es war genau in der Mitte zwischen zwei Menstrua-
tionsperioden. Ich habe früh damit angefangen, wie of- fenbar meine Mutter auch. Zum Glück mache ich vor dem Einsetzen der Blutung keine schlimmen Tag durch — keine prämenstruale Krise oder wie das heißt —, doch gegen Mitte des Zyklus werde ich immer unglaub- lich niedergeschlagen. Ich war also in einer ganz be- schissenen Stimmung, obwohl herrliches, sonniges Wetter herrschte, und ich ging ganz allein mit ein paar Büchern, die ich zu Ende lesen wollte, hinunter zum
Fluß. Es war so heiß, daß ich mich ausziehen mußte, und dann schwitzte ich immer noch und ging ins Was- ser, um kurz unterzutauchen. Ich bemerkte auf der an-
deren Seite eine Gruppe von Einheimischen, aber ich
scherte mich keinen Deut um sie. Ich habe schon seit vielen Jahren nicht mehr mitgezählt, wieviele Menschen
mich nackt gesehen haben. Und dann ... na ja, ich glau- be einer von denen hat sich vor den anderen damit ge-
    brüstet, daß er zu mir rüberkommen könnte, denn er zog sich aus — nicht ganz, die Unterhose behielt er an —, sprang ins Wasser und schwamm auf die Palisade zu. Sie ist oben auf eine Weise gebogen, die es unmög-
lich machen soll, daß man rüberklettert, und das Wasser
ist an dieser Stelle am tiefsten, so daß man nicht mehr
stehen kann. Wenn man versucht, sein ganzes Gewicht nur auf Zehen und Finger zu verlagern, während man sich hochhievt, muß das schrecklich weh tun. Als ob man über Stacheldraht klettert, verstehen Sie?
    Später erfuhr ich, daß eben dieser Einheimische, der
übrigens neunzehn war, gerade eine Spezial-Wehraus-
bildung hinter sich hatte, von der behauptet wurde, daß sie die härteste in der ganzen NATO sei. Bevor ich wuß- te, wie mir geschah, war er neben mir, während seine Kumpel drüben auf der anderen Seite klatschten und ihm zujubelten.
    »Das hast du nicht für möglich gehalten, daß ich das schaffen würde, was?« sagte er, während er mit den Fü- ßen nach dem Grund tastete und sich durchs Wasser auf mich zuschob. »Nur weil das bisher noch keiner ge- macht hat! Also, ich glaube, dafür habe ich einen Kuß
verdient, meinst du nicht? Und vielleicht noch ein biß- chen mehr als nur einen Kuß!«
    Ich konnte es überhaupt nicht fassen. Ich dachte, ich werde ohnmächtig. Ich meine, man sagt im allgemei- nen, ich sei für mein Alter ganz gut entwickelt, aber das heißt nicht, daß ich es mit einem Schrank wie dem da hätte aufnehmen können, einem Kerl, dem aus den Muskeln noch mal Muskeln quollen. Ich sehe immer noch sein Grinsen vor mir. Er hatte einen Sonnenbrand, so daß auf seinen Backen rote Flecken waren, und er hatte so gut wie keine Haare. Auf dem Kopf, meine ich. Seine Brust war wie ein ekelhafter Schuhabstreifer, und weiter unten ... nun ja, das Wort Dickicht ist untertrieben!
    Die Vorstellung, geküßt zu werden, störte mich nicht
so sehr. Ich muß das klarstellen. Ich meine, das wird an
    meiner Schule häufig gemacht. Das ist doch ganz natür- lich, nicht? Und auch noch andere Sachen als Küssen.
Aber wir werden gründlich aufgeklärt über Schwanger-
schaft und AIDS und all solche Sachen, und überhaupt,
es ist nicht viel dabei, höchstens vielleicht bei den älte-
ren Jungen und Mädchen. Einer meiner Lieblingslehrer hat mir ein Buch von so einem Typ gezeigt — ich glau- be, von einem Amerikaner, obwohl er einen deutschen Namen hat, Bet-nochwas, kann das sein? —, und der hat herausgefunden, daß die gleiche Situation bei den Kindern in israelischen Kibbutzim besteht, die, weil sie so zwanglos miteinander aufwachsen, wie Brüder und Schwestern miteinander umgehen. Ich kenne viele Brü- der und Schwestern, die was miteinander machen, aber...
    Also hören Sie, dies soll keine Rechtfertigung für die
Zustände in Mappleby sein, okay? Ich habe versucht zu erklären, was mir Angst machte. Es war die Art, wie er
es als naturgegeben hinnahm, daß ich, nur weil er be- wiesen hatte, ein Großer Starker Mann zu sein, mich sofort hinlegen und die Beine breit machen würde. Ver- zeihen Sie meine rohe Ausdrucksweise, aber sie ist nicht halb so roh wie das, was man in deutlicher Spra- che auf seinem Gesicht lesen

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