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Kinder des Donners

Kinder des Donners

Titel: Kinder des Donners Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Brunner
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ent- sprechenden Industriefirmen, und darüber hinaus ein Genie im Kassieren von Provision. Zugegeben, während
     
    seiner letzten paar Monate in Großbritannien waren ge- wisse Schatten auf ihn gefallen, er war in den Verdacht geraten, Gelder, die seinen Kunden gehörten, für eigene
Zwecke abzuzweigen ... Doch man hatte ihm nie etwas beweisen können, und er hatte das einzig Richtige ge- tan, indem er mit Pauken und Trompeten nach Kalifor- nien abgedampft war mit der Erklärung, daß er zur Emigration gezwungen sei, weil die Dummköpfe, die zu Hause das Sagen hatten, kein Verständnis für moderne Geschäftsmethoden aufbrachten.
    Und daran war durchaus etwas Wahres, nach Peters
Meinung. Wenn einer der großen Industriebetriebe in
Großbritannien so ungeschickt wie die Regierung ge- führt würde, wäre er innerhalb weniger Monate bank- rott ...
    Nur halb beachtet im Hintergrund, doch laut genug,
daß der Ton eine Ablenkung darstellte, berichtete der Fernsehapparat von den Ereignissen in Chicago, wo die Flutkatastrophe Tausende von Menschen aus ihren Häusern vertrieb. Ärgerlich bediente er die Fernschal-
tung und ließ die Bilder schweigend ablaufen, während er den Grund herauszufinden versuchte, warum der Code für Shaytronix nicht mehr galt.
    Doch nachdem er noch mal die richtige Zahlenkombi- nation eingegeben hatte, erschien auf dem Bildschirm: kein zugriff über normalnetz. Eine solche Mitteilung hatte Peter noch nie erhalten. Er lehnte sich mit ge- furchter Stirn zurück und nahm einen Schluck Whiskey.
Doch als er gerade den Finger ausstrecken wollte, um es noch einmal zu probieren, dämmerte ihm etwas, und er drehte sich unwillig zum Fernseher um.
    Inzwischen war der Bericht über Chicago vorbei, und
es wurden Bilder von brasilianischen Flüchtlingen ge- zeigt, jener Indianer, die nach Angaben der Regierung des Landes in Grand Carajas nicht existierten; mit Bäu- chen, die unter einer Kruste von festgebackenem rot- gelbem Staub durch die Pellagra-Krankheit aufgedun-
    sen waren, zu apathisch, um auch nur die Fliegen weg- zuwischen, die sich auf. ihren Augen niederließen, um
die Flüssigkeit herauszusaugen.
    Ach du Schande, nicht schon wieder Zoff in Südamerika!
    Doch das wenige, das er zuvor mit einem Blick gese- hen hatte, reichte, um ihn an etwas zu erinnern, das er zwar wußte, das ihm jedoch entfallen war. Die Schalt-
zentrale für das Bildschirmpost-Netz, dem er in Ameri- ka angeschlossen war, war im Rechner der Universität von Chicago ...
    Zu den Dingen, mit denen er sich anläßlich seines Umzugs aus seiner alten Wohnung verwöhnt hatte, ge-
hörte ein Aufnahmegerät mit Zeitverschieber, das die vorgewählten Sendungen von sechzehn Fernsehkanä- len auf einem Endlos-Schlaufenband mitschnitt, so daß
er alles, was innerhalb von vierundzwanzig Stunden an Interessantem gebracht wurde, nach und nach sehen
konnte; anschließend wurden die Aufzeichnungen ge-
löscht. Jetzt brauchte er diesen Bericht über Chicago, und zwar schnell!
    Ein paar von Verwünschungen erfüllte Minuten spä- ter hatte er die Bedienungsanleitung enträtselt und be- kam genau das zu sehen, was er befürchtet hatte. Es
war nichts Neues, daß der Wasserpegel der Großen Seen wieder auf den Stand wie vor der Gründung der Stadt anstieg, doch jetzt kam noch hinzu, daß ein Wind aus Norden Wasser über die Uferanlagen und in Keller,
Untergeschosse, Tiefgaragen trieb — es gab Aufnahmen
von überschwemmten Autos. Einige, die bei geschlosse- nen Fenstern besonders luftdicht waren, trudelten noch eine Zeitlang auf der Wasseroberfläche herum, doch dann — vielleicht mit dem Auspuff als Einlaß — wur- den sie von den Fluten besiegt und versanken gluckernd zwischen blubbernden Blasen.
    Peter war einmal in Chicago gewesen. Er wußte, wo die Computer untergebracht waren, die als Relaisstation für die Nachrichtenübermittlung dienten — sie waren
    zu einer wertvollen Einnahmequelle für die Universität
geworden, nachdem die Mittel aus dem Bundeshaushalt nur noch spärlich flossen. Sie befanden sich in Betonge-
wölben unter der Erde, die durch ihre Bauweise Terrori- sten abhalten sollten.
    Wasser hielt diese Bauweise jedoch wahrscheinlich nicht ab.
    Zum erstenmal seit seinem späten Teenageralter, als er aufgehört hatte, sich über einen Atomkrieg Sorgen zu machen, aus dem allgemein überzeugenden Grund, weil er bis dahin noch nicht stattgefunden hatte, über- kam ihn ein Gefühl für die Anfälligkeit der Zivilisation.
Chicago

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