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Kinder des Donners

Kinder des Donners

Titel: Kinder des Donners Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Brunner
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sie küßte.
    »Du siehst also, daß du dir um mich keine Sorgen zu machen brauchst. Egal, was das englische Gesetz be- stimmt, ich brauche keine Schule mehr, was meinst du?«
    »Ich ... nein, ich glaube nicht.« Gladys fuhr sich mit
der Hand in den Halsausschnitt, als ob dieser plötzlich unangenehm eng geworden wäre, unternahm jedoch keinerlei Anstrengung, die andere Hand freizubekommen.
    »Ist das nicht der Teil deiner Arbeit, der dir am mei- sten zuwider ist?«
    »Ehrlich gesagt...« Plötzlich entspannte sie sich und lächelte. Ihr Gesicht, das ziemlich eckig und flach war, machte eine merkwürdige Verwandlung durch. »Ja, es ist mir zuwider, Leute anzuzeigen, weil sie ihre Kinder vernachlässigen. Wie bist du darauf gekommen?«
    David umging eine Antwort. Statt dessen entgegnete
er: »Und hast du den Eindruck, daß ich vernachlässigt werde?«
    »Ach du liebe Güte! Wie du redest, die ganze Umge- bung hier ...« Eine hilflose Geste, die aussah, als wollte
sie eine Handvoll Luft packen und eine Bedeutung dar- aus formen. »Natürlich nicht! Es war einfach so, daß der Name deiner Familie in unserem Hauptcomputer auf- tauchte, und deshalb ...«
    »Was ist das übrigens für ein Computer?« hakte Da- vid ein. Inzwischen war er vom Streicheln ihrer Hand und des Handgelenks dazu übergegangen, ihren Nak- ken zu liebkosen.
    »Der des Kultusministeriums.«
    Aha! Wie lautet doch der altbekannte Spruch der Jesuiten? Überlaß mir ein Kind, bevor es sieben Jahre alt ist, und da- nach kannst du mit ihm machen, was du willst.
    Nach dieser Maxime handelte die gegenwärtige briti- sche Regierung ebenso eigennützig wie das Franco-Re- gime während seines Gastspiels in Spanien, als auch diese ehemals große Nation dem Verlust seines Kolo- nialreiches nachtrauerte. In den nächsten Tagen, wenn er einmal Zeit dazu fände, so hatte David vor, würde er diese Parallele einmal genauer analysieren, um zu se-
hen, ob sie so stichhaltig war, wie er dachte.
    Heute jedoch nicht.
    Gladys stand auf, wenn auch sichtlich zögernd, nach- dem sie ihrem Computer eine Information eingegeben
hatte, und sagte: »Nun möchte ich dich aber nicht län- ger aufhalten. Offensichtlich handelt es sich hier um ei- nen Irrtum. Deine Eltern haben bestimmt die Absicht, dich auf eine Privatschule zu schicken, nicht wahr?
    Manchmal dauert es ziemlich lange, bis solche Daten den Weg in unsere Speicher finden.«
    Das haut ja mal wieder hin. Klar! Je reicher du bist, desto besser kannst du Big Brother austricksen!
    Aber da sie nun schon mal da war, konnte sie etwas
für ihn tun. David sah auf die Uhr und stellte fest, daß er Harry und Alice in frühestens einer Stunde von Lon- don zurückerwarten mußte.
    »Was hältst du davon, mir einen zu blasen, bevor du gehst?« fragte er mit seinem süßesten Lächeln und in ei- nem überaus einschmeichelnden Ton.
    »Na ja, normalerweise gehört das nicht...«
    »Du magst mich doch, oder?«
    »Ja. Ja, das tue ich wirklich. Auch wenn ich nicht weiß, warum.« Sie schwitzte und zitterte, ein Beweis dafür, daß sein Zauber auf sie ebenso gewirkt hatte wie auf Bethsaida.
    »Und du tust es. Ich verlange doch nicht allzuviel, oder?«
    »Nein, oh... in Ordnung.« Schwungvoll schob sie sich den Computer auf den Rücken und ließ sich auf die Knie nieder, während er seinen Reißverschluß aufzog, und dann sagte sie mit einem entschuldigenden Blick: »Ich ... hm ... ich habe kein AIDS-Zertifikat, weißt du.«
    »Ich habe eins.«
    »In deinem Alter?«
    »Ich habe in Kalifornien gelebt, wenn du dich erin-
nerst.«
    »Ach so, ja.«
    Sie war nicht sehr geschickt. Er ertappte sich dabei, wie er sich überlegte, ob Alice wohl gut darin war; als
nächstes ging ihm der Gedanke durch den Kopf, ob es ratsam sei, die Leute, die er finden wollte, per Anzeige zu suchen; und dann ...
    Endlich kam er, und er dankte ihr. Es war durchaus vorstellbar, daß sie sich eines Tages als nützlich erwei- sen könnte.
    Hier ist der Sender TV-Plus. Es folgen die Nachrichten.
    Bei einer außerplanmäßig einberufenen Dringlichkeitskon- ferenz des Europaparlaments, bei der es um die Beratung über eine rasche Abhilfe gegen das katastrophale Baumsterben in Nordeuropa ging, legte Großbritannien erneut ein Veto gegen
den Versuch ein, die Belastung der Atmosphäre zu verringern: als Begründung wurden die damit verbundenen Kosten ge-
nannt. Ein Sprecher der Grünen aus der Bundesrepublik Deutschland schlug vor, daß bei jedem Fernsehwetterbericht auch die

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