Kinder des Feuers
meine Bitte hin nicht geweigert, für Richards Seelenheil zu beten.«
»Obwohl er ihn für einen Bastard hält, der nicht würdig ist, dereinst seines Vaters Reich zu erben.«
Die Worte schienen die Frau nicht zu treffen, ihr Blick blieb freundlich, als sie nun näher an Mathilda herantrat. »Ich bin Sprota.«
Gerloc und Sprota.
Mathilda konnte mit beiden Namen nichts anfangen. Als Sprota die Hand hob und ihr vorsichtig über die Schultern strich, wich sie zurück und duckte sich unwillkürlich. Alsbald war sie dann aber doch zu neugierig, um nicht wieder den Kopf zu heben und die beiden genauer in Augenschein zu nehmen. Sprota trug ein schlichtes Leinenkleid und eine ärmellose Weste darüber, die mit zwei Bändern – an ovalen Metallbeschlägen auf der Brust befestigt – geschlossen wurde.
Gerloc hingegen wirkte ungleich eleganter. Sie trug einen Gürtel mit vergoldeten Schnallen, eine auffällige Brosche in der Form eines Kleeblatts und funkelnde Ketten und Armreifen. Vor allem aber war ihre Kleidung schamloser – die ärmellose Tunika ließ ihre Oberarme nackt. Mathilda hatte einmal mit Maura darüber getuschelt, dass sich Frauen außerhalb des Klosters freizügiger und bunter kleideten als Nonnen, die sich mit ihren grauen oder schwarzen Kutten aus derbem Stoff begnügten. Aber nackte Arme konnten Gott auch an einer nicht gefallen, die ihr Leben nicht vollends dem Dienst an ihn geweiht hatte. Und was Maura und sie in ihrer bloßen Vorstellung höchst fasziniert hatte, war nun, da Mathilda diese leicht bekleidete Frau leibhaftig vor sich sah, nur mehr abstoßend.
»Wo bin ich hier?«, fragte sie.
Gerloc lachte auf, Sprotas Blick hingegen wurde mitleidig.
»Du musst ganz durcheinander sein nach dem, was du erlebt hast, oder? Aber ich verspreche dir, wie ich es auch Bruder Dadon versprochen habe, dass du hier zur Ruhe kommen kannst. Selbstverständlich helfe ich einer Landsfrau.«
»Ich bin keine …«, setzte Mathilda an, brach dann aber ab. Sie wusste nicht, wer sie war oder nicht. Sie wusste nur, dass sie fror, obwohl ihre Arme anders als die von Gerloc verhüllt waren. Und dass sie hungrig war – und deshalb dankbar sein sollte, dass sich irgendjemand ihrer annahm.
Sprota deutete auf das große Haus hinter sich. »Hier lebt Graf Wilhelm, wenn er in Fécamp weilt. Für gewöhnlich hält er sich in der Hauptstadt Rouen auf, einst habe auch ich dort gelebt. Aber hier ist es sicherer für uns. Ich bin die Mutter seines Sohnes Richard.«
Mathilda riss die Augen auf. Gerloc sah mit ihren nackten Armen aus wie eine Sünderin, aber sie hätte nicht erwartet, dass auch die Frau mit den warmen Augen eine war. Dass sie sich als Mutter seines Sohnes vorstellte, bedeutete, dass sie Wilhelms Konkubine war.
Während Mathilda errötete, schien sich Sprota keineswegs dafür zu schämen. Stolz wirkte vielmehr ihr Blick, als sie in jene Richtung wies, wo Mathilda zuvor einen Schmied hatte werken sehen. Ein kleiner, etwas pummliger Knabe mit braunen Locken tobte vor der Werkstatt umher. In seinen Händen hielt er ein Holzschwert und hieb damit – halb im Spaß, halb im Ernst – auf einen älteren Mann ein, der geschickt auswich. An dessen Gürtel hing ein Schwert aus Eisen, das für den Kleinen noch zu schwer war.
»Das ist Richard«, sagte Sprota, »unser Sohn.«
»Und ich«, stellte sich nun auch Gerloc vor, »bin die Schwester des Grafen.«
Anders als ihre freizügige Kleidung verhieß dieser Stand keine Schande, doch Mathilda dachte erschaudernd, dass Wilhelms Schwester zu sein zugleich bedeutete, dass sie einst als Tochter von Rollo geboren wurde, und der war, anders als sein Sohn, im Herzen stets ein Heide geblieben.
Mathilda fühlte den Hunger nicht mehr und nicht die Kälte. Sie wollte nur weg – von den beiden Frauen, dem braunhaarigen Knaben, den vielen Kriegern.
»Ich kann hier nicht bleiben«, verkündete sie störrisch und schlang ihre Arme fest um den Leib. »Ich will in ein Kloster gehen. Ich bin auch nicht wirklich Bretonin. Mein Leben lang war ich von Franken umgeben.«
Gerloc zog spöttisch die Augenbrauen hoch. »Und was bin ich? Mein Großvater, der Vater meiner Mutter Popa, war niemand Geringerer als Berengar von Bayeux, enger Freund von Robert, dem Bruder König Odos.«
Mathilda konnte mit den Namen nichts anfangen.
»Ich bin also adliger Herkunft«, fuhr Gerloc fort, »kannst du dasselbe auch von dir behaupten?«
Ihr Spott war gutmütig, nicht beißend, aber dennoch fühlte sich
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