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Kinder des Feuers

Kinder des Feuers

Titel: Kinder des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kröhn
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nicht wahr?«
    »Er wird seinen Frieden finden. Und du auch.«
    Mathilda war sich dessen nicht so sicher. Als Sprota die Hände um ihre Schultern legte, hätte sie sich am liebsten losgerissen und wäre hinausgestürmt, um laut Arvids Namen zu rufen. Aber dann musterte sie Sprotas Gesicht, das der Schmerz verändert hatte. Sie war immer eine hübsche Frau gewesen, aber niemals schön wie jetzt, niemals so weich, niemals so verletzlich.
    Mathilda erstarrte unter ihren Händen und ahnte, wovor die andere sie bewahren wollte. Ihr fiel nichts Besseres zu sagen ein, als das, was sie zu Gerloc gesagt hatte.
    »Ich werde im Kloster für dich beten.«
    Johan war sofort bereit, sie zu begleiten.
    In all den Jahren hatte er darauf gewartet, dass sie wie einst eine Bitte an ihn richten würde. In all den Jahren hatte er sich immer deutlicher ausgemalt, wie er mit Mathilda leben würde – reicher als seine Eltern, satter und glücklicher, mit einem vertrauten Menschen an seiner Seite, der Tag für Tag sein Leben teilte in dem fremden Land, aus dem endgültig eine Heimat wurde.
    Er hatte nicht genau verstanden, was dem entgegenstand und warum sie ihn seit jenem überstürzten Ritt nach Bayeux mied. Doch er hatte sich abgefunden, dass schwer zu begreifen war, was eine Frau wie sie antrieb, und entschieden, sich von der Ungewissheit die eigenen Ziele nicht madig machen zu lassen. Nun zeigte sich, dass sich Geduld und Warten lohnten: Sprota würde Esperlenq heiraten und Gerloc, so ging das Gerücht, hatte Mathilda eine reiche Mitgift überlassen. Dass diese ihn nun um Geleit bat, konnte nur bedeuten, dass sie sich ihn als Mann erkoren hatte, jedoch keine andere Möglichkeit wusste, um ihn zu werben.
    Damals, bei der Hochzeit in Rouen, war sie noch nicht bereit für ihn gewesen – jetzt war sie es. Damals hatte dieser Mönch zwischen ihnen gestanden – jetzt hatte sie eingesehen, dass auf dieser Welt am besten zurechtkam, wer Schwarz von Weiß unterschied und den Krieger strikt vom Gottesmann. Der eine bot einer Frau wie ihr eine Zukunft, der andere nicht.
    »Selbstverständlich gehe ich mit dir!«, rief er übereifrig. Am liebsten wollte er noch am selben Tag aufbrechen, egal wohin. Sie sagte nichts über ihr Reiseziel, verschob den Aufbruch lediglich auf den Sonnenaufgang des nächsten Tages. So blieb ihm eine ganze Nacht, sich auszumalen, wie sie vor ihm auf dem Pferd sitzen und er sie halten würde.
    Am nächsten Tag stand im Hof der Burg jedoch ein Gefährt, in dem sie zu reisen beabsichtigte – und in jenem Gefährt saßen, was noch schlimmer war, zwei Mönche.
    Er blickte sie verwirrt an. »Was tun sie hier?«
    »Sie begleiten mich ins Kloster. Einmal jährlich wird es von Priestern besucht, auf dass sie den Schwestern die Beichte abnehmen.«
    Er wollte nicht begreifen. »In welches Kloster?«, fragte er.
    »Das Kloster Sainte-Radegonde, in dem ich leben werde. Gerloc hat mir ein Stück Land in der Nähe von Évreux geschenkt. Die Einkünfte daraus werde ich dem Kloster überlassen – als meine Mitgift.«
    Mathilda stieg in das Gefährt und überließ ihn der Erkenntnis, dass die gemeinsame Reise das Band zwischen ihnen nicht stärken würde, sondern endgültig zerreißen. Hinter der Bitte, sie zu begleiten, verbarg sich kein heimliches Werben. Sie suchte Schutz, keinen Ehemann.
    Als das Gefährt anrollte, übermannte ihn die Wut. Wut auf seinen Vater, der ihn mit der Verheißung eines besseren Lebens hierher gelockt hatte. Wut auf Graf Wilhelm, der zu wenig Stärke bewiesen, mit den Mönchen gespielt und wahrscheinlich gerade deshalb Opfer eines heimtückischen Mörders geworden war. Wut auf Wilhelms Berater, die den kleinen Richard dem fränkischen König anvertraut hatten. Wut schließlich auf Mathilda, die sich das eigentlich schlichte Leben so schwer machte. Warum stellte sie die Welt auf den Kopf, anstatt ihren Kopf vor dem wichtigsten Gebot auf dieser Welt zu beugen – Kinder zu bekommen und sie großzuziehen?
    Das Gefährt entfernte sich, er starrte ihm nach, ohne seinem Pferd die Sporen zu geben, und sah sich dann in der Hoffnung um, ein anderer könnte ihr den Entschluss ausreden.
    Der Einzige, den er erblickte, war Arvid. Dieser trat eben aus der Kapelle, verharrte im Schatten des Portals und sah seinerseits dem Wagen nach, mit Sehnsucht im Blick und zugleich Entschlossenheit, dieser nicht nachzugeben. Er ließ sie gehen.
    Wie kann er nur?, dachte Johan. Warum stürzt er ihr nicht hinterher? Warum stellt er

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