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Kinder des Holocaust

Kinder des Holocaust

Titel: Kinder des Holocaust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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dachte Stuart. Klingt wie der Wachtraum eines Größenwahnsinnigen, der sich ausmalt, wie er über die ganze Welt herrscht. Reine Kompensation, weil er ein Krüppel ist ... genau die Vorstellungen, vermute ich, wie sie von einem Phoko zu erwarten sind.
    Das Ganze kam Stuart, nachdem er das begriffen hatte, nicht mehr so interessant vor. Er entfernte sich und nahm wieder in der Eßnische Platz, wo noch sein Mittagessen stand.
    »Ist das dort drüben eine gute Welt?« hörte er den Grillkeeper fragen. »Sag mir, ob sie besser oder schlechter ist.«
    »Schlechter«, sagte Hoppy. »Schlimmer für euch. Sie ist so, wie die Menschen sie verdienen. Sie ist gerecht.«
    »Also ist sie für dich besser ...« Connie deutete eine Fragestellung lediglich an.
    »Ja«, bestätigte der Phoko.
    »Hören Sie«, sagte Stuart von seinem Platz aus zur Kellnerin, »kapieren Sie denn nicht, daß es sich bei alldem bloß um eine psychologische Kompensation für sein wirkliches Dasein als Krüppel handelt? Mit solchen Spinnereien hält er sich doch nur innerlich aufrecht. Ich verstehe überhaupt nicht, wie Sie so
    was ernstnehmen können.«
    »Ich nehm's nicht ernst«, sagte Connie. »Aber ich find's interessant. Ich habe mal was über Medien gelesen, wie man solche Leute nennt. Sie versetzen sich in Trance und treten dann in Verbindung mit einer anderen Welt, so wie er's auch macht. Haben Sie davon noch nie gehört? Das sind wissenschaftlich bewiesene Tatsachen, glaube ich. Oder nicht, Tony?« Sie schaute den Grillkeeper um Rückhalt an.
    »Ich weiß nicht«, sagte Tony launisch, begab sich langsam wieder zu seinem Grill und packte den Heber.
    Anscheinend war der Phoko nun noch tiefer in seine vom Bier hervorgerufene Trance versunken; tatsächlich erregte er sogar den Eindruck, als schlafe er, höre und sehe nichts mehr, nehme die Personen rundum nicht länger bewußt wahr und versuche auch nicht, ihnen noch mehr von seinen Visionen (oder was es sein mochte) mitzuteilen. Die Séance war vorüber.
    Naja, man weiß nie, was es damit auf sich hat, dachte Stuart. Was wohl Fergesson dazu sagen würde? Es ist fraglich, ob er jemanden für sich arbeiten lassen möchte, der nicht nur verkrüppelt ist, sondern obendrein ein Epileptiker oder so was. Ich weiß nicht recht, ob ich ihm davon erzählen soll, wenn ich wieder im Laden bin, oder nicht. Wahrscheinlich schmeißt er Hoppy umgehend wieder raus, wenn er davon erfährt. Ich könnte es ihm nicht verübeln. Es ist wohl besser, entschied er, ich halte den Mund.
    Der Phoko schlug die Augen auf. »Stuart«, sagte er mit schwacher Stimme.
    »Bitte schön?« entgegnete Stuart.
    »Ich ...« Der Phoko sprach matt, nahezu wie ein Kranker, als wäre das, was er vorhin durchgemacht hatte, für seinen schwächlichen Körper zuviel gewesen. »Hören Sie mal, ich dachte ...« Er straffte sich und fuhr seinen Wagen langsam herüber zu Stuarts Eßnische. »Ich dachte mir«, sagte er mit leiser Stimme, »ob Sie mich wohl in den Laden zurückschieben könnten? Nicht jetzt sofort, sondern wenn Sie mit dem Essen fertig sind. Ich wäre Ihnen wirklich sehr dankbar.«
    »Wieso?« fragte Stuart. »Warum kannst du nicht allein fahren?«
    »Ich fühle mich nicht wohl«, sagte der Phoko.
    Stuart nickte. »Na gut. Wenn ich mit dem Essen fertig bin.«
    »Danke«, sagte der Phoko.
    Indem er ihn ungerührt mißachtete, aß Stuart weiter. Ich wollte, es wäre nicht so allgemein ersichtlich, daß ich ihn kenne, dachte er. Würde er doch abfahren und woanders auf mich warten. Doch der Phoko saß schlaff da und rieb sich mit dem linken Greifer die Stirn; er wirkte zu erschöpft, um sich aus eigener Kraft auf den Weg zu machen, und wäre es bloß bis zum anderen Ende des Restaurants gewesen.

    »Es ist 'ne große Verantwortung«, sagte der Phoko einige Zeit später in gedämpftem Ton, während Stuart seinen Karren auf dem Bürgersteig in die Richtung zum TV modern schob, »nach drüben sehen zu können.«
    »Ja, sicher«, sagte Stuart und bewahrte seinen inneren Abstand, tat nur, was er tun mußte, nicht mehr; er schob den Wagen, sonst nichts. Bloß weil ich deinen Karren schiebe, dachte er, bin ich noch längst nicht dazu verpflichtet, mit dir zu plaudern.
    »Als es das erste Mal vorgekommen ist ...«, begann der Phoko von neuem, aber Stuart fiel ihm ins Wort.
    »Das interessiert mich nicht. Ich möchte nichts anderes als zurück in den Laden und sehen, ob die Rakete schon gestartet ist. Wahrscheinlich ist sie inzwischen in der

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