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Kinder des Judas

Titel: Kinder des Judas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz , Markus Heitz
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Mann noch leichter, sich naheder Mühle aufzuhalten. Die Ziegen weigerten sich jedoch, in den Wald zu gehen, also trafen sie sich auf den Wiesen vor den Tannen.
    Zu ihrer Freude legte Giure eine hartnäckige Standhaftigkeit an den Tag, Lesen und Schreiben zu lernen. Sie tat alles, um ihn mit Wissen zu versorgen und seinen Hunger zu vergrößern. Er war ihr ein guter Schüler, und im Mai begann sie, ihm die ersten lateinischen Wörter beizubringen. Gleichzeitig merkte sie sehr deutlich, dass er ihr niemals ebenbürtig werden könnte. Doch das war ihr egal. Scylla fand es großartig, einen Freund und einen Liebsten zu haben. Und gleichzeitig war sie sich darüber bewusst, dass Giures Unterrichtung gleichermaßen ein Experiment darstellte.
    Es war ebenfalls im Mai gewesen, als sie ihm aufgeregt in einem der Bücher die Zeichnungen von der Vereinigung von Mann und Frau zeigte. Es kam, wie es kommen sollte und von ihr vorgesehen war: Es blieb nicht nur beim theoretischen Betrachten. Giure und Scylla hatten sich unter der Eiche leidenschaftlich geliebt. Sie hatte es unendlich genossen – und tat es seitdem immer wieder.
    Dass sie damit ihre Position als Karols Elevin auf Spiel setzte, kümmerte sie in diesen Augenblicken des Glücks nicht. Und wenn sich dennoch ein Schatten auf die Frühlings- und Sommermonate legte, verjagte sie ihn, indem sie sich sagte, dass sie die Cognatio nicht benötigte, um Wissenschaftlerin zu sein. Was sprach dagegen, mit Giure in der Mühle zu leben und ohne die geheime Gesellschaft zu forschen?
    Scylla rührte das Essen um und sah zu ihrem Vater, der Geschirr aus dem Schrank nahm und auf ein Tablett stellte. Er sah sie an und lächelte, ehe er durch den Eingang in die Scheune verschwand.
    Sie war sich sicher, dass er nichts von dem ahnte, was sie und Giure trieben. Er ließ sie das Umland durchwandern, solangesie sich weiter um ihre Forschung kümmerte und auf die nächste Examinatio vorbereitete. Ende des Jahres, wenn ihr Freund über das erste fundiertere Wissen verfügte, würde sie ihrem Vater offenbaren, was sie mit dem von ihm so belächelten Ziegenhirten beabsichtigte.
    Eine Wolke stieg aus dem Topf auf, und der Geruch des Essens strömte geballt in ihre Nase. Ihr hob sich der Magen, und sie musste den Brechreiz unterdrücken, obwohl sie Sauerkraut eigentlich sehr mochte. Überhaupt hatten sich ihre Essgewohnheiten in den letzten Wochen sehr verändert. Dass ihre Brüste gelegentlich schmerzten, behagte ihr gar nicht. Sie verdrängte den Gedanken und hielt es für Regelbeschwerden, unter denen Frauen gelegentlich litten.
    Eine Kutsche rollte vor, und Scylla eilte hinaus, um die Besucher zu begrüßen. »Vater, sie sind da«, rief sie rasch in die Scheune, ehe sie die Schürze abstreifte und den Eingang zum Mühlenturm öffnete.
    Die Baronin stieg eben aus der dunkelbraunen Kutsche, ihre Elevin stand daneben, reichte ihr die Hand und stützte sie. Beide trugen dunkelrote Kleider, in die weiße Muster eingestickt waren; Metunovas Variante sah um etliches wertvoller und opulenter aus. In der Linken hielt sie ihren Fächer. Scylla kam sich in ihrem blauen Kleid wie eine einfache Magd vor.
    »Willkommen«, grüßte sie die Besucher und knickste, wie es sich gehörte. »Kommt herein, Baronin. Ich bringe Euch in den Saal und trage sofort das Essen auf.«
    Lydia lächelte ihr zu und nickte. »Du strahlst wie der Abendstern, Kind«, sagte sie. »Was hat dich verändert?«
    »Es ist die Freude, Euch zu sehen, Baronin«, gab sie zur Antwort und knickste erneut.
    »Obwohl du die Strenge deines Vaters mir zu verdanken hast?« Der Tonfall klang scherzend. »Dann wärst du eindeutig zu gut für diese Welt.« Sie hob die Hand mit dem Fächer, undEleonora stieg in die Kutsche, um mit einem großen Paket wieder hinauszutreten. »Ich habe dir zum Dank für deine Nachsicht ein Geschenk mitgebracht. Eleonora wird dir nach dem Essen dabei helfen, es anzulegen und dir auch die Handhabung der übrigen Gegenstände erläutern.« Die Elevin kam die Stufen hoch. »Sie wird dir auch gerne zur Hand gehen, wenn du das Essen aufträgst. Ich finde den Weg nach oben allein.«
    Die Baronin ging auf den Eingang der Scheune zu. Der Kutscher wendete das Gefährt und sprang vom Bock, um Hafersäcke vom Dach zu nehmen und sie den Pferden umzuschnallen.
    »Guten Abend.« Eleonora deutete eine Verbeugung an. »Wo darf ich es hinstellen?«
    Scylla zeigte auf die Bank in der Küche und betrachtete die junge Frau, die etwas

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