Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Kinder des Judas

Titel: Kinder des Judas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz , Markus Heitz
Vom Netzwerk:
kann? Sie ist fähiger als jeder andere Eleve und jede Elevin in diesem Raum! Und sie …«
    »Schweigt still, Baron Illicz!«, herrschte Carzic ihn an. »Ihr habt kein Recht, die Stimme zu erheben.«
    Karol setzte zu einer Entgegnung an, aber auf einen Wink von Ischariot nahm er wieder Platz. Da erhob sich Metunova, ergriff ihren Dolch –
    – und drehte sich blitzschnell zu Eleonora um. Sie hielt die außergewöhnlich dünne Klinge vorbildlich mit der flachen Seite nach oben; im nächsten Moment versank der Stahl im Leib der jungen Frau und zerschnitt ihr Herz. Sie hatte nicht einmal Gelegenheit, etwas zu sagen, dafür ereilte sie der Tod zu rasch.
    »Nein«, stöhnte Scylla leise auf, als sie ihre Freundin fallen sah.
    Die Baronin fing den leblosen Körper ohne Mühe auf und legte ihn auf den Tisch. »Komm an meine Seite, Scylla«, befahl sie mit eiskalter Stimme. »Falte ihr die Hände, sieh ihr in die Augen und versprich, dass du ihren Tod wert sein wirst.«
    Scylla sah zu ihrem Vater. Karol verfolgte mit weit aufgerissenen Augen das Geschehen und schluckte. Er hatte zweifellos bereits mit dem Tod seiner Tochter gerechnet, und die ungewöhnliche Rettung überraschte ihn ebenso wie den Rest der Cognatio.
    Scylla blinzelte und starrte auf Eleonora. Mit hölzernem Schritt trat sie neben sie, nahm ihre Arme und faltete ihre Hände in Höhe des Nabels, wie es ihr befohlen worden war. Die Augen der Freundin würde sie ihr restliches Leben nicht mehr vergessen: Sie waren hellblau und wunderschön. »Ich verspreche es«, wisperte sie und schloss ihr die Lider.
    Die Baronin fasste den Dolchgriff und zog die Klinge aus der Leiche. Der Schnitt, den die Waffe hinterlassen hatte, war so dünn, dass er sich von selbst wieder schloss und kein Blut austrat. Wäre der Stahl nicht rot gefärbt gewesen, hätte man annehmen können, der Stich sei fehlgegangen. »Ich nehme dich hiermit zu meiner Elevin«, sagte sie gefühllos und bedeutete ihr, hinter ihren Stuhl zu treten.
    Scylla tat es nur, um das Opfer ihrer Freundin anzuerkennen, obwohl sie gerade jetzt noch weniger Lust verspürte, ein Teil dieser geheimen Gesellschaft zu werden. Sie bemerkte, dass viele der Eleven sie voller Hass anblickten.
    Der Ischariot hatte die Hand nicht von seinem Dolch genommen, bis die Übergabe abgeschlossen war. »Die Nacht nahm einen anderen Verlauf, als die meisten von uns erwarteten. Lasst uns für die Seele von Eleonora beten«, sagte er getragen, und minutenlange Stille kehrte in den Raum ein.
    Schließlich räusperte er sich und sah zu Scylla. »Ich rate dir, dich zu zügeln und der Baronin eine bessere Elevin zu sein als deinem Vater.« Er blickte in die Runde. »Damit ist dieses unerfreuliche Kapitel der Cognatio abgeschlossen«, verkündete er. »Baronin Metunova übernimmt von nun an die weitere Ausbildung. In einem Jahr erfolgt eine letzte Examinatio, danach entscheidet sich das Schicksal der jungen Scylla endgültig.« Er nahm seine Waffe und verstaute sie in der Gürtelscheide, die anderen packten die Messer und Dolche ebenfalls ein. »Die Zusammenkunft der Cognatio ist beendet.« Der Ischariot schritt zur Treppe und verschwand nach unten; gleich darauf erklang ein Peitschenknall, und seine Kutsche fuhr in die Nacht davon. Einer nach dem anderen verließ Raum und Gebäude.
    Nach kurzer Zeit waren Scylla, Karol und die Baronin allein in dem Gebäude.
    »Du wirst mir gehorchen, und wenn es notwendig sein sollte, werde ich deinen Willen brechen, Scylla. Ich bin weniger rücksichtsvoll als dein Vater«, sagte Lydia und schaute ihr so lange in die Augen, bis Scylla den Blick senkte. Das erste Duell hatte die Baronin gewonnen. »Und Ihr, Karol, schuldet mir mehr als Euren Dank.«
    Er nickte und verbeugte sich. »Es wird eine Gelegenheit geben, bei der ich mich revanchieren kann«, versprach er dankbar und sah zu seiner Tochter. »Du hast alles Glück dieser Welt, Tochter. Danke Gott dem Herrn, dass er dich so sehr liebt.«
    Metunova sah auf ihre tote Elevin. »Karol, ich überlasse sie Euch. Scylla wird sie präparieren, damit sie genau weiß, wem sie ihr Leben verdankt. Solltet Ihr Kenntnisse aus ihrem Leib erlangen, werdet Ihr sie mit mir teilen, habt Ihr verstanden?« Ohne eine Antwort abzuwarten, ging sie auf die Treppe zu. »Sendet mir Eure Tochter in einer Woche mit ihren sämtlichen Unterlagen. Ich möchte alle Einzelheiten zu ihrenExperimenten erfahren. Und wagt es nicht, mir Dinge vorzuenthalten. Ich finde es heraus.«
    »Sicher,

Weitere Kostenlose Bücher