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Kinder des Judas

Titel: Kinder des Judas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz , Markus Heitz
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Schwarzhagen?«
    »So viel, dass mir die Tinte ausging.« Nacheinander stieg er inseine Wäsche und die Kleidung. »Hätten Sie ein Fässchen für mich?«
    Ignaz schüttelte den Kopf und knöpfte sein Gewand auf. Er beabsichtigte, ebenfalls ein Bad zu nehmen, denn das Wasser nun bereits wegzukippen wäre Verschwendung. Sein Leib war bleich und dünn, aber sehr sehnig und voller verborgener Kraft. »Nein, damit kann ich Ihnen leider nicht dienen. Doch ich kann welche besorgen lassen.« Er glitt in das lauwarme Bad und wusch sich den stattlichen Bart aus.
    »Darum bitte ich.« Viktor rieb sich die kurzen Haare trocken und griff aus der Börse die vorletzte Silbermünze. »Bezahlen Sie den Mann anständig, damit er schnell wieder hier ist. Libor steht mir nur so lange Rede und Antwort, wie sie ihre Zelte im Dorf aufgeschlagen haben.«
    Ignaz nickte, hielt sich die Nase zu und tauchte blubbernd unter.
     
    In der Nacht begleitete Viktor den Popen bei seinen Hausbesuchen, um die Gesichter der verängstigten Menschen zu betrachten und ihre Erfahrungsberichte mit den umherstreifenden Toten zu erfahren. Egal, in welchem Gebäude sie auftauchten, nirgends schlief jemand allein. Man suchte Schutz in der Gemeinschaft.
    Sie betraten gegen Mitternacht das Haus von Heyduck Jowiza, der seine Familie und zwei Nachbarn zu sich eingeladen hatte, damit sie die Stunden der Finsternis gemeinsam verbrachten.
    Ignaz segnete sie und das Haus, als ein erschütternder Schrei aus dem ersten Stock erklang. Eine Frau brüllte in Todesfurcht.
    »Stanacka!«, rief der Heyduck, zog seinen Säbel und rannte die Treppe hinauf; Ignaz, Viktor und drei Männer folgten ihnen.
    Das entsetzliche, gellende Kreischen ebbte nicht ab und führte die Männer zu einer Kammer, deren Tür verschlossen war. Gemeinsam warfen sie sich dagegen und brachen sie auf.
    Auf dem schmalen Bett lag eine junge Frau um die zwanzig Jahre auf dem Rücken, sie trug ein Nachthemd, das vorne zerrissen war und den Blick auf ihre Brüste freigab. Ihr Gesicht war blau angelaufen, die dunklen Abdrücke von Fingern zeichneten sich an der Wange und am Hals ab. Über dem Ansatz der Brüste sickerte aus einer schmalen Wunde Blut.
    Einer der Männer rannte zum Fenster und schloss es, Jowiza eilte zu der Frau, die er Stanacka gerufen hatte, und versuchte, sie zu beruhigen. Ihr Kreischen endete, dafür weinte sie mit solcher Inbrunst und Verzweiflung, wie es Viktor noch niemals erlebt hatte. Immer wieder kamen gestammelte Sätze über ihre Lippen, sie zeigte auf das Fenster und klammerte sich an den Heyducken.
    »Was berichtet sie?«, fragte Viktor den Popen flüsternd, der vor dem Bett stand und ein Kreuzzeichen nach dem anderen schlug.
    »Ihr Mann sei zu ihr gekommen, habe sie geschlagen und gewürgt«, übersetzte Ignaz. Die Zeichen der Misshandlung waren unübersehbar. »Er wollte noch schrecklichere Dinge mit ihr tun, doch sie habe sich gewehrt, und als sie schrie, sei er durch das Fenster geflüchtet.«
    »Was wollte sie allein hier oben?«
    »Sie wollte sich nur rasch umziehen und ist dabei von einem Lidschlag auf den nächsten von einer schrecklichen Müdigkeit befallen worden«, sagte Ignaz und riss sich von ihm los. »Würden Sie sich zurückhalten, Herr von Schwarzhagen? Ich muss die Seele des Mädchens retten.«
    »Eine Misshandlung durch ihren Gemahl …«
    »Ihr Gatte ist der Sohn des Heyducken und vor neun Wochen gestorben, Herr von Schwarzhagen«, fiel ihm der Pope unwirschins Wort. »Wenn ich nicht rasch handle, wird sie innerhalb von drei Tagen in die Grube fahren und ebenfalls zu einer Untoten werden.« Er wandte sich Stanacka zu, die unverständliches Gewimmer ausstieß und das Gesicht in ihren Händen verbarg; auch die Unterarme waren von den Schlägen gezeichnet.
    Viktor wich bis an die Wand zurück und verfolgte, was vor sich ging.
    Stanacka wurde von zwei Frauen ausgekleidet und von Ignaz mit Weihwasser besprengt, danach malte er ihr religiöse Symbole auf die Stirn und die Arme. Ein Junge schaffte ein Gefäß mit Weihrauch herbei. Die ganze Kammer wurde ausgeräuchert, um das Böse, das der Vampir hinterlassen hatte, zu vertreiben.
    Drei Tage später war Stanacka tot.
     
    Sieben Tage war das neue Jahr alt, und die Kommission erschien in den eiskalten frühen Morgenstunden, um die verdächtigen Leichen zu examinieren. Mit zwei Schlitten reisten die Herren an.
    Zeit vergeudeten sie wahrlich nicht. Viktor sah die Gefährte durch das Dorf rasen und folgte ihnen. Keuchend

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