Kinder des Judas
Soldaten des Kaiserreichs Pflöcke durch Herzen trieben, köpften und verbrannten.
»Es wird für dich genügend zu tun geben, Libor.« Er tauchte den Kiel ins Fässchen – und stieß klirrend auf den trockenen Grund. Es war leer. »Wir müssen unsere Fragestunde beenden. Ich benötige erst neue Tinte, damit keines deiner Worte verlorengeht«, sagte er bedauernd und packte zusammen, um zu Vater Ignaz zu gehen und ihn um Tinte zu bitten. »Hättest du wieder für mich Zeit?«
»Sie haben mich großzügig bezahlt, und ich werde Ihnen Rede und Antwort stehen, solange wir in Medvegia sind«, versprach der Zingaro und half ihm beim Aufstehen. »Ich habe mir ein paar Gedanken über die Adlige gemacht, die Sie erwähnt haben, als wir Sie fanden«, sprach er langsam. »Ich halte es durchaus für möglich, dass auch sie zu den Vampiren gehört. Sie hat Sie zuerst durch das Fenster beobachtet, und danach wollte sieSie mit sich nehmen.« Er löste ein Bändchen vom rechten Handgelenk, an dem ein kreuzähnliches Symbol aus Holz baumelte. »Es ist ein Schutzzeichen, gemacht aus Esche. Es soll Sie vor ihrem Zauber bewahren, denn, Niemez, sie wird zurückkommen. Da bin ich mir sicher. Sie hat sich Sie ausgesucht. Und hängen Sie spitze, scharfe Gegenstände von innen über die Tür und die Fenster. Es hindert manche Vampire am Eintreten. Messer und Scheren sind gut. Sie müssen aus Eisen sein.« Er klopfte ihm auf die Schulter und schlug die Zeltplane zur Seite. »Und falls es nicht helfen sollte: Keine Angst. Ich bin in Ihrer Nähe.«
»Und dafür bin ich dir dankbar, Libor.« Viktor hob den Arm zum Gruß und hinkte vom Lagerplatz der Zingaros zurück ins Dorf.
Die letzten Sätze hatten dafür gesorgt, dass sich in ihm eine Beunruhigung ausbreitete, die in jeden Winkel seines Körpers kroch und die er so rasch nicht mehr abschütteln würde; er berührte das Bändchen.
Seltsamerweise bemerkte er eine unerklärliche Freude in sich, sobald er an die Baronin dachte. War es Verliebtheit, oder beruhte es auf den Zauberkräften, von denen Libor gesprochen hatte?
Er humpelte durch das Dorf und trat ins Haus von Vater Ignaz ein. Heißer Dampf schlug ihm entgegen, und in der Mitte der Stube stand ein Zuber, in den eine Frau gerade einen Eimer heißes Wasser schüttete. Viktor glaubte zu bemerken, dass der Dunst in der Tat nach gebrühtem Fleisch roch, aber er hielt es für Einbildung. »Das Bad!«, sagte er glücklich. »Selten habe ich mich derart danach gesehnt.«
Die Frau lächelte, weil sie ihn nicht verstand und höflich sein wollte, und zeigte auf das Stück Seife und das Handtuch, die auf dem Schemel neben dem Zuber lagen. Als sie sich anschickte, ihm dabei zu helfen, die Kleidung abzulegen, wehrte er siefreundlich ab und schob sie zur Tür. Erst als er sie draußen wusste, entkleidete er sich und begab sich in das heiße Wasser.
Schnell seifte er sich ein, damit sein Bad den Geruch nach totem Schwein verlor, dann genoss er es, in der Wärme zu sitzen und die Kälte, die in diesem Teil der Welt herrschte, zu vergessen. Viktor schloss die Augen und döste.
Als er nach geraumer Zeit die Hand blind nach dem Handtuch ausstreckte, trafen seine Fingerspitzen auf Papierumschläge.
»Nanu?« Er öffnete die Augen und sah, dass ihm Vater Ignaz Briefe hingelegt hatte, die angekommen waren. Nacheinander erbrach er die Siegel und las.
Einer stammte von Susanna, die ihm schrieb, wie sehr sie ihn vermisste und dass mit dem Gestüt alles hervorragend liefe; es scherte ihn nicht.
Sein Vater hatte ihm den zweiten Brief geschickt, in dem er anmahnte, sich um die Pelze zu kümmern; alles andere seien Geschichten, um Kinder zu erschrecken.
Der dritte und letzte Brief trug die Handschrift von Viktors Professor, der sich hochinteressiert an der Causa »mortuus non mordet« zeigte und um noch mehr Nachrichten bat.
Die Tür öffnete sich, eiskalte Luft wehte mit Vater Ignaz herein. »Oh, Sie haben es sich gutgehen lassen?« Er lachte und schloss den Eingang, damit die Wärme nicht völlig entwich. »Sie machen meine Hütte zu einem Dampfbad, wie es die Türken mögen.«
»Aber es würde niemals nach gegartem Schwein riechen«, entgegnete Viktor grinsend. »Man merkt dem Zuber an, für was er ansonsten verwendet wird. Doch ich will mich nicht beschweren, er hat seine Schuldigkeit getan.« Er stand auf und trocknete sich ab.
Der Pope schürte das Feuer im Herd. »Was haben die Zingaros Ihnen zu berichten gewusst, Herr von
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