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Kinder des Judas

Titel: Kinder des Judas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz , Markus Heitz
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beerdigt, und sie sind irgendwie darangekommen. Da haben wir das Kind zur Mutter gelegt.«
    Flückinger setzte seine Brille auf. »Dann müsste es ja wohl auch zum Vampir geworden sein, nicht wahr?« Es klang spöttelnd. Dann rief er seine Unterfeldscherer. »Zu mir, die Herren Sigel und Baumgarten. Wir sehen eine äußerlich unverweste Leiche.« Er rieb über die Haut, entfernte einen abgestorbenen Fingernagel und entdeckte darunter einen nachgewachsenen. »Man kann es auf die Temperaturen schieben, die hier herrschen, aber werfen wir einen Blick in die junge Dame. Glaser hat anscheinend darauf verzichtet, sie zu öffnen.« Er streifte die Ärmel seines Uniformmantels in die Höhe und nahm chirurgisches Besteck zur Hand. Ohne jegliche Rücksicht auf die Umstehenden schnitt er die Frau auf, und sofort rann dunkelrotes Blut aus der Wunde. Viktor entging nicht, dass Flückinger bei diesem Anblick die Stirn runzelte; die Dörfler wisperten und tuschelten.
    »Oha!« Er brach ihre Rippen auf und zerteilte die Knochen mit einer gewaltigen Schere, danach wühlte er sich durch die Innereien, wobei es laut und deutlich hörbare schmatzende Geräusche gab; warme Luft stieg aus dem Bauch auf und zeigte sich als weißer Dampf.
    »Ich gestehe, dass es ungewöhnlich ist«, sagte der Feldscherer. »Leber, Lunge, Magen, sämtliche Innereien sehen aus, wie es die eines erst vor kurzem gestorbenen, gesunden Menschen tun sollten.« Er zerschnitt eine Ader und presste sie zusammen; flüssiges Blut lief hervor. »Es gibt nicht einmal den Ansatz einer Gerinnung.« Er verrieb es zwischen den Fingern und hielt es den beiden Untergebenen zum Betrachten hin. »Ihre Meinung, meine Herren?«
    »Ein Zufall«, befand Sigel.
    »Die Kälte hat die Organe …« Baumgarten stockte, als er den Dampf betrachtete, der aus dem Leib aufstieg. »Vielleicht litt sie an Kindbettfieber, und die Hitze hat sich länger gehalten.«
    »Über zwei Monate?« Flückinger schob die Tote mit einiger Kraft vom Tisch und ließ sie achtlos in den Sarg plumpsen, sein Helfer legte die Kinderleiche dazu. »Der Nächste.«
    Wieder gab der Sarg eine Frau preis, doch sie war deutlich älter, unverwest und über die Maßen beleibt. Sigel entfernte das Hemd, und wieder sah der Leichnam aus, als handelte es sich in Wahrheit um eine Schlafende.
    »Miliza«, sagte Jowiza erschrocken, »sechzig Jahre, vor neunzig Tagen begraben … aber so fett war sie noch nie!« Aufgeregte Rufe waren zu hören, ein Mann hielt einen Pflock unklammert.
    Libor, der nach wie vor jedes für die Österreicher unverständliche Wort übersetzte, lauschte. »Sie bestätigen seine Worte. Miliza war zu Lebzeiten und bei der Beerdigung mager wie ein Besenstiel. Von ihr geht die neue Bedrohung aus, meinen sie, weil sie das Fleisch der Tiere gegessen hat, die von Vampiren zerfetzt wurden.«
    Flückinger verzog den Mund. »Fäulnisgas, mehr ist es nicht.« Er stach der Toten in den Bauch, aber er blieb feist und hochaufragend. Der Feldscherer schnitt sich brutal durch Miliza hindurch, und erneut rann flüssiges Blut in Bächen vom Tisch in den Schnee, wo es Lachen bildete.
    »Das kann nicht angehen«, entfuhr es Baumgarten, der auf die Mengen von Blut starrte. »Sie ist warm und …«
    Flückinger tauchte die Unterarme tief in den Bauch, grub sich durch die Därme, legte Herz, Lungen und alle Innereien frei; unentwegt erklang lautes Schmatzen und Blubbern. Er gestikulierte Libor, nicht zu übersetzen, was er sprach: »Ich räume ein, dass es nicht normal ist«, flüsterte er und wechselte rascheBlicke mit seinen Helfern. »Die Leichen sind warm, nichts deutet auf Zerfall hin.«
    »Ich bekenne, dass ich keine Erklärung dafür habe«, merkte Sigel an.
    »Machen wir weiter.« Flückinger schob die fette Miliza vom Tisch, und als sie in den Sarg krachte, zersprang er, was ein erneutes Aufschreien der Dörfler zur Folge hatte.
    Viktor schauderte, während er die Leiche betrachtete und das Blut, das auch aus Ohren, Mund und Nase lief. Er wartete regelrecht darauf, dass sie wieder die Augen öffnete und ihn anschaute, doch dieses Mal regte sie sich nicht.
    Das blutige Werk schritt voran, während der Mittag kam und ging. Immer mehr unverweste Tote kamen zum Vorschein, Männer, Frauen und Kinder jeglichen Alters, die von Flückingers Skalpell sowie anderen chirurgischen Instrumenten brachial aufgeschlitzt und ausgeweidet wurden; sogar Stanacka ließ der Feldscherer herausholen und sie unter den Augen ihres

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