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Kinder des Judas

Titel: Kinder des Judas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz , Markus Heitz
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Wort »Niemez« zu hören war. Gleich darauf lief ein Kind aus dem Wagen, eilte zu einem der großen Zelte und kam mit dem Dhampir zurück. Wieder fiel Viktor auf, wie anders er im Vergleich zu den Einwohnern des Dorfes aussah, wie dunkelbraun seine Haut war.
    »Niemez«, rief Libor und grinste, so dass die Enden des Schnurrbarts in die Höhe schnellten. Er trug Lederhosen, Stiefel und einen Mantel darüber, der aus unzähligen Flickstücken bestand; auf dem Kopf thronte eine runde schwarze Kosakenmütze, an der Metallscheibchen wie Orden prangten. »Wie kannich Ihnen helfen?« Er blieb vor ihm stehen und stützte eine Hand in die Hüfte, die andere legte sich an den Säbelgriff.
    »Indem du mir alles über die Vampire und deine Einsätze gegen sie berichtest«, bat er und pochte, als Andeutung von Lohn, gegen seine Manteltasche. »Es soll dein Schaden nicht sein.«
    Unvermittelt wich die Freundlichkeit des Zingaro. »Wollen Sie mich aushorchen und in mein Gewerbe einsteigen, Niemez? Bleiben Sie bei den Pelzen, das rate ich Ihnen. Für einen einfachen Menschen, der kein Dhampir ist, ist es nahezu unmöglich, die Untoten zu besiegen.«
    Viktor winkte ab. »Das läge mir fern, Libor. Ich bin einfach nur neugierig, nichts weiter.«
    »Dann haben Sie keine Vampire bei sich zu Hause?«
    »Keine, Libor. Wir haben eher Hexen gejagt«, erklärte Viktor. »Und haben sie auf Scheiterhaufen verbrannt.«
    »Das Gleiche machen wir mit Vampiren, Niemez.
Und
mit Hexen.« Er hielt die Hand auf, und die Armbändchen rutschten nach vorne, es klirrte und klimperte. »Lassen Sie mich sehen, wie viel Sie dabeihaben.«
    Er nahm die Börse hervor und legte dem Zingaro zehn Silbermünzen hin. »Das sollte genügen, nehme ich an.«
    Libor strahlte und nahm den kleinen Schatz in seine Faust. »Sie werden alles über die Vampire erfahren, was ich weiß.« Er winkte ihm zu und marschierte zu dem Zelt, aus dem er gekommen war. »Das sollten wir an einem Ort tun, wo es wärmer als im Freien ist, Niemez. Möchten Sie einen Mokka?«
    »Sehr gerne.« Er folgte ihm in die Behausung aus Leinwänden, in der es erstaunlich warm war. Das lag nicht nur an dem bauchigen Ofen, der in der Mitte stand, sondern auch an den Unmengen von Teppichen, mit denen der Innenraum ausgekleidet worden war; eine Konstruktion aus federnden Holzdielen diente als Zwischenlage, um nicht mit dem eiskalten Boden in Berührung zu kommen.
    Libor sagte etwas zu den drei kleinen Kindern und zwei jungen Frauen, die sich zum Spielen versammelt hatten, woraufhin sie sich zurückzogen und den Männern das Zelt überließen. Dann bot er Viktor einen Kissenberg als Sessel an, er selbst fläzte sich hin und rief etwas Lautes; gleich darauf erschien eine ältere Zingara und brachte ein Messingtablett, auf dem ein kleines Kännchen und zwei Tassen standen, dazu gab es eine Schale mit Pistazien und Nüssen. Sie goss ihnen Mokka ein und zog sich gleich zurück.
    »Hier lässt es sich aushalten.« Viktor schlug sein Buch auf und bereitete Tintenfass und Federkiel vor. »Erzähl mir von diesen Wesen, Libor. Wie können sie entstehen? Warum finden die Toten keinen Frieden und fallen die Lebenden an?«
    »Es ist der Teufel, Niemez.« Er trank aus seiner Tasse. »Der Teufel und seine Dämonen, die in die Leichen einfahren und sie zum Leben erwecken. Sie tun das aus reiner Boshaftigkeit, um den Menschen heftiges Leid anzutun.« Libor rieb sich über die Narbe in seinem Gesicht, es sah nach einer Gewohnheit von ihm aus. »Die Symbole des Herrn halten die meisten von ihnen zurück. Sie mögen keine Kreuze, Hostien und Heiligenbilder – also alles, was mit dem christlichen Glauben zu tun hat.«
    »Und wenn der Tote ein Moslem war? Oder ein Jude?«
    »Benötigt man ein muslimisches oder ein jüdisches Symbol«, gab Libor lächelnd zurück und hob den Arm mit den Kettchen. »Das ist der Grund, weswegen ich eine Auswahl mit mir herumtrage. Aber die meisten, die ich getötet habe, waren in ihrem Leben Christen.«
    »Und wenn er … nun, an nichts glaubt? Oder den Teufel?«
    »Bleibt nur die Behandlung mit Pflock und Säbel.« Er zeigte auf den Mokka. »Versuchen Sie ihn, Niemez. Den macht kein Türke so gut wie wir.«
    Viktor probierte und bemerkte die zahlreichen Gewürze, diein den heißen Trunk hineingegeben worden waren. »Das schmeckt … ausgezeichnet!«
    »Kardamom, getrockneter Ingwer und Nelken«, zählte Libor auf. »Nichts belebt besser als das.« Er freute sich, dass es seinem Gast mundete.

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