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Kinder des Judas

Titel: Kinder des Judas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz , Markus Heitz
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zuvor besessen.
    Er richtete sich auf, versuchte das Gesicht seiner Traumgestalt zu erkennen – und glaubte, die Züge der Baronin zu sehen! Sie lächelte, beugte sich vor und bewegte sich schneller, während sie ihm einen leidenschaftlichen Kuss auf die Lippen presste und dann seinen Kopf sanft in das Kissen drückte.
    Viktor schloss wohlig seufzend die Lider und gab sich den sanften Berührungen hin.
     
    Tags darauf marschierten Libor, ein frischrasierter Viktor und zwei Männer aus der Sippe ins Dorf; auf einem kleinen Schlitten zogen sie die Utensilien hinter sich her, die sie für ihr makabres Handwerk benötigten.
    Viktor hatte seine Umhängekladde dabei und trug sie unter dem Arm, Fässchen und Federkiel ruhten noch in der Tasche. Es war ein eisiger Morgen, der Wind trieb den Frost in jede Ritze und jedes Knopfloch der Kleidung. Sogar der bewährte französische Mantel versagte in dieser Kälte.
    Nach ein paar Schritten in das Dorf hinein eilte ihnen bereits der Heyduck entgegen und wechselte aufgeregte Worte mit Libor, dann setzten sie ihren Weg fort, der sie zu Viktors Verwunderung nicht zum Friedhof führte.
    »Wir besuchen ein Haus, in dem letzte Nacht ein Kind starb. Sie fürchten, dass die Tochter desjenigen, der zum Vampir wurde, von ihm getötet wurde und …«
    »… ebenfalls zum Vampir wird«, führte Viktor den Satz fort. »Was tun wir dagegen?«
    »Das ist nicht einfach, denn die Mutter möchte nicht, dass wir den Körper anrühren. Weder soll sie mit dem Pflock behandelt noch enthauptet werden.« Libor hielt vor einer Hütte an, aus der lautes, vielstimmiges Weinen erklang.
    Nacheinander betraten sie den Raum, in dem sich ein halbes Dutzend Frauen jeglichen Alters um einen Sarg versammelt hatten, in dem ein Mädchen von höchstens elf Jahren lag. Sie weinten, immer wieder rief eine von ihnen etwas Lautes, dann wiederum verfielen sie in gemeinschaftliches Beten. Der Dorfpope stand am Kopf des Sarges und hielt eine Ikone über das Haupt der Toten.
    Viktor sah die blauen Flecken an ihrem Hals sofort und erkannte sie als Würgemale. Er beugte sich zu Libor, der seinen Leuten leise Anweisungen gab. »Wieso ist es sicher, dass sie nicht ermordet worden ist? Es kommen auch Menschen für solche Taten in Frage.«
    Libor hob die Augenbrauen und rieb sich über den Schnauzbart. »Ich bin sehr froh, dass keiner Sie versteht, Niemez«, raunte er. »Sie sind schlecht fürs Geschäft. Mir ist es gleich, durch wessen Schuld das Kind zu Tode kam, ändern kann ich es nicht mehr. Solange ein Vampir als Schuldiger gilt, verdienen wir daran, und das soll sich nicht ändern.« Er trat an den Sarg heran, langte in einen Beutel, den er von einem Zingaro gereicht bekam, und streute unter lautem Rufen einige schwarze Samenkörner hinein, die sich auf dem Leichnam und in der Kiste verteilten.
    Der Dorfpope sprach etwas, danach legte er der Leiche eine Hostie in den Mund und nickte Libor zu.
    Der Dhampir erteilte neuerliche Anweisungen, und der Deckel, auf dessen Innenseite ein großes Kreuz mit weißer Farbe gemalt worden war, wurde aufgelegt, danach mit glänzenden Nägeln verschlossen. Währenddessen verließen die Frauen und der Pope den Raum.
    »Gehen wir zum Friedhof und graben den schuldigen Vampir aus.« Libor sah Viktor an, der eben seine Schreibunterlagen gerichtet hatte. »Ich habe dem toten Mädchen einige Samen ins Grab gegeben. Ein Fluch zwingt sie dazu, die Körner zu zählen, und erst wenn sie diese Aufgabe geschafft hat, wird sie ihren Sarg verlassen können.« Er ging zur Tür. »Für jedes Samenkorn ein Jahr. Ich schätze, ich habe gut und gerne mehr als hundert hineingeworfen.«
    »Das ist alles? Es wirkt gegen …«
    »Der Pope hat ihr gegen den Blutdurst eine Hostie in den Mund gelegt, und das Kreuz auf der Innenseite des Deckels wird sie ebenfalls bannen, Niemez.« Er grinste. »Das war recht einfach, doch wirksam. Außerdem werden wir den Sarg mitnehmen.« Er trat hinaus.
    »Was?« Viktor hinkte den Zingaros nach.
    Libor wies die Männer an, den Schlitten zu ziehen. »Das kommt nicht selten vor. Gewöhnen Sie sich an die Begleitung eines Toten. Wir vergraben das Mädchen an der nächsten Kreuzung, damit sie nicht weiß, wohin sie gehen soll, falls sie doch dem Sarg entkommt. Also wird sie dort bleiben.«
    Viktor blieb stehen, um die Neuigkeiten notieren zu können, dann schaute er sich in dem Dorf um. Es hätte genauso gut Medvegia sein können: eine Ansammlung ärmlicher Häuser und Hütten, in

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