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Kinder des Judas

Titel: Kinder des Judas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz , Markus Heitz
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sehr lakonisch. »Er würde ersticken und das Übliche, um uns zu täuschen.«
    »Zu
täuschen?«
    »Er hat gemerkt, wer wir sind, und jetzt hat er Angst davor, dass er sterben muss. Also gibt er sich zum Schein als ein Lebender aus. Sie versuchen immer wieder, dem Pflock und den Flammen auf diese Weise zu entkommen.« Libor lachte und nahm den Köpfer zu Hand. »Es nutzt ihnen nichts.«
    Viktor schrieb und hatte Bedenken. »Aber wenn er wirklich lebt?« Von Scheintoten hatte er schon mehrmals gehört. Manche Menschen ließen sich aus Furcht, bei lebendigem Leib begraben zu werden, einen Schacht bis ins Grab legen, durch den eine Klingelschnur verlief, und über dem Grab hing ein kleines Glöckchen. Damit konnten sie, falls sie scheintot waren, nach ihrem Erwachen um Hilfe rufen. »Wie sicher bist du dir, dass es ein Vampir und kein Scheintoter ist?«
    Libor schnaubte unwirsch. »Der Mann war bei seiner Beerdigung tot, das sagte auch der Pope. Sie haben ihn untersucht, bevor sie ihn begruben. Aber weil er zu Lebzeiten stets viel fluchte, ist seine Wiederkehr als Blutsauger nicht weiter verwunderlich.«
    Viktor war davon nicht so überzeugt. Die Erde wurde weggeräumt, und der Mann im Sarg lachte noch lauter. Auf Viktormachte es den Eindruck, als sei er erleichtert und freue sich auf die Rettung.
    Die Zingaros hoben den Deckel ruckartig in die Höhe, und Libor stand mit dem Köpfer über der Grube, um damit zuzustoßen.
    Zum Vorschein kam ein sehr dünner, bleicher Mensch, dessen Lippen rissig und aufgesprungen waren. Blut lief von seinen Händen, die Fingerkuppen waren durch das Kratzen am Holz abgerieben und sahen aus wie rohes Fleisch; auf seiner Stirn zeigten sich blaue Flecken und Abschürfungen. Er stammelte und lachte vor Freude, Viktor roch Urin und Exkremente, die der Mann in den Sarg ausgeschieden hatte.
    Das Glück auf den Zügen des Mannes währte nur einen Atemzug. Dann sah er entsetzt zu den Zingaros und Libor, der in diesem Moment mit dem Köpfer zustieß.
    Der Mann wich kreischend aus, und das geschliffene Blatt traf ihn nicht richtig. Der Hals wurde an der Seite aufgeschlitzt, Blut schoss aus der klaffenden Wunde, und er versuchte, aus dem Grab zu flüchten.
    Dem Zingaro, der nach ihm greifen wollte, biss er in die Hand, nach dem anderen trat er. Dabei schrie er unentwegt und deutete auf sich. Für Viktor schienen es verzweifelte Bitten zu sein.
    »Sehen Sie, wie er sich bewegt?«, rief Libor und schwang den Köpfer nun wie eine Axt. Er traf den Mann am Hinterkopf, es schepperte, und wieder spritzte Blut. Haare und Kopfhaut flogen durch die Luft.
    Der vermeintliche Vampir stürzte gegen den nächsten Zingaro, der sich ihm mit einem Pflock näherte. Die Holzspitze bohrte sich durch die Brust, und der Mann schrie schrill und fürchterlich. Er fiel rückwärts zurück in den Sarg, eine Hand legte sich um den Pflock, mit der anderen bekreuzigte er sich.
    »Um Himmels willen! Das ist kein Vampir!«, schrie Viktor undmachte Anstalten, sich einzumischen. »Siehst du nicht, dass er sich bekreuzigt?«
    »Wenn er Moslem war, bereitet ihm das keine Schwierigkeiten«, hielt Libor dagegen und sprang in die Grube, sein rechter Fuß zielte auf das Ende des Pflocks. Er jagte das Holzstück bis zum Anschlag in den Körper des Mannes, der ein weiteres Mal gellend aufschrie – dann sprudelte das Blut aus seinem Mund.
    Libor schwang den Köpfer ein drittes Mal und bereitete dem Brüllen ein Ende. Der Kopf fiel vom Hals, die Stimme verstummte abrupt. »Mir entkommt keiner«, keuchte er.
    »
Das
war kein Vampir«, wiederholte Viktor entsetzt. »Um Himmels willen: Der Mann lebte noch! Hast du nicht gesehen und gehört, wie er sich benommen hat?«
    »Eine List, Niemez. Wie ich schon sagte.« Libor stieg aus der Grube und hielt den blutigen Köpfer so, als wolle er ihn an Viktor zum Einsatz bringen. Es war eine unübersehbare Drohung, nun den Mund zu halten.
    Für Viktor bedeutete es das Signal, sich besser von den Zingaros zu trennen. Es war eine Sache, aus Geldgier harmlose Leichen als Vampire zu richten, aber unschuldige Menschen zu töten, anstatt sie zu retten – diesen Umstand konnte er nicht hinnehmen. »Es war Mord, Libor«, sagte er unerschrocken, eine Hand hatte er am Griff seiner Pistole.
    »Es war die Hinrichtung eines Vampirs, Niemez. Niemand wird widersprechen.« Er trat noch einen Schritt näher. »Vergessen Sie nicht, wer von uns beiden der Dhampir ist. Sie sind ein paar Tage hier und wollen mir die

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