Kinder des Judas
an. »Verzeih mir, ich …«
»Du bist
nicht
Baronin Metunova!« Die Pistole bewegte sich nicht. »Wenn du ein Kind des Judas wärst, würde dir der Anblick des Kreuzes nichts ausmachen.« Viktor stand auf. »Wer bist du wirklich?«
Sie versuchte zu lächeln und ihre Furcht zu überspielen. »Dabei dachte ich, es wäre mir gelungen, dich zu täuschen.« Ein silbernes Schimmern legte sich über sie, und sie verwandelte sich in eine andere Frau, eine, die er nichtsdestotrotz kannte. Aus seinen Träumen. »Ich bin Irina, und wir beide hatten schon mehrmals das Vergnügen – du erinnerst dich?«
Die Aufhockerin!
Viktor legte die Pistole und den Dolch zu einem Kreuz übereinander, Irina zuckte nochmals zusammen. »Bei dir wirkt das Zeichen des Herrn, Irina«, sprach er düster und ging mit schnellen Schritten auf sie zu, während es ihr nicht gelang, die Augen von dem improvisierten Kreuz zu nehmen. Wimmernd wich sie an das Regal zurück und hob die Arme zur Abwehr.
»Wo ist Scylla?«
»Ich weiß es nicht!«
»Was willst du in ihrer Mühle? Antworte!«
»Ja, ja doch«, wimmerte sie und knurrte gleichzeitig. »Ich hatte endlich herausgefunden, wo ich Scylla finde, und habe die Mühle beobachtet, bis ich wusste, dass sie ihr Zuhause verlassenhat. Dann brach ich ein, um mehr über die Judaskinder zu erfahren …«
»Und
was
zu tun?«
Irina zögerte und schielte zum Ausgang.
»Denk nicht einmal daran.« Viktor streckte den Arm mit der Pistole und achtete darauf, dass zusätzlich das Zingaro-Armband mit den Zeichen vor ihren Augen baumelte. Die christlichen unter den Symbolen hielten sie in Schach. »Was ist der Zweck deines Spionierens? Was hast du mit den Kindern des Judas zu schaffen, da du doch nicht zu ihnen gehörst?«
»Wir anderen Vampire hassen die Judaskinder! Sie sollen alle vernichtet werden«, stieß sie beinahe gequält hervor. »Ich wollte …« Urplötzlich sprang sie in die Höhe und rannte in den Gang.
Viktor zögerte eine Sekunde, einer Frau in den Rücken zu schießen, doch er rief sich in Erinnerung, dass es sich bei Irina um eine Blutsaugerin handelte, die ihm selbst wohl keine Gnade gewährt hätte.
Er drückte ab, und die Kartätschenladung zerfetzte ihren Rü cken. Er wollte sie aufhalten, aber noch nicht umbringen. Scylla würde sie sicherlich befragen wollen.
Die Buchrücken rechts und links von ihr färbten sich mit unzähligen roten Spritzern, auch das Holz erhielt Sprenkler, ganze Werke wurden von den Geschossen zerfetzt, andere von Querschlägern beschädigt.
Die Ladung des zweiten Laufs brachte noch mehr Zerstörung in die Bibliothek, doch als Viktor durch die Wolken aus Papierfetzen in den Gang rannte, um nach Irina zu sehen, war sie verschwunden. Blutflecken am Boden wiesen ihm den Weg, den sie genommen hatte.
Hastig lud er nach und folgte ihr.
Plötzlich wurde er aus einem Seitengang angesprungen und zu Boden gerissen. Ein eiserner Gegenstand traf seinen Kopf,und benommen schlug er auf den Boden auf. Jemand saß auf ihm, seine Arme wurden mit solcher Kraft auf die Erde gedrückt, dass er die Knochen knirschen hörte. Viktor stöhnte auf.
»Du?«, hörte er eine bekannte Stimme voller Verwunderung sagen, und die Hände ließen ihn los; das Gewicht wich von seiner Brust, und er wurde zärtlich im Gesicht berührt. »Wie bist du hier hereingekommen? Es tut mir leid, dass ich dich geschlagen habe.«
Sein Blick wurde schärfer – und er erkannte Scylla, die neben ihm kniete. Ein hellbraunes Kleid schmiegte sich an ihren Körper, das über der Brust und an der Seite schwarze Stickereien trug.
Viktor hob den Arm und hielt ihr das Armband vors Gesicht, und als sie auf die Symbole nicht reagierte, entspannte er sich. Es war nicht Irina. »Geschlagen?«, sagte er spröde, in seinem Mund schmeckte er Blut. »Ich dachte, eine Eisenkeule trifft mich.«
Scylla half ihm, sich aufzurichten. »Warum hast du geschossen?«
»Irina«, sagte er und tastete nach seiner Pistole, die er beim Sturz verloren hatte. »Sie gab sich als Baronin Metunova aus und hat die Mühle durchsucht. Um mehr über die Kinder des Judas zu erfahren.« Er senkte den Blick. »Ich habe ihr gesagt, was ich über die Gemeinschaft herausgefunden habe …«
Scylla sprang auf die Beine und nahm seine Hand. »Komm mit hoch. Wir finden sie, und dieses Mal entrinnt sie dem Tod nicht! Diese Ungeheuerlichkeit wird sie mit ihrem untoten Leben bezahlen.«
Gemeinsam stürmten sie die Rampe hinauf, durch die Tür hinaus ins
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