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Kinder des Judas

Titel: Kinder des Judas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz , Markus Heitz
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achtete zuerst nicht auf die Gestalten, die um sie herumlagen – bis ihr Blick auf einen Mann in einer sehr aufwendigen Garderobe fiel, neben ihm schwamm eine Perücke in einer größer werdenden Regenpfütze.
    Irina zögerte. »Ein Judaskind«, flüsterte sie erregt. »Ob du Bastard wohl noch lebst?«
    Ihre Neugier siegte.
    Sie pirschte sich an den Vampir heran und hob dabei ein langes, gesplittertes Holzstück auf, um sich notfalls gegen ihn verteidigen zu können.
    Neben dem Mann, der mit dem Gesicht nach oben und geschlossenen Augen im Dreck lag, blieb sie stehen. Er war jung, eine tiefe Wunde klaffte in seiner rechten Schulter. Die Verletzung schloss sich aber bereits Fleischfaser um Fleischfaser, und ihr wurde klar, dass er sehr wohl noch am Leben war!
    Irina klammerte sich an ihr Holzstück und starrte den verhassten Judassohn an.
    Sie schluckte. Die Aufregung wuchs, weil sie mit dem Gedanken spielte, etwas Ungeheuerliches, nie Dagewesenes zu tun. Dennoch wagte sie es nicht, denn die Aura der Macht, die den verhassten Feind selbst jetzt noch zu umgeben schien, hielt sie davon ab.
    Langsam ließ sie den improvisierten Pflock sinken.
    Aber wann würde es jemals einen besseren Moment als diesen geben, einen von ihnen zu töten?
    Genau in diesem Moment sprang der Mann mit einem lauten Schrei auf und griff ihr mit beiden Händen an die Kehle, um sie auseinanderzureißen.
    Die Tenjac reagierte instinktiv und drosch ihm das Holz gegen den Kopf, so dass er zur Seite taumelte und über einen Pferdekadaver stürzte. »Abschaum! Ich werde dich zerfetzen!«, versprach er ihr brüllend und stieß sich sofort ab. Er flog mit ausgestreckten Armen auf sie zu, der weit aufgerissene Mund zeigte ihr die Reißzähne.
    In Irina erwachte etwas und verlieh ihr Mut. Sie duckte sich, sprang ihm mit einem wilden Schrei entgegen und hob den improvisierten Pflock mit beiden Händen hoch in die Luft, um genügend Schwung zu besitzen. Dann rammte sie ihn ruckartig in die Brust des Vampirs.
    Dumpf knirschend durchstieß das Holz den Körper, der Vampir ächzte.
    Sie ließ das Holz los, der Gegner fiel hinter ihr zu Boden. Er wand sich, rang nach Luft und stierte Irina entsetzt an, die im Schlamm gelandet war und sich zu ihm umdrehte. Die Arme des Gegners zuckten nach oben und klammerten sich um den Pflock.
    Sie erschrak, ihre Kühnheit war wie weggefegt, und sofort bekam sie Angst: Was, wenn es noch Judaskinder in der Nähe gab und sie den Vampir hörten?
    »Nein, du wirst sterben!« Rasch hob sie die Perücke auf und stopfte sie in seinen Rachen, so weit es ging, und die Laute wurden zu dumpfem Jammern. Dann trat sie dem Vampir immer wieder gegen die Arme, die nach ihr langten, und dabei zischte und fauchte sie wütend.
    Aber der Judassohn lebte noch immer, lediglich seine Gegenwehr erlahmte.
    Irina entdeckte einen Dolch am Gürtel des Mannes und zog ihn aus der Scheide. Aufgeregt kniete sie hinter seinem Kopf nieder, bog sein Kinn mit der Rechten zurück – und stach mehrmals brutal von oben in den Hals. Sein Blut spritzte. Damit er still lag, drosch sie ihm zwischendurch den Knauf gegen die Stirn und hörte, wie der Schädel knackte.
    Endlich hatte sie die Wirbelsäule erreicht und hebelte zwischen den einzelnen Gliedern herum. Die Schneide rutschte wegen ihren unkundigen Finger mehrmals über die Knochen, ohne sie zu durchtrennen, bis sie mit einem Schrei all ihre Kraft in den Schnitt legte – und den Mann enthauptet hatte.
    Der Blick des Judaskindes brach, die Arme fielen kraftlos nach rechts und links in den Schlamm.
    Irina keuchte und vermochte sich nicht zu rühren. Sie wandte die Augen nicht von ihrem Opfer ab.
    Ächzend sprang sie schließlich auf, das rote, mit weißlichem Mark verschmierte Messer vor sich gereckt, und schaute sich um. Und dann, endlich, löste sich ihre Anspannung in einem erleichterten Lachen. »Tot!«, rief sie unbändig und trat gegen den Vampir. »Ich habe dich vernichtet, Judassohn!« Das Gefühl von unbekannter Macht und Euphorie durchströmte sie. »Ich!«
    Sie roch an dem roten Blut auf der Klinge, das sie an den Lebenssaft von Scylla erinnerte, den sie damals aus Versehen im Wohnwagen gekostet hatte. Irina leckte vorsichtig daran und verzog das Gesicht. Das hier schmeckte anders, widerlich und alt. Krank. Kein Vergleich.
    Beflügelt von ihrem Erfolg, suchte sie in den Kutschenüberresten nach weiteren verwundeten Nachfahren des Judas, die sie vernichten durfte. Und danach würde sie die Kunde über

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