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Kinder des Judas

Titel: Kinder des Judas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz , Markus Heitz
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etwas, das alle Liebe zwischen ihnen, alle Pläne zerstören würde.
    Ein orangerotes Schimmern legte sich über Viktor, und enorme Hitze ging von ihm aus. »Heiß«, stöhnte er, »so heiß!«
    Er zerrte an seiner Kleidung, riss sie herab und wälzte sich trotz Scyllas Bemühungen so lange hin und her, dass er von der Liege auf die Dielen fiel. Schweiß perlte aus sämtlichen Poren seines Körpers und rann in dicken Bahnen an ihm herab, dann rollte er sich auf den Bauch und krümmte sich wie einKleinkind zusammen, der rechte Arm legte sich über den Kopf, die andere Hand tastete suchend umher, bis sie ihm ihre Finger reichte.
    Gleich darauf ließ die Pein nach. Keuchend setzte sich Viktor auf und schlang die Decke um seine Schulter. Seine Augen hatten den hungrigen Ausdruck verloren, die Erkenntnis überkam ihn. Er betrachtete Scylla.
    »Etwas in mir weiß, was du mir bedeutet hast, doch dieser Teil ist sehr klein und stirbt von Augenblick zu Augenblick«, sagte er zitternd. »Ich bemühe mich, dieses Andenken zu erhalten, doch … es schwindet. Ich kann fühlen, wie es sich auflöst.« Er schöpfte nach Luft, aus der Erkenntnis wurde Verzweiflung. »Was geschieht mit mir, Scylla?«
    Scylla wusste, was sich abspielte. Sie wurde Zeugin der Verwandlung vom Toten zum Vampir, zum ersten Mal überhaupt.
    Noch immer war er von dem Schimmern umgeben, das sie an Polarlichter erinnerte. Dieses Leuchten jedoch besaß etwas Unheiliges, Unheimliches. Er ächzte laut, und es ging in anhaltendes Schreien über. Die Finger öffneten sich, die Decke glitt herab.
    Sie vernahm ein leises Knistern, und auf seinem Rücken wurde ein Ornament sichtbar. Es verlief entlang seiner Wirbelsäule vom Nacken hinunter bis zum Steißbein, es stank nach schwelender Haut, als würde das Zeichen von einem unsichtbaren Brandeisen aufgebracht.
    Scylla wusste, dass ein Dämon im Begriff war, seinen neuen Diener auf diese Weise zu zeichnen und seine Seele auf immer an sich zu binden.
    Viktor streckte die Arme nach ihr aus und zog sie an sich, weil er hoffte, dass sich dieser Rest eines wunderbaren Gefühls dadurch nähren und stärken ließ. »Das Schlimmste ist«, wisperte er, bevor sie etwas zu sagen vermochte, »dass ich weiß,
was
ich verliere.« Er sah zu Scylla. »Lass es nicht zu, dass ich zum Vampir werde!«
    »Wie kann ich dich
töten?«
, begehrte sie weinend auf. »Ich liebe dich!«
    Viktor musste die Zähne zusammenbeißen, die Schmerzen folterten ihn, dann flammten seine Augen regelrecht auf und überschütteten sie mit kaltem blauem Licht. »Töte mich!«
    Sie saßen umschlungen auf dem Boden, und Scylla spürte regelrecht, wie das Gefühl in Viktor erstarb. »Ich kann nicht«, sagte sie erstickt.
    Viktors Stimme überschlug sich, er presste Scylla mit enormer Kraft an sich. Dunkelrote Flämmchen schossen aus den Ornamenten und tanzten auf dem Rücken entlang, bis sie ihre Farbe zu Grau wechselten und erloschen. Die Zeichen auf der nackten Haut verblassten mehr und mehr; nur ein kleiner Rest auf Höhe der Schulterblätter blieb erhalten.
    Viktors Körper entspannte sich. Er löste sich von ihr, kippte zitternd zur Seite und rang schwer nach Luft.
    Scylla kam an seine Seite. Als sie sein Antlitz betrachtete, stockte ihr der Atem.
    Sicher hatte er vor der Verwandlung verlockend und anziehend ausgesehen, doch der Dämon, der den Tenjac gebot und sie ins Leben rief, verlieh ihm eine zusätzliche Ausstrahlung, die ihn gegenüber anderen Männern überhöhte. Keine Frau, die er heimsuchen würde, könnte sich seiner erwehren, würde sich ihm gerne hingeben und nach mehr betteln.
    Viktor hatte die Augen auf die Decke gerichtet, sein Brustkorb hob und senkte sich langsamer. Er wandte ihr den Kopf zu. »Es ist vorüber«, sprach er schwermütig und mit einer Stimme, die nicht mehr wie seine klang.
    Scylla wischte sich die Tränen von den Wangen. »Nein, es ist nicht …«
    »Ich bin nicht mehr der Viktor, den du geliebt hast.« Ermusterte sie kalt, empfindungslos. »Und du … du bedeutest mir nichts mehr. Geh fort von hier, Scylla.«
    »Ich werde dich nicht verlassen. Wir können …«
    »Es gibt kein Wir mehr, Scylla. Es … es ist merkwürdig, als würde alles, was ich kenne, in weite Ferne rücken. Und … und ich spüre, dass etwas anderes kommt, um es zu ersetzen.« Er schlang die Decke um sich und schritt zum Ausgang.
    Sie sah ihm nach und stand ebenfalls auf. »Was tust du?« Scylla eilte ihm nach. »Gib nicht so rasch auf, Liebster. Ich

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