Kinder des Judas
und das wiederum sagte Scylla alles.
Sie attackierte die Elevin zuerst und stach ihr durch das Herz. Der Angriff war viel zu schnell für die junge Vampirin gekommen.
Die Elevin ächzte, starrte auf das Messer in ihrer Brust und stieß unmenschliche Laute aus. Mit einer raschen Bewegung zerstörte Scylla das Herz, tot fiel die Elevin auf die Erde.
Jetzt unternahm der Eleve einen Angriff. Er befand sich noch in der Vorwärtsbewegung, da zerschnitt Scylla ihm die Kehle und stand unvermittelt hinter ihm, um ihm die Beine wegzuziehen. Er schlug auf dem Boden auf, und der Tritt in seinen Nacken, der die Wirbel krachend zermalmte, ließ ihn sterben.
Endlich durfte sich Scylla Viktor widmen.
Er lag auf der Erde, die Augen halb geschlossen und schnell atmend. »Sie hat mich gebissen«, stammelte er bleich. Blut sprudelte aus der Halswunde, und Scylla zögerte nicht, mit den Fingern hineinzugreifen und nach der durchtrennten Arterie zu suchen, um sie abzudrücken. »Ich will nicht zum Vampir werden, hörst du?«, flüsterte er.
»Ich lasse dich nicht sterben, aber du musst mithelfen«, antwortete sie. Ihre kundigen Finger fanden die Arterie und hielten sie zu, dann hob sie Viktor mit einer Hand vom Boden auf und schleppte ihn ins Köhlerhaus, wo sie hoffte, Nadel und Faden zu finden. Die Feuer waren, bis auf eines im ersten Stock, im Regen wieder erloschen. Scylla hatte nicht vor, so lange zubleiben, bis die Flammen sie erreicht hatten, und bettete den jungen Mann auf eine Liege.
Viktor nahm ihre Hand und sah ihr in die Augen. »Scylla, ich will nicht als Untoter wiederkehren«, hechelte er. »Wenn ich es nicht überlebe …«
»Halt sie fest«, wies sie ihn barsch an und gab ihm die Arterie in die eigenen Finger. »Ich muss etwas suchen, mit dem ich dich zunähen kann.« Hastig durchwühlte sie Schubladen. »Rede mit mir.«
»Es war diese Aufhockerin, die mich schon mal heimgesucht hat«, sagte er schwach.
»Wie zum Teufel ist sie so rasch hierhergekommen?« Vor ihrem geistigen Auge sah sie Irina unbemerkt in einer der Kutschen in einer Gepäckkiste sitzen. Eine Möglichkeit.
Endlich fand Scylla, was sie suchte. Sie zwang ihre Gedanken weg von der Tenjac, die den Kampf um Viktor noch nicht gewonnen hatte. »Wir haben andere Sorgen. Ich fürchte, unsere Verfolger werden das Wehr wieder schließen, und dann wird der Rest über uns herfallen. Aber niemand wird uns hindern, in die Bretagne zu gehen, wie du es vorgeschlagen hast. Wir sind gleich verschwunden. Freust du dich so sehr darauf wie ich?«
Er gab keine Antwort.
»Viktor?« Sie kehrte an Viktors Lager zurück. Er war in Ohnmacht gefallen, die Hand hatte die durchtrennte Arterie losgelassen.
Scylla fluchte und suchte rücksichtslos mit Daumen und Zeigefinger im warmen Fleisch nach den Enden, doch als sie die Adern gefunden hatte, sah sie mit einem Blick, dass ihre Hilfe zu spät gekommen war. Das Blut, das hervorsickerte, war viel zu wenig. »Nein«, flüsterte sie entsetzt und lauschte nach seinen Herztönen. Es war still in seiner Brust.
Unvermittelt waren alle Gedanken wie fortgewischt. Ihr Verstandwar leer, und sie vermochte nichts anderes zu tun, als auf das weiße Gesicht ihres Geliebten zu starren.
Ihr Geist weigerte sich zu akzeptieren, dass er von ihr gegangen war, dass mit einem Mal ihre gesamte Zukunft …
Plötzlich verkrampfte sich Viktors Körper.
Sie zuckte zusammen und schrie vor Freude auf: Hatte sie sich getäuscht und die schwachen Herztöne überhört? Scylla strich ihm über das Gesicht. »Viktor?«
Er hatte die Lider geöffnet, ächzte und hielt sich mit beiden Händen die Brust, als wollte er sich durch die Rippen greifen und das Herz herausreißen; unvermittelt entspannte er sich.
Viktors Pupillen strahlten von innen heraus und verstärkten das Blau seiner Augen. Aus der anfänglichen Verwunderung, mit der er sie betrachtete, wurde Begierde. Er richtete sich auf, und Scylla erschrak vor ihm.
»Viktor, komm zu dir«, mahnte sie und rutschte auf Armlänge von ihm weg. »Ich bin es: Scylla!«
Er blinzelte und versuchte, sie zu berühren. Sie ließ es zu.
Seine blutigen Finger legten sich auf ihre linke Wange, fuhren daran entlang bis zum Kinn, der Zeigefinger strich über ihre Unterlippe. »Es gab einmal etwas zwischen uns«, sprach er stockend. »Ich fühle es als ein weit entferntes Echo, ein Ruf aus vergangener Zeit. Es muss … Jahrhunderte her sein.«
Scylla schluckte und spürte Tränen in sich aufsteigen. Nun geschah
Weitere Kostenlose Bücher