Kinder des Judas
Polster bildet und verhindert, dass ich das Herz zerschneide und sie töte.
Sie kreischt auf, rutscht weg von mir, mein Stahl gleitet aus dem Körper, und sofort schießt auch bei ihr kostbares Blut davon.
Vampirblut interessiert mich nicht, es schmeckt furchtbar, aber der Anblick und der Geruch fachen meine Gier nach Menschenblut an, und wieder erlaube ich mir, mich gehen zu lassen. Mein Gewissen revoltiert nicht, denn es sind keine Unschuldigen in Gefahr.
Nach einem blitzschnellen Blick über die Schulter, um nach dem Murony und Irina zu sehen, werfe ich mich auf die Vieszcy. Dabei greife ich um und halte den Dolch mit der Klinge nach unten, damit ich ihren Hals besser aufschlitzen und das Rückenmark durchtrennen kann.
Für einen normalen Menschen sind meine Handlungen kaum mehr nachvollziehbar. Ich bewege mich viel zu schnell, und wäre eine Kamera in der Ruine installiert, wäre ich auf dem Monitorbild höchstens ein zuckender Strich. Lediglich im Zeitlupenmodus würde ich sichtbar werden.
Mit dieser Geschwindigkeit falle ich über die Vieszcy her. Sie wird sich erneut verwandeln, wenn ich es zulasse. Ihre Art istnicht dafür bekannt, gute Kämpfer hervorgebracht zu haben, sie verlassen sich mehr auf ihre übernatürlichen Kräfte. Aber dafür benötigen sie Zeit.
»Lass mich!«, schreit sie, und schon spüre ich, dass ihr Leib unter mir schrumpft und dunkle Schuppen bekommt. Als könnte sie mir in ihrer Schlangenform besser entkommen!
Ich bemerke einen Schatten, der auf mich zufliegt, und verpasse ihm einen Tritt in den Schritt.
Der Murony hat sich genähert, aber meine Abwehr wirft ihn zur Seite. »Brüder und Schwestern, helft mir!«, schreit die Vieszcy verzweifelt, während sich ihr Körper knackend verwandelt. »Eilt herbei …«
»Ich zeige dir, weswegen ihr mich zu Recht fürchtet.« Ich durchsteche ihren Nacken mit aller Kraft und hebele mit dem Messer die Wirbelknochen auseinander, bis es knackt; mit einem letzten Stöhnen liegt die Vieszcy still.
Dafür gewährt mir der Murony keine Pause. Die Hand, die ich ihm gelassen habe, zuckt vorwärts und packt mein Gesicht. »Fahre in deine Hölle«, schreit er. Kochendes Wasser scheint mein Gesicht zu treffen. Er hat seine Fertigkeit zum Einsatz gebracht! Meine Energie strömt in einem brennenden Fluss durch mein Antlitz in seine Finger, ich werde schwächer und schwächer.
Er hält mich am ausgestreckten Arm auf Abstand, und weil ich mit dem Dolch nicht bis zu seinem Hals gelange, steche ich verzweifelt die Klinge in seinen Oberarm und versuche, sie zu mir zu ziehen, um die Muskeln zu kappen. Doch es gelingt mir nicht.
»Halte sie«, vernehme ich Irinas Stimme, dann spüre ich einen scharfen Schmerz im Nacken. Sie hat meine Haut mit dem Kurzschwert angeritzt, anscheinend um Maß für den Schlag zu nehmen. »Jetzt endet es!«
Es ist mir unmöglich, mich zur Wehr zu setzen. Sosehrich mich konzentriere, meine Arme hängen schlaff herab. Irina sagt etwas, doch meine schwindenden Kräfte verhindern, dass ich verstehe, was sie vorhat. Bleierne Schwere senkt sich über mich, ich höre die Stimme der Tenjac wie aus weiter Ferne.
Bei mir trifft nicht zu, was man sagt: Ich sehe so kurz vor dem Tod mein Leben nicht noch einmal vor mir ablaufen. Für einen Moment versuche ich, mich an Viktors Gesicht zu erinnern, um mit diesem Bild in den Tod und die Verdammnis zu gehen. Doch es gelingt mir nicht. Vor meinem inneren Auge erscheint stattdessen Marek in seinem weißen Outfit, wie er sich mir in Leipzig zeigte, und er liest in meinem Buch, das ich nicht vollenden kann.
Plötzlich reißt der Murony seine Hand von mir zurück, er springt auf und verschwindet aus meinem Gesichtsfeld. Irinas schriller Schrei durchbricht die Dumpfheit meiner Ohren.
Hat sie ihn angegriffen, statt mich zu töten?
Wieso verfolgt sie ihn nun?
Es ist mir gleich, warum sie sich gerade gegenseitig anfallen. In meiner Lage brauche ich dringend etwas, um zu Kräften zu kommen – Blut!
Und in meiner Situation kann ich nicht wählerisch sein.
Sicher ist es abscheulich, sicher werde ich mich danach übergeben müssen – aber es wird ausreichen, um mir in den kommenden Minuten genügend Reserven zu geben, damit ich mich meiner Haut erwehren kann.
Ich hake meinen Unterkiefer aus, wodurch ich eine breitere, tiefere Wunde schaffen kann, aus der mehr Blut fließt, und schlage meine Zähne in den Hals der Vieszcy. Mit einer Hand drücke ich auf das tote Herz, um das Blut aus der Ader zu
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