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Kinder des Judas

Titel: Kinder des Judas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz , Markus Heitz
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brauchte man nicht viel Kraft, und so wurde die Tätigkeit auch für ein Mädchen zu einer lösbaren Aufgabe.Aber irgendwann, als sie am deutlich vorgewölbten Unterbauch angelangt war, wurden ihr die Arme und Schultern schwer.
    »Sehr gute Arbeit.« Karol gab das erlösende Signal, dass sie aufhören konnte. Er stellte einen Eimer unter den Ausguss des Steintisches, in dessen Blutrinne sich erhebliche Mengen roter Flüssigkeit gesammelt hatten. Nachdem er den Korken entfernt hatte, lief sie wie Sirup in das Gefäß. »Siehst du das?«
    »Es ist zäher als normales Blut«, antwortete Scylla sofort. Dann richtete sie sich auf, ließ die schmerzenden Arme am Körper herabhängen und ging zur Waschschüssel, um sich die Hände zu reinigen.
    »Was bedeutet: Es ist ihr eigenes. Das Blut der meisten Upire verwandelt sich in ihren Adern. Es ist konzentrierter als menschliches Blut und gerinnt nicht.« Karol fuhr mit den Fingern über das rot glitzernde Muskelfleisch der Frau. »Schauen wir nach, wie oft sie sich in letzter Zeit an Unschuldigen gelabt hat.« Routiniert öffnete er die Bauchdecke und legte die Innereien frei. »Prall gefüllt wie ein Weinschlauch, Tochter«, rief er ihr zu. »Komm und sieh dir das an!«
    Scylla kehrte an den Tisch zurück und schüttelte die nassen, sauberen Finger. Sie fand das alles, trotz ihrer zunehmenden Müdigkeit, unglaublich spannend.
    Magen und Darm der Toten waren angeschwollen, und als Karol leicht darauf drückte, wogten sie wie weiche Schläuche. Der Gestank, der von der getöteten Upirina ausging, erinnerte an stark verwestes Fleisch, das in der Sonne lag und faulte. »Das sind mindestens zwei Eimer«, schätzte er. »Sie muss dem Dorf unglaublichen Schaden zugefügt haben.« Er tauschte den Eimer unter dem Ausguss gegen einen größeren aus. Reines Upirblut und alles das, was gleich austreten würde, wollte er getrennt halten.
    Er zog die Innereien aus der Leiche, schnitt Lunge und Herz ab und plazierte sie separat daneben. »Dachte ich es mir doch«,sagte er, als er den Unterbauch genauer inspizierte. »Die Arme hat ein Kind empfangen und trug es in sich, als sie von dem Upir getötet wurde.« Es dauerte nicht lange, und er hatte den winzigen Fötus freigeschält.
    Scylla betrachtete das kleine Ding neugierig und ohne Abscheu – doch dann lief ihr ein eisiger Schauder über den Rücken, über Arme und Beine. Sie vermochte es sich selbst nicht zu erklären, und schon gar nicht nach dem, was sie in den letzten Stunden erlebt hatte. Weswegen brachte sie der Anblick des Fötus zum Beben?
    »Hätte sie es zur Welt gebracht, Vater?«
    »Das weiß ich nicht«, entgegnete er. »Es gibt immer wieder Fälle, bei denen Frauen von einem Upir schwanger werden, aber ob dieses Kind geboren worden wäre, kann ich dir nicht beantworten.« Er wusch den Fötus mit klarem Wasser ab. »Er sieht jedenfalls nicht abgestorben aus. Wer weiß, was daraus erwachsen wäre. Noch ein Mysterium, mit dem sich die lebenden Toten umgeben.« Karol sah, dass seine Tochter trotz aller Aufregung nun verzweifelt versuchte, das Gähnen zu unterdrücken. »Ah, verlangt die Nacht doch ihr Recht? Leg dich hin. Bete für die Seele deiner Mutter und dieser armen Frau. Morgen machen wir weiter, wenn du möchtest.«
    »Sehr gerne.« Scylla nickte dankbar und bedauerte es zugleich, das Laboratorium zu verlassen. Sie stieg von ihrer Leiter, umrundete den Tisch und bekam einen Kuss auf die Stirn. »Gute Nacht, Vater.«
    »Träum etwas Schönes.« Er lächelte und schaute ihr nach, bis sie den Raum verlassen hatte. »Ein unglaubliches Kind«, sagte er versonnen, dann richteten sich seine Augen wieder auf den Fötus.
    Es gab bei der nächsten Versammlung einiges zu besprechen.

VI.
Kapitel
    19. März 1675
Osmanisches Tributland
     
    S cylla saß im Arbeitszimmer auf dem Boden, den Rücken an ein Bücherregal gelehnt. Um sie herum verteilt lagen die verschiedensten Bücher über die Beschaffenheit von Blut, sowohl das von Menschen als auch das von Tieren.
    Die vielen Experimente mit dem Upirinablut waren enttäuschend verlaufen. Sie hatte es mit Weihwasser gemischt, ohne dass etwas geschah. Des Weiteren reagierten Blutstropfen, die sie auf ein Kruzifix, eine Bibel und eine Hostie träufelte, nicht im Geringsten. Vielleicht ließen sich nicht alle Upire von religiösen Symbolen schrecken. Oder lag es daran, dass sie nur noch das Blut und nicht mehr die tobende Untote auf diese Weise untersuchen konnte?
    Was Scylla irritierte:

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